05 ♣ Kapitel

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Die Wahrheit ist einzig. Ihre Versionen sind bloß Unwahrheiten.
Cloudatlas


"Du musst wissen wie die Welt außerhalb eurer Mauern ist, ich kann dir nur erzählen was ich gehört und gesehen habe. Die Menschen erzählen viel. Und wissen wenig." Owain fährt sich mit der Zunge über seine aufgesprungenen Lippen und knetet nervös seine Hände. Ich versichere mich noch einmal, dass Ayla schläft und unterdrücke ein Husten in meiner trockenen Kehle. Wir müssen Wasser sparen aber es ist kaum möglich, nicht zu dursten, in dieser Wüste.

Ich habe nie gewusst wie es hier draußen, außerhalb der Stadt, aussieht. Natürlich war ich mir bewusst, dass es kein Paradies sein konnte doch das die Welt überall so zerstört und unfruchtbar sein soll wie hier?

Man lässt die Menschen nicht aus den Mauern, angeblich zu unserer Sicherheit. Mein Leben lang habe ich nie einen Fuß durch das Tor gesetzt. Hier drin kann euch nichts passieren heißt es. Doch was würde uns denn passieren? Welche Gefahren lauern hier draußen die uns noch nicht angegriffen haben? Der Wolfshund ist furchteinflößend doch nichts, was für die Soldaten mit Gewehren ein Problem gewesen wäre. Auch wenn es nur noch wenige Schusswaffen gibt, und mehr und mehr alte Waffen gebraucht werden, ein Wolfshund kann nicht die große Bedrohung gewesen sein. Was habe ich übersehen das es hier, fort von der Stadt, so schrecklich sein soll?

Ich komme immer mehr zu dem Entschluss, dass sie die Menschen mit der Mauer nicht vor dem schützen was draußen ist, sondern sie unter Kontrolle halten. Im Rückblick kommt es mir wie ein Gefängnis vor. Das Gestein setzt die Grenze. Zu hoch um zu erspähen was dahinter ist, zu glatt um sie zu überwinden. Und wozu sind all die Wachen und Soldaten, die ständig auf und ab patrouillieren, bei Tag und Nacht nicht ihre Posten verlassen und jeden hart bestrafen der sich nicht an die Regeln hält? Weshalb müssen die Menschen eingesperrt und kontrolliert werden? Zu welchem Zweck?

Es gab nie jemanden den ich hätte fragen können. Geschweige denn jemand, der mir geantwortet hätte. Das erste was man lernt, wenn man überleben will, ist niemanden von deinen Gedanken wissen zu lassen. Stell keine Fragen. Fall nicht auf. Halte den Blick gesenkt. Tu. Was. Man. Dir. Sagt. 

„Sly?"

Ich schaue auf. Halte seinem Blick stand. Entschlossen. Wappne mich, für die Worte, die er mir erzählen wird. Die Alternative wäre ein Zusammenbruch, den ich mir nicht erlauben kann. Allein Ayla zu Liebe.

„Ich habe nie viele Menschen getroffen, die einzigen die von Stadt zu Stadt ziehen und passieren dürfen sind die freien Händler. Selbst die Soldaten wollen sich nicht entgehen lassen ihre Weinfässer aufzufüllen und ihren Spaß mit den Huren zu haben. Das ist der einzige Grund, weshalb die Wagen immer überall eingelassen werden. Ein paar Mal hat mich einer von ihnen mit rein geschmuggelt. Aber die Leute wissen nichts da drin und die Händler verdienen ihr Geld zusätzlich mit Geschichten über grauenvolle Wesen denen sie begegnet sein sollen. Die Soldaten bezahlen sie gut für jedes neue Ungetüm das sie erfinden. Mutierte Raubtiere, Wilde. Alles." Er verzieht wütend die Miene und fährt sich unruhig durch das kurze Haar.

„Alles was sie davon abhält sich aufzulehnen"füge ich sachlich hinzu. Mein Gehirn bringt das Leben, dass ich innerhalb der Mauern geführt habe, mit dem, was Owain sagt, in Einklang. Wir wussten nichts in der Stadt und die Händler haben immer an ihren Feuern erzählt. Sie waren die Verbindung zur Außenwelt und alles was sie sagten, erpichte kaum jemanden, dass Draußen zu sehen. Die Soldaten hatten ihre Freuden, in diesen Tagen waren sie gnädiger mit ihren Strafen. Also erging es den Menschen in den entfernten Städten ebenso wie uns. Sie waren unwissend. Wie ich. Aber ich war auch neugierig.

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