Der Gezeichnete

By wortwuehlmaus

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Die Wunder haben bereits aufgehört zu existieren. Man sagt, mit den letzten Drachen sei auch jeder Funke Magi... More

Der Gezeichnete
Prolog - Ein Buch des Lebens
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26

Kapitel 23

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By wortwuehlmaus

Den Rückweg zum Dorf verbrachten sie schweigend. Außer dem Knistern des Waldbodens unter ihren Füßen hörten sie nur das tiefe Geschrei der Nachtvögel, die schon jetzt auf der Lauer lagen. Die Geräusche der langsam beginnenden Nacht verschreckten Hannah und Marlon zwang sich, seinen Arm um ihre Schultern zu legen.

Kaum erreichten sie den Waldrand, ließ er sie wieder los. Er seufzte. Er wollte die Stille nicht unterbrechen.

Hannah war es, die zuerst etwas sagte. »Ist alles in Ordnung mit dir?« Sie klang zwar besorgt, allerdings nicht so, als bereute sie das, was geschehen war.

Marlon schüttelte den Kopf. Er wollte nicht mit ihr reden. Er war sich unsicher, ob es überhaupt jemanden gab, mit dem er sprechen wollte. »Du solltest heimgehen«, sagte er bloß und stapfte in Richtung Schmiede.

Olaf war der wahrscheinlich letzte Freund, den er noch hatte. Zwei hatte er soeben verloren – und daran war er selbst schuld. Es tröstete ihn nicht, in Hannahs Nähe zu bleiben. Das erinnerte ihn nur daran, was er eben zu Andalie gesagt hatte.

»Vielleicht sollte ich mit dir gehen«, meinte sie und folgte ihm wenige Schritte, doch er hielt sie zurück.

»Ich glaube, es wäre besser, wenn wir uns in nächster Zeit voneinander fernhalten.«

Er versuchte sich darüber klar zu werden, ob er sich wirklich schlecht fühlte, oder ob es bloß an der Prägung lag. Es konnte tatsächlich sein, dass es sich dabei um einen Zauber handelte, der ihn davon abhielt, den Drachen für alles zu hassen, was seine Sippe den Menschen angetan hatte.

Es war kaum vorstellbar, dass es Andalie darauf abgesehen hatte. Sie wirkte so herzensgut, so liebevoll. Sie war kein Monster, wie der Erddrache. Sie war vieles, aber keinesfalls bösartig.

Aber konnte er das mit Sicherheit sagen? Er kannte sie kaum. Wer garantierte ihm, dass sie nicht dasselbe Ziel hatte wie Deros?

Schnell schüttelte er die Gedanken daran ab. Er musste endlich einen klaren Kopf bekommen und mit sich selbst einig werden. Er musste herausfinden, was das alles bedeutete.

Olafs Gesicht zeugte von einem Lächeln, das Marlon an ihm noch nie gesehen hatte. Er schien glücklich und das war ein Zustand, den man von dem alten Schmied kaum kannte. Zumal Marlon seit Tagen keinen Handgriff mehr getan hatte, um ihn bei der Arbeit zu unterstützen.

Dennoch war Olaf froh, ihn zu sehen. »Junge, lässt ja ganz schön auf dich warten. Erzähl, wie geht's dem Drachenmädchen?« Sichtlich interessiert geleitete er Marlon ins Haus an den großen Tisch, an dem sie seit seiner Kindheit nicht mehr gemeinsam gesessen hatten. Darauf befand sich auch eine kleine Holzbank, die offenbar allein für Fynn gebaut worden war. Ein Jammer, dass er nie darauf sitzen würde.

Marlon überlegte, wie er es Olaf erklären sollte, dass er sich von dem Igel sowie von Andalie getrennt hatte. Er entschied, ganz von vorne anzufangen. Er brauchte seine gute Laune nicht sofort zu verderben. »Sie hat mit mir geredet«, sagte er nach kurzem Überlegen.

Es kam ihm nicht so vor, als hätte sie heute zum ersten Mal mit ihm gesprochen. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. So, als kannten sie sich bereits seit Jahren. Als waren sie sich so vertraut wie niemand sonst.

Der Gedanke an den Kuss drängte sich in den Vordergrund. Er ließ alles, was passiert war, klein und unwichtig erscheinen. Jedes Gespräch, das sie geführt hatten und all ihre Gefühle, die auf eine seltsame Art und Weise miteinander verbunden waren.

Aber darüber konnte er mit Olaf unmöglich reden. Er würde wahrscheinlich nicht einmal glauben, dass sie für kurze Zeit ein Mensch gewesen war.

»Tatsächlich?« Der Schmied lachte erfreut auf und rutschte ein Stück näher heran. »Sag schon, was hat se erzählt?«

Es fiel Marlon schwer, sich an das Gespräch zurückzuerinnern. Sie hatten über so vieles und doch so wenig gesprochen. Er konnte gar nicht mehr sagen, worüber genau. Zwar hatte Andalie ein bisschen ihrer Vergangenheit preisgegeben, allerdings nicht genug, um sich ein Bild davon zu machen. Marlon wurde klar, wie einseitig ihre Unterhaltung gewesen war.

»Sie sagte, ich sei auf sie geprägt«, meinte er und versuchte den Satz möglichst beiläufig klingen zu lassen. So, als kümmerte es ihn nicht, obwohl gerade das die meisten seiner Gedanken beanspruchte.

Olaf schaute ihn mit großen Augen an und wartete, bis er weiter redete, aber es kam nichts mehr. »Wer hätt gedacht, dass du mal auf einen Urdrachen geprägt bist«, seufzte er schließlich und lehnte sich zurück. »Albus wäre mächtig eifersüchtig, Kleiner.« Es war das erste Mal seit langem, dass Olaf den Namen seines Vaters sagte. Marlon erschrak beinahe, als er ihn hörte. Auch wenn er wusste, wie er hieß, war es seltsam fremd jedoch gleichzeitig vertraut, ihn zu hören. Doch das war egal. Er war ohnehin kein Vater für ihn gewesen.

»Dann hätte er mich vielleicht viel eher wahrgenommen«, murmelte Marlon mit zusammengezogenen Augenbrauen. Noch nicht einmal sein eigener Vater hatte ihn gemocht. Er hatte nie das Verlangen danach gehabt, Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Die Drachen waren ihm bedeutend wichtiger gewesen.

»Wenn du dich da nicht täuschst«, lachte Olaf. »Mag sein, dass er nie der beste Vater war – hat den Titel kein Stück verdient, wenn du mich fragst – aber er hat dich geliebt.« Olafs Grinsen war so warm und ehrlich.

Marlon konnte sich an keine Begebenheit erinnern, in der sein Vater ihm seine Aufmerksamkeit entgegengebracht hatte. Eigentlich konnte er sich gar nicht mehr an ihn erinnern. Nicht einmal das Aussehen war ihm im Gedächtnis geblieben. »Nett, dass du probierst, mich aufzumuntern, aber ich weiß, dass du lügst«, seufzte Marlon und legte den Kopf auf den Tisch.

»So ne Prägung nimmt einen ein, lässt alles andere unwichtig werden. Albus hat sich leider zu sehr reingesteigert. Hast sein Notizbuch noch?«, wollte Olaf wissen und Marlon zog es aus seiner Seitentasche. Er wusste selbst nicht, weshalb er es noch immer bei sich trug. Jetzt war sowieso alles egal. Er konnte darin lesen so viel er wollte, das half ihm allerdings nichts. Andalie war wütend auf ihn und er glaubte kaum, das so einfach ändern zu können.

Der Alte öffnete es und schob es Marlon direkt vor die Nase. »Lies«, forderte er ihn auf und wartete geduldig, bis er endlich den Kopf hob. Schon nach den ersten Wörtern stockte Marlon der Atem.

Mein lieber Marlon,
ich möchte dir eine Welt zeigen, wie sie die wenigsten Menschen kennen. Sie wollen nicht verstehen, was ich bereits verstanden habe und nicht erleben, was ich erlebt habe. Sie haben Angst vor Dingen, die ihnen unbekannt sind. Ich will dir verdeutlichen, dass es keinen Wert hat, sich zu fürchten. Dieses Buch soll dir und allen anderen zu verstehen geben, welche Wunder dieses Leben für mich bereitgehalten hat. Und mein allergrößtes Wunder, das bist du. Du wirst irgendwann verstehen, weshalb ich nur selten bei dir sein konnte. Du wirst es erkennen, sobald du die Welt der Drachen erkannt hast.
Ich wünsche mir, dass du mein Vermächtnis weiterführst, wenn ich einmal nicht mehr bin. Erreiche das, was mein ewiges Ziel bleiben wird: Versöhne die Menschen mit ihren Herrschern. Zeige ihnen ein Leben, wie ich es geführt habe. Dies hier soll deine Anleitung sein.

»Er wollte, dass ich die Drachen und Menschen zusammenbringe«, stellte Marlon mit leiser Stimme fest und merkte, wie Tränen über seine Wangen liefen. Endlich begriff er, was das Drachenmal bedeutete. Er sollte Frieden bringen. Nicht, indem er die übrigen Drachen tötete, sondern musste er sie und die Menschen erneut vereinen. »Er wollte, dass ich sein Ziel für ihn erreiche.« Seine Stimme versagte und endete in einem kläglichen Schluchzen. Er konnte nicht fassen, was er da eben gelesen hatte. Er war seinem Vater nie egal gewesen. Es war anders, als er immer gedacht hatte – und als Olaf ihm stets erzählt hatte.

»Hat das Buch angefangen, weil er wohl schon wusste, dass du nach ihm kommst«, mutmaßte der Alte.

Schnell wurde Marlon klar, was er getan hatte. Nun hatte er nicht nur Fynn und Andalie enttäuscht, sondern auch noch seinen Vater. An allein einem Tag hatte er es geschafft, alles, was er aufgebaut hatte zu zerstören. Und das bloß, weil er dachte, Normalität sei wichtiger als alles beherrschende Gefühle.

»Mein Leben lang habe ich geglaubt, alle Drachen seien getötet worden. Und nun haben nicht nur welche überlebt, ich bin außerdem noch auf einen von ihnen geprägt.« Sein Ton klang abfälliger, als er es beabsichtigt hatte. Beinahe, als sei es ihm zuwider, an Andalie gebunden zu sein, doch er stellte fest, dass das Gegenteil der Fall war. Ohne es überhaupt zu wissen, war es immer sie gewesen, auf die er sein gesamtes Leben gewartet hatte. Er wollte um nichts auf der Welt das Gefühl vermissen, das er in ihrer Nähe spürte. Es war unbeschreiblich, atemberaubend. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare.

Seine Liebe zu Hannah war stark. Allerdings niemals stärker, als die Bindung zu Andalie.

Ihn übermannten all die Gedanken, die ständig in seinem Kopf tobten. Die Worte quillten aus ihm heraus und fanden kaum noch Halt. Er konnte es unmöglich länger für sich behalten.

»Ich habe keine Ahnung, was es heißt, auf einen Drachen geprägt zu sein. Ich kann eine solche Aufgabe nicht ohne weiteres übernehmen. Nie habe ich mich mit dem Thema beschäftigt, überhaupt darüber nachgedacht. Wie soll ich von jetzt auf gleich wissen, was von mir erwartet wird? Und Andalie... gerade entdeckt sie die Gefühle und schon breche ich ihr das Herz.«

Olaf reagierte nicht auf Marlons Verzweiflung. Er schien nicht damit gerechnet zu haben und wusste daher nicht so recht, damit umzugehen.

Marlon wollte ohnehin nicht getröstet werden. Er hatte es verdient, zu leiden. Immerhin verletzte er alle, die ihm etwas bedeuteten. Damit nicht genug. Er zerstörte auch noch sich selbst.

»Liebst du sie?«, fragte Olaf schließlich und legte eine Hand auf Marlons Schulter. Er zögerte, bevor er antwortete. Nicht, weil er sich unsicher war. Er wusste ganz genau, was er fühlte. Sondern weil der Gedanke, einen Drachen zu lieben, nach wie vor absurd blieb.

»Ja«, seufzte er und setzte sich auf.

In Olafs Blick zeigten sich Trauer und Schmerz. Gefühle, die tiefer lagen, als alle anderen. Marlon erschrak bei diesem Anblick. »Versuch daran festzuhalten, was du liebst«, sagte der Schmied monoton und schien, durch den Jungen hindurchzublicken. »Kann so schnell vorbei sein. Nutz jeden Tag, den du mit ihr verbringst. Jeden Augenblick. Halt daran, solang du kannst. Ich weiß, von was ich rede.« Er senkte den Blick.

Marlon brauchte nicht zu fragen, was er damit meinte. Zum ersten Mal seit er sich zurückerinnerte, erzählte Olaf von selbst aus seiner Vergangenheit. Etwas so Grausames, das Marlon niemals erwartet hatte. »Sie haben unser Haus angezündet. Konnte sie nicht mehr retten. Weder meine Frau noch meine Tochter.«

Marlon blickte ihn schockiert an und wusste im ersten Moment nicht, wie er reagieren sollte. Bisher hatte er nicht einmal gewusst, dass der alte Schmied eine Tochter gehabt hatte. Und von seiner Frau wusste er auch nur das, was er Fynn erzählt hatte.

»Die Leute haben Angst vor dem Fremden. Fürchteten, meine Frau könnte sie verhexen. Haben nicht mal gezögert.« Nun war es Olaf, dem Tränen über die Wangen liefen. Der sonst so hartgesottene Mann war plötzlich weich und verletzlich. Eine Seite an ihm, die Marlon gar nicht kannte.

»Das tut mir leid«, murmelte er leise, weil ihm nichts anderes einfiel. Er hatte das Gefühl, alles wäre in diesem Moment falsch gewesen.

»Schon gut, ist lange her.« Olaf wischte das nasse Gesicht ab und versuchte zu grinsen. »Dein Vater hat mich aus der Trauer geholt. Hat mir den Ort gezeigt, an dem alles möglich und sorgenfrei schien, mich ins Tal gebracht, um mir zu zeigen, wie schön das Leben ist. Damals, da gab's noch so viele von ihnen. Drachen, überall. Sie alle waren seine Freunde.« Er lachte auf. »War schon ein verrückter Hund.«

»Darf ich dir eine Frage stellen?« Marlon schaffte es wieder, etwas lauter zu sprechen. Er wollte Olaf nicht unterbrechen und eigentlich wissen, was er zu erzählen hatte, doch ihm ging ein Gedanke einfach nicht mehr aus dem Kopf. »Weißt du, ob mein Vater auf einen Drachen geprägt war?«

Vielleicht wusste Olaf, ob seine Gefühle für Andalie nur damit zu tun hatten. Vielleicht war es ganz normal, dass er sich zu ihr so hingezogen fühlte und die Liebe zu Hannah so nebensächlich schien.

»Ja«, antwortete Olaf sofort, ohne nachdenken zu müssen. Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. »Ein junger Kerl – zumindest für Drachen. Abenteuerlustig, genau wie Albus. Viel zu unerfahren. Hätte noch so groß werden können.« Olaf seufzte und schien mehr Mitgefühl für den Drachen aufzubringen, als für Marlons Vater.

»Was ist mit ihm passiert?«

»Als dein Vater getötet wurde, hatte auch er jedes Recht auf Leben verloren.«

Erst jetzt fielen Marlon die Worte des Eintrags wieder ein. Alles wird geteilt. Von der warmen Sommerbrise auf der Haut bis hin zum Tod. »Du meinst, der Drache muss sterben, wenn...«, weiter redete er nicht. Der bloße Gedanke daran fiel ihm schwer genug. Sofort begannen die Bilder in seinem Kopf, sich vor seine Gedanken zu drängen. Grässliche Bilder, Schreie, Tod. Es überflutete ihn unaufhaltsam. Ihm wurde klar: wäre Andalie nicht im richtigen Moment zu seinem Gespräch mit Deros hinzugekommen, wäre sie jetzt vielleicht gar nicht mehr am Leben.

Marlon versuchte den immer größer werdenden Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken, doch es gelang ihm nicht. Der Gedanke, dass Deros über die Folge von seinem Tod wusste, machte es ihm schwerer, ruhig zu bleiben. Immerhin hatte er selbst Andeutungen gemacht. Was hatte Brak'dag Monsa vor? Wenn es sie nicht mehr gab, wäre er der einzige Drache dieser Erde. Marlon wurde das Gefühl nicht los, dass er genau darauf abzielte.

»Eine Prägung verbindet die beiden Leben so sehr miteinander, dass auch jeder Schmerz sofort spürbar wird.«

Marlon wirbelte herum, als er die piepsige Stimme seines kleinen Freundes erkannte. Fynn stand tatsächlich in der offenen Tür und wirkte bedrückt und erschöpft. Langsam schleppte er sich zu Marlon heran, der ihn auf den Tisch hob.

Er konnte unmöglich in Worte fassen, wie glücklich er über das Erscheinen des Igels war. Zu gerne hätte er ihm das auch gesagt, aber seine Gedanken drehten sich wild nur um eins. »Fynn, du weißt doch bestimmt was passiert, wenn es bloß noch einen der Urdrachen gibt, oder?«

Fynn runzelte die Stirn. »Wieso willst du das wissen? Du hast doch nicht wirklich vor, gegen den Erddrachen anzutreten? Das wäre dein sicherer Tod.« Er blickte seinen Freund entsetzt an, aber dieser schüttelte den Kopf.

»Ich glaube, wenn ich es nicht tue, dann haben wir ein viel größeres Problem.«

Ob Fynn die Sorge auf seinem Gesicht zum Anlass nahm, oder einfach mit seinem Wissen prahlen wollte, wusste Marlon nicht. Allerdings verriet er ihm die schreckliche Wahrheit. »Für den unwahrscheinlichen Fall, dass zwei der Urdrachen sterben – was überaus unwahrscheinlich ist – geht die alleinige Macht auf den Letzten über. Durch Taros Tod wurde seine Aufgabe auf Andalie und Deros aufgeteilt. Stirbt nun einer der beiden, beherrscht der Übrige die Erschaffung seiner Art und gebietet über all die Elemente. Bis zur Ernennung neuer Elementardrachen ist er sozusagen Herrscher unserer Welt.«

Marlon lief ein kalter Schauer über den Rücken und auch Fynn schien erst nach der Aussprache seiner Worte erfasst zu haben, weshalb er gefragt hatte. »Du meinst, Brak'dag Monsa will sie töten, oder?«

Marlon nickte langsam. Er war sich sogar ziemlich sicher. Alleiniger Herrscher zu sein wäre doch bestimmt das, worauf der habgierige Drache abzielte. Er hätte die Entscheidungsgewalt über alles Leben. Marlon ahnte, dass es nicht der ewige Herrscher war, den er zu fürchten hatte, sondern Deros selbst.

»Das ist unmöglich. Drachen können sich gegenseitig kein Leid zufügen. Er braucht eine fremde, menschliche Einwirkung, um ihr Leben zu beenden«, versuchte Fynn ihn zu beruhigen, aber Marlon packte die Angst.

Wie konnte er hier herumsitzen und Andalie allein zurücklassen? Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass ihr etwas passierte, sollte er in jeder Lebenslage bei ihr bleiben. Nun begriff er, was die Prägung bedeutete. Sie war mehr, als die Liebe zu einem Menschen je sein konnte. Sie war die tiefste Verbindung, die es auf dieser Erde gab. Unwiderruflich, ewig.

»Er will mich töten«, stellte er fest. »Er kann sie nur so aus dem Weg schaffen.« Doch obwohl er sich dessen bewusst war, blieben weiterhin ungeklärte Fragen. Weshalb hatte er ihn nicht längst umgebracht? Worauf wartete er? Was hatte Deros vor, das schrecklicher war, als der einfache Tod?

Marlon stand vom Tisch auf, ohne irgendjemandem seine Gedanken zu berichten. Erst als er bereits halb durch die Tür verschwunden war, drehte er sich noch einmal um. Er sagte kein Wort. Sein Blick sprach alles aus, was er in diesem Moment dachte.


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