Chapter 7

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Etwas in mir verlangte danach, zu schreien, zu flüchten. Im Licht des Mondes, das mein Zimmer ein wenig erhellte, sah ich, wie Louis’ Augen auf mich gerichtet waren. Ich sah dem Dealer direkt ins Gesicht. Louis starrte regungslos zurück.

„Warum er mich hierher gebracht hat?“, fragte er mit heiserer Stimme und er grinste.

Ich blieb stumm und wagte es nicht, nur einen Finger zu rühren.

„Frag das deinen Bruder.“ Gelassen schlenderte Louis von der Tür weg, der Wand entlang Richtung Schrank, wo er sich mit verschränkten Armen dagegen lehnte und ich provokant angrinste.

„Okay, vielleicht sollte ich es anders formulieren. Warum bist du hier?“, fragte ich schließlich mit leiser Stimme, und mein Herz klopfte schneller als es das jemals zuvor getan hatte.

„Weil ich dich kennen lernen will“, sagte Louis und bewegte sich auf mein Bett zu.

Plötzlich floss wieder Kraft in meine Glieder. Ich sprang vom Bett und presste mich gegen die Wand.

„Bleib weg von mir“, fauchte ich. „Du bist psychisch gestört.“

Er lächelte ein schräges Lächeln und seine Augen funkelten, selbst im Dunkeln. Das Adrenalin schoss mir in die Adern, als ich in sein Angesicht sah, und meine Beine begannen zu zittern, als er ums Bett herum auf mich zukam. Hektisch atmend blickte ich ihn an, als er schließlich nur noch einige Zentimeter von mir entfernt war. Louis schien es Spaß zu machen, mich leiden zu sehen, denn er stellte sich so nahe wie möglich vor mich und sah auf mich herunter.

„Geh weg!“ Ich hatte mich schon lange nicht mehr so gefürchtet. Mit jedem meiner Atemzüge strömte mir sein Duft in die Nase, diese Mischung aus dem besten Aftershave, das ich jemals gerochen hatte, und Rauch.

Ab dem Geruch kam mir beinahe das Abendessen wieder hoch und ich versuchte, so gut wie möglich durch den Mund zu atmen.

„Hast du Angst vor mir?“, flüsterte er heiser und beugte sich etwas vor. Sein Atem strich mir übers Gesicht und ich biss auf meine Unterlippe.

„Diese Frage ist überflüssig“, murmelte ich schwach und versuchte mich an ihm vorbeizudrängen, doch er hielt mich auf, indem er eine Hand an meine linke Hüfte legte. Ich sah empor in seine glitzernden Augen und war unfähig zu sprechen. Wie gerne hätte ich ihm jetzt gesagt, dass er die Finger von mir lassen und für immer aus diesem Haus verschwinden sollte. Doch ich konnte es nicht. Es fühlte sich so an, als wäre ich nicht mehr fähig zu sprechen.

„Warum bist du eigentlich in meinem Zimmer?“

Louis zuckte mit den Schultern und lächelte provokativ. „Mike hat gesagt, dass ich hier meine Jacke finden würde“, sagte er leise.

Mike. Die Jacke. Die Angst vor Louis verwandelte sich in Wut, als ich mich daran erinnerte, dass er es war, der meinen Bruder so in den Abgrund riss. Er verkaufte ihm Drogen. Meinem Bruder. Ich hatte allen Grund dazu, ihn zu hassen, und das realisierte ich jetzt.

Die Angst wurde plötzlich zu einer ungebändigten Wut und erfüllte mich bis in die letzte Faser meines Körpers.

„Dann nimm deine Jacke und verschwinde“, knurrte ich und nahm grob seine Hand ab meiner Hüfte. Ich ging zum Schrank, riss die Tür auf, bückte mich und fischte die schwarze Jeansjacke hervor. Mit meiner geballten Kraft schmiss ich sie Louis entgegen, der sie geschickt auffing. Wieder schmunzelte er, als er sie sich überwarf.

„Danke“, sagte Louis und zeigte seine makellos weißen Zähne, als er lächelte.

Ich verschränkte die Arme und sah ihn herausfordernd an. „Gut, da hast du deine Jacke. Und jetzt kannst du gehen.“

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