Chapter 43

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Ich fuhr erschrocken hoch. „Habt ihr das gehört?“

Bree, die über mich kauerte, wandte den Kopf. „Was?“ Sie richtete sich auf während mein  Blick den Wald absuchte.

„Schüsse.“

Ich schob Bree sachte zurseite und stand auf. Ja, ich hatte Schüsse gehört. Drei, wenn ich richtig gezählt hatte. Langsam ging ich in die Richtung, aus der, wie ich glaubte, die Schüsse gekommen waren, doch eine starke Hand hielt mich zurück. Ich drehte mich genervt um, als ich diese auf meiner Schulter spürte, und sah empor in Dannys Gesicht.

„Wo willst du jetzt schon wieder hin?“, fragte er und funkelte mich beinahe böse an.

„Lass mich los.“ Ich schüttelte seine Hand ab und ging unbeirrt weiter.

„Sky“, rief mir Joy nach, doch ich ignorierte sie.

Das Laub unter meinen Füssen raschelte, als ich durch den dunklen Wald stapfte. Es war dunkel. Zu dunkel. Von fern hörte ich ein Auto in Höchstgeschwindigkeit die Strasse entlangrasen, und in dem Moment schrillte mein Handy. Das Adrenalin schoss mir augenblicklich in die Adern.

Ich hatte eine Ewigkeit, bis ich es in den Tiefen meiner Taschen gefunden hatte, und als ich es endlich in der Hand hielt, liess ich es beinahe fallen.

Ich fluchte, dann nahm ich den Anruf an. „Hallo?“, sagte ich, doch der Anrufer hatte schon aufgelegt. Leise vor mich hin schimpfend legte ich auf, und als ich fast über eine Wurzel stolperte, entschloss ich mich, mein Handy als Taschenlampe zu benutzen.

Es spendete nicht viel Licht, aber doch genug, um im Dunkeln nicht hinzufallen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals.

Was, wenn es wirklich Schüsse gewesen waren? Was könnte ich schon gegen einen bewaffneten Menschen ausrichten?

Louis. Ich brauchte ihn.

Und damit hatte ich einen Plan. Ich ging schneller, rannte beinahe durch das Dickicht aus Blättern und Ästen, auf der Suche nach dem alten Fabrikareal, das wir vor einer knappen Stunde verlassen hatten.

Nach gefühlten 20 Minuten umherirren, setzte ich mich kraftlos auf einen umgekippten Baumstamm. Schwer atmend stützte ich die Hände auf die Knie.

Ich war so dumm gewesen.

Warum war ich alleine gegangen?

Ich hatte noch nie den besten Orientierungssinn gehabt, und jetzt, so ganz allein im Wald…

Ich hatte Angst, nicht mehr herauszufinden.

Es war kühl geworden, als ich schliesslich wieder aufstand und müde in eine Richtung ging.

„Mist“, murmelte ich, und leuchtete mir meinen Weg durch das Dunkle. Es war hoffnungslos.

Gerade, als ich das dachte, stiess ich mit dem Fuss gegen etwas, das weich und warm war.

Ich tat erschrocken einen Satz zurück und leuchtete an die Stelle, an der ich es gespürt hatte.

Mein Magen kehrte sich um.

Da lag jemand.

„H…hallo?“, flüsterte ich leise und ging zögernd einen Schritt auf ihn zu.
Keine Reaktion. Das Blut, das auf einigen der Laubblätter klebte, glitzerte auf, als der Strahl der Taschenlampe über sie strich.

In dem Moment realisierte ich, dass ich an der Stelle war, woher ich die Schüsse gehört hatte.

Die Augen fest zusammengekniffen, holte ich tief Luft, wohl ahnend, dass mich diese Nacht wohl für immer in meinen Albträumen verfolgen würde. Meine Hände zitterten unkontrolliert, als ich meinen ganzen Mut zusammenfasste und mich neben der Person hinkauerte. Der Kleidung nach zu schliessen war es ein Junge.

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt