Princess Peach

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Wir blieben vor dem Laden stehen, in dem nun die letzten Lichter erloschen. Die Nacht war kühl und ich bereute erneut, keine Jacke bei meiner Flucht ergriffen zu haben. Ich sah zu Boden.

Plötzlich spürte ich, wie sich etwas Warmes um meinen Oberkörper legte. Verwirrt schaute ich Hikaro an, der nun ohne Trainingsjacke vor mir stand.

„Du kannst mir doch nicht sagen das dir in diesem dünnen Shirt nicht kalt is", sagte er mit einem Schulterzucken.

„Und was wenn doch?" fragte ich bissig zurück. „Du hast gezittert" ein grinsen ging über seine Lippen was mich dazu brachte verlegen weg zu schauen.

Ich lächelte sanft. Er sah putzig aus, wie er beschämt von seiner klischeehaften Tat, sich durch die Haare fuhr. „Danke.", erwiderte ich grinsend.

Er räusperte sich. „Also...was hast du jetzt vor? Willst du weiter deiner Mutter aus dem Weg gehen oder mit ihr Klartext sprechen und endlich reinen Tisch machen? Versteh mich nicht falsch, ich hätte keine Einwände dich mit nach Hause zu nehmen und mein Bett wäre auch groß genug...", ich sah ihn bedächtig mit hochgezogener Augenbraue an, „...zum ordnungsgemäßen Schlafen natürlich! Also was ihr Mädchen immer gleich denkt...aber wie sollte es auch anders sein bei meinem guten Aussehen."

Er grinste vergnügt und zwinkerte mir zu. Verdammter Casanova.

Aber im nächsten Moment wurde seine Miene wieder ernst.

„Mal ehrlich...Deine Mutter wird dich nie verstehen, wenn du nicht offen mit ihr redest. Mal davon abgesehen machst du dir selbst Vorwürfe, nicht wahr? Ich weiß zwar nur grob, was du für ein Verhältnis zu deiner Mutter hast, aber da du sicher nicht heulend auf einer Schaukel saßt, weil dein Eis runtergefallen ist, schlussfolgere ich mal, dass dir deine Mutter viel bedeutet und wenn du ehrlich bist, dann ist sie doch heute nur wütend geworden, weil sie sich um ihre Tochter sorgt, die ihr eigenes Leben aufs Spiel setzt, um Inliner mit Freunden zu fahren.

Ich will dir keine Vorwürfe machen, denn nachdem, was du mir erzählt hast, verstehe ich dein Dilemma. Natürlich könntest du dich einfach in dein Zimmer einsperren oder das Haus nicht mehr verlassen, um sicherzugehen, dass es nicht zu unerwarteten Vorfällen kommt, die für dich...naja gewissermaßen den Tod bedeuten könnten, aber du gibst dich nicht geschlagen. Es ist schon bewundernswert, dass du so eine starke Persönlichkeit entwickelt hast, nach all dem was passiert ist. Du gehst deinen Weg und machst deine eigenen Erfahrungen. Dennoch bist du nicht allein. Die, die dich lieben sorgen sich um dich, weil sie nicht wollen, das du verletzt wirst...sie wollen dich nicht verlieren. Also unterschätze nicht deine eigene Mutter, die den Teufel tun wird, dass dir nichts zustößt."

Ich starrte ihn einfach nur an. Wo bitte hatte er den oberflächlichen Idioten gelassen, der gerade noch vor mir stand? Verdammter Mist...da schwingt er auf einmal eine tiefgreifende Rede über die Lehren des Lebens.

Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln und nickte. Er hatte recht. Ich war so mit mir beschäftigt, dass ich über die Intention oder Gefühle meiner Mutter nicht nachgedacht hatte. „Dann sollte ich mich wohl...wie heißt es...dem Schicksal stellen?" Ich schniefte noch einmal, lächelte Hikaro dann jedoch vorsichtig an.

Dieser legte mir seine Hand auf den Kopf. „Gute Entscheidung! Also dann...wo geht's lang?" Ich schaute ihn verdutzt an. „Na du weißt doch, hier ist es viel zu gefährlich, als dass ich eine holde Maid allein durch die Straßen laufen lassen könnte. Wer weiß, welche Idioten unterwegs sind..." Ich schüttelte den Kopf.

„Jetzt hör aber auf mit der holden Maid! Ich bin ja wohl nicht ganz so hilflos, wie ich aussehe! Außerdem habe ich den größten Idioten, der um diese Uhrzeit noch rumrennt, doch schon an der Backe, also schlimmer kanns doch nicht mehr werden."

Hikaro verzog das Gesicht und hielt sich die Hand aufs Herz. „Autsch! Treffer versenkt!", witzelte er gespielt. Aber um ehrlich zu sein, war ich dankbar ihn getroffen zu haben. Auch wenn er zu fünfundneunzig Prozent ein Casanova war, so zeigen die restlichen fünf Prozent, dass er im Grunde genommen ein herzensguter Mensch ist. Naja, jeder hat halt seine Macken...

Nachdem klar war, dass ich absolut keine Ahnung hatte, wo mein Zuhause lag, nannte ich Hikaro die Adresse und er übernahm die Führung.

„Also echt! Und du wolltest allein nach Hause gehen? Jaja, gut, dass du mich hast, Princess Peach." Ich seufzte.

„Princess Peach? Dein Ernst? Und du bist der kleine dicke Mario oder was?" Er grinste breit.

„Natürlich nicht! Ich bin der Prince, der die Prinzessin mit einem Kuss wiedererweckt!" Ich schlug ihn auf den Arm, aber er lachte nur weiter.

„Was denn? Holde Maid wolltest du nicht...also nenn ich dich ab jetzt Princess Peach!" Er schien sichtlich zufrieden. Ich schüttelte nur den Kopf...diskutieren bringt eh nichts.

Den Rest des Weges redete zum Großteil ich. Ich erzählte, wieso ich nach Südkorea ziehen musste, offenbarte unsere familiäre Situation und schwärmte von Kpop.

Ich berichtete sogar von meinem Treffen mit Itzy und Stray Kids.

„Jetzt verstehe ich, wieso du unbedingt mit ein paar Freunden Inliner fahren wolltest. Aber mal ehrlich...gegen mich kommen die doch nicht an!" Ich nickte.

„Stimmt, dein Ego übertrifft definitiv keiner." Es war zwar nur ein kurzer Nachhauseweg, aber auf den paar Metern offenbarte ich ihm meine halbe Lebensgeschichte. Wieso? Keine Ahnung. Vielleicht braucht man manchmal halt einfach einen fremden Idioten, dem man sein Herz ausschütten kann.

505-Stray KidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt