Kapitel 1

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Ich stehe in der Küche und rühre lustlos in der Pfanne mit dem Gemüse.Mein kleiner Bruder spielt mit seinen Spielzeugautos im Wohnzimmer.Immer wieder höre ich sein 'Brumm.Brumm'.Ich gieße vorsichtig die Nudeln über der Spüle in ein Sieb und lasse eben noch Wasser drüber laufen ehe ich sie in eine Schüssel fülle.Die Gemüsepfanne fülle ich auch in eine Schüssel.Beides stelle ich auf den schon gedeckten Tisch."Papa?Essen ist fertig!",rufe ich nach oben.Keine Antwort."Tobi,kommst du bitte was essen.",hole ich auch den 5-Jährigen.
Als wir beide am Tisch sitzen,stößt auch unser Vater zu uns.Aufmerksam schaue ich dabei zu wie er versucht sich auf den Stuhl zu setzen.Er hat scheinbar wieder etwas getrunken,eventuell mal wieder etwas mehr.Ich nehme seinen Teller und fülle ihn auf.Ebenso den von Tobi und letzlich auch meinen.Während wir zwei schon anfangen zu essen,schafft unser Vater es gerade mal sich zu setzen.Er greift nach vorne zum Glas,das er auch beim zweiten Anlauf schafft zu umklammern und trinkt schluckweise das kühle Wasser.Ich seufze leise und esse dann weiter.Wenig später hat Tobi schon aufgegessen udn ich erlaube ihm Fern zu schauen bis er ins Bett muss.
Ich blicke unseren Vater an.Er hat mittlerweile das Glas wieder abgesetzt und schaut auch mich an.Dann nimmt er die Gabel zur Hand und rührt lustlos im Essen herum."Wie war's bei der Arbeit?",versuche ich ein Gespräch zu beginnen. "Janz jut jlaub ich.Wo isn mein Bier?"Er funkelt mich böse an.Schnell springe ich auf und hole eins aus dem Kühlschrank.Währenddessen stopft er sich die ersten Gabeln in den Mund.Plötzlich steht er ruckartig auf,sodass sein Stuhl nach hinten umkippt."So einen Fraß setzt su mir vor?Noch nich ma Schweine würdns fressn!",ruft er aufgebracht und ich fahre herum.Genau in diesem Moment schleudert er den Teller in meine Richtung.Geschockt stehe ich da und habe Angst.Ja,ich glaube das trifft es ganz gut.Ich hätte auch damit rechnen sollen.
Oberhalb meines Kopfes zerspringt der Teller am Schrank in viele kleine Einzelteile.Ich zittere als die Scherben wie kleine Regentropfen auf mich herab rieseln."Ich...Es tut mir Leid,Vater.Bitte.Ich hab es doch nur gut gemeint.",flüstere ich verzweifelt."Du dummes Stück musst noch viel lernen und jetzt jib mir ma endlich ma Bier!" Ich reiche es ihm und er entreißt es förmlich meinen Händen und im nächsten Moment kommt von der anderen Seite seine Hand,die auf meiner Wange aufschlägt und Schmerzen hinterlässt.Von der Wucht schlägt mein Kopf zur Seit weg und ich taumel ein paar Schritte.Ich halte meine Hände an die pulsierense Wange und schaue mit großen Augen zu den vor Hass triefenden Augen."Räum hier auf und dann geh duschen.Du stinkst!"Danach verlässt er die Küche und geht in sein Schlafzimmer.
Tobias schaut zögerlich um die Ecke der Tür."Hey,alles gut.Brauchst keine Angst haben.Das machen Väter schonmal.Das ist ganz normal.Aber darüber darf man mit niemanden reden,deswegen weiß man das auch nicht von anderen,okay?Und jetzt geh und sieh Fern.Ich mach das noch schnell sauber,inklusive mir und dann komme ich auch."Aufmunternd lächel ich ihm zu und dann verschwindet er auch wieder ins Wohnzimmer.Mein zittern wird stärker und ich beiße mir in die Hand um meine Schluchzer zu unterdrücken.Still laufen Tränen über mein Gesicht,als ich meine Arbeit verrichte und anschließend duschen gehe,so wie mein Vater es gewollt hat.
Als ich das Wohnzimmer betrete schläft mein kleiner Bruder.Ich schalte den Fernseher ab und trage Tobi ins Bett.Dort decke ich ihn zu und gebe ihm einen Gute-Nacht-Kuss aufs Haar. Dann tapere ich ins gegenüber liegende Bett und starr stumm an die Decke.Seltsame Gedanken schwirren wie lästige Mücken in meinem Kopf, ob es wirklich normal ist,dass der oder die Älteste die Aufgaben der Mutter übernimmt sobald diese stirbt oder einfach nicht mehr da ist?Ich meine irgendwann muss man diese Aufgaben eh übernehmen,spätestens wenn man auszieht,aber jetzt schon?Ich bin eine Jugendliche,fast Erwachsen,aber auch nur fast dafür mit den Aufgaben einer alleinerziehenden Mutter.Drei Jahre noch dann bin ich es nicht mehr,also Jugendlich.Eher zwei einhalb,aber trotzdem noch verdammt lange wo ich meinen Vater ehren und respektieren muss.Manchmal wünsche ich mir meinen Vater zurücl,der er gewesen ist bevor Mama starb,so gerade in diesem Moment,aber ich weiß,dass er das niemals mehr sein wird.Ich kann verstehen,dass er uns das antut er versucht Mama zu ersetzen durch Strenge und Gewalt,aber sie war immer lieb und hat uns auf Händen getragen.Ich lächel traurig das Bild einer glücklichen undzufriedenen Familie an,das an der Wand hängt."Ich vermisse dich,Mama.Sehr sogar,aber du hast mir gesagt,ich sei stark auch wenn ich mich manchmal nich so fühle.Also werde ich kämpfen um stark zu sein,denn Stärke ist nicht angeboren.Ich känpfe für dich,für Tobi und für mich.Ich werde immer mein Bestes geben und ihn hüten wie meinen Augapfel."Ich drehe mich zur Seite, schaue Tobi kurz an,schließe meine Augen und schlafe dann auch ein.

Stärke ist nicht angeboren!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt