• Delian •
Seufzend laufe ich entlang des edlen und hellen Ganges, der mich auf direktem Wege in das Gemach von Isajah und meiner Mutter führt. Der weiße Marmorboden und die hellen Holzwände strahlen wirklich jedes Mal eine herzliche Einladung aus, sich in diesem Schloss wohl zu fühlen. Kein anderer der Vampirbrüder mag es so hell und freundlich. Nicht, dass es bei denen unfreundlich wäre.
Am Ende des Ganges klopfe ich an der prunkvollen Tür, die eindeutig in das Gemach des Schlossherrn führt.
„Mama? Darf ich reinkommen?", hake ich nach.
„Aber natürlich, mein Schatz!", ruft sie sofort und öffnet mir freudig die Tür.
Im nächsten Moment betrete ich den Raum und finde meine Mutter dann an mir festgeklammert wieder. Ein Blick durch das Gemach verrät mir, dass sie noch genau gar nichts gepackt hat.
„Isajah soll nicht an die Front gehen! Ich erlaube das nicht, aber er tut es trotzdem! Das ist echt das einzige Mal, in dem ich als Ehefrau wirklich etwas ganz bestimmtes will und er ignoriert das! Er ist so doof und gemein!", sprudelt es aus ihr heraus.
Ich habe so die leise Vermutung, dass ihr niemand erzählt hat, dass auch ich an die Front gehen werde. Dabei war sie doch bei der Vorführung mit anwesend und hat mich danach sogar noch vollgequatscht damit. Weiter darüber nachgedacht scheint sie aber nicht zu haben.
„Ach, Mama. Dieser Vampir liebt dich aus tiefstem Herzen und er würde auch an dreißig Fronten gleichzeitig kämpfen, wenn es dein Leben schützen würde", rede ich ihr schmunzelnd zu.
„Ich ... verstehe das. Aber ich habe Angst ihn zu verlieren. Ich liebe ihn so sehr!", betont meine Mutter nun leise.
Ihren Kopf drückt sie besonders fest an mich und ich tröste sie einen Moment lang. Helfen tut ihr das nur bedingt weiter, aber so ist das nun mal. Ich bin schließlich auch kein Psychiater oder sowas.
„Du hilfst ihm am meisten weiter, wenn du dich von deiner braven und kooperierenden Seite zeigst. Wenn er auf dem Kampffeld an dich denken muss, wird er abgelenkt sein", rate ich ihr ruhigen Wortes.
„Mein kleiner Delian ist so weise geworden. Ich bin wirklich froh, dich wieder getroffen zu haben", sagt sie schließlich und hat kurz ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
Ich beschließe meinen Bericht über meine eigene Stellung an der Front versehentlich zu vergessen, das bekommt sie noch zeitnah genug mit.
„Soll ich dir helfen beim Packen?", biete ich ihr dann an.
„Nein! Männer können das nicht!", kommt es sofort aus ihr heraus und sie stürmt zurück zum Schrank, wo in bekannter Ansicht die zahlreichen Kleidungsstücke davor verstreut liegen.
Ich hebe abwehrend meine Hände, muss aber auch herzhaft lachen. Schließlich ist meine Mutter dann fertig und drückt mir ihre prall gefüllte Tasche in die Hand.
„Wehe du sagst was, das brauche ich alles!", erklärt sie sich direkt und ergreift dann einen von Isajahs Umhängen, in den sie sich, wie in eine Decke, gemütlich einhüllt.
Zufrieden geht sie nun voran aus dem Gemach und so treten wir in das Regierungszimmer, wo alle schon leicht ungeduldig auf uns warten.
Und so beginne ich mit der Teleportation.
• Lucia •
Endlich sind alle Vampire im Kriegslager, die auch hier hin gehören. Inklusive der Angehörigen, die hier besonders sicher sein sollen, laut den ganzen Visionsmagiern.
„Ich will, dass du immer schön brav zeitig ins Bett gehst und dich in meine drei Umhänge einrollst, damit unser Sohn auch ja immer meinen Geruch um sich herum hat. Und du sollst schön viel Blut trinken, wenn ich nicht da bin, unser Sohn soll keine Mangelerscheinung bekommen. Und, Lucia verflucht, bleib hier! Ich rede mit dir und bin noch nicht fertig!", betont Val nun ganz strikt, umfängt vorsichtig meine Taille und zieht mich zurück zum provisorischen Doppelbett unserer Zeltkabine.
Ich verdrehe die Augen und versuche ihn abzuschütteln, aber das kann ich mir auch schenken. Im nächsten Moment schmuse ich mich dann in seinem Umhang eingewickelt verdächtig zufrieden in seine Umarmung.
Sanft legt Val nun seine Hand auf meinen Bauch und bekommt ein verflucht verführerisches Lächeln auf das Gesicht.
„Ich freue mich schon, unseren Sohn gemeinsam mit dir im Arm zu halten, meine liebste Lucia", raunt er mir voller Liebe in mein Ohr.
„Wehe du gehst im Krieg drauf!", kommt es dann aus mir heraus.
„Ich bin wie Unkraut, schon vergessen?", kontert er amüsiert.
Einen Moment lang genießen wir nun noch unsere Zweisamkeit und plaudern ein paar Sätze miteinander. Langsam steht Val aber auf und deutet in einer Geste über die Einrichtung.
„Ich habe zwar extra Fußboden Felle herbringen lassen, damit der Boden nicht so kalt wird, aber den Ofen musst du trotzdem immer befeuern lassen, hörst du? Und lass deine Wäsche auch wirklich von den Bediensteten waschen, du sollst dich nicht überanstrengen und sollst dich schön ausruhen!", belehrt Val mich nun weiter.
„Das nächste Mal wirst du schwanger, das ist ja nervtötend", kommt es mit einem Augenrollen, aber auch einem herzhaften Lacher aus mir heraus.
Val steigt ebenfalls ins Lachen mit ein, öffnet dann aber den Schrank für seine Rüstung. Das ist, was sämtliche Vampire um uns herum machen: Sich in kriegerische Schale schmeißen.
„Endlich kann ich dir wieder dabei zusehen", sage ich verträumt und Val lässt sich betont lange Zeit beim Anziehen des schwarzen Stahls.
Mit einem Kuss in voller Montur holt er mich dann vom Sessel, in dem ich es mir kurzerhand bequem gemacht habe. Fast schon sinnlich streiche ich über die glatten Oberfläche seiner Rüstung, weshalb auch er kurz stöhnend inne hält. Leider lösen wir uns dann aber voneinander, denn den Feind in die Knie zwingen ist genauso wichtig. Und schon hebt er mich selbstgefällig in seine Arme, um mich nun aus dem Zeltabteil zu tragen.
Geschickt lässt er das schwere Tuch, was eine Tür darstellen soll, zur Seite gleiten und schlüpft hindurch, um in den kleinen Gang zum königlichen Wohnbereich des Zeltes zu gehen.
Und man sieht ganz offensichtlich, dass das der Bereich für die königliche Familie ist, wenn ich mich so umsehe. Die anderen Zeltkabinen, so wie meine, gehen von je zwei kleinen Gängen ab, in dessen Mitte dieser wohnliche Zeltbereich hergerichtet ist. Es ist sogar einen kleiner Mini Garten mit Terrasse hinter dem Zelt angeschlossen, damit es auch ja wohnlich genug hier für die nicht kampffähigen Familienmitglieder ist. Mittig ist eine wirklich gemütliche Wohnlandschaft mit zahlreichen Decken, Kissen, Fellen und zwei Standöfen, um es hier auch wohlig warm zu haben. Überall verteilt stehen sogar kleine Dekorationen und Pflanzen, für das gewisse Extra. Es gibt sogar einen Sessel mit einem Hocker und ein paar Büchern zum Lesen. Und Vittorius hat für Yara und mich scheinbar sogar eine kleine Kunstecke herrichten lassen, falls uns langweilig wird.
Valerie hebt gerade das Tuch für die Terrasse hoch und sieht dann seufzend hinaus. Der kleine Luftzug weht ihr blondes, leicht welliges Haar auf und betont ihren zierlichen Körperbau. Sie fröstelt auch direkt ein wenig.
„Es schneit ja, wie ungemütlich", stellt sie schnell fest und zieht eine ziemlich belegte Miene.
Taavi schmiegt sich von hinten an ihren Rücken und umfängt seine Liebste, was Valerie aber nicht tröstet. Er trägt auch bereits seine schwarze, stählerne Rüstung mitsamt Umhang, für Valerie scheint er noch ein extra Umhang zum Hierbleiben herangeholt zu haben.
„Auf dem Sofa ist es sicher sehr gemütlich und auf dem Platz neben dem Ofen besonders warm", rät Taavi ihr liebevoll.
Sanft streicht er über Valeries Wange, lässt ihr einen Kuss da und schiebt seine Liebste zu besagtem Platz.
„Wenn es hier nicht schön ist, kann ich ja direkt mit an die Front gehen", haut Derya nun raus, die aus ihrem persönlichen Zeltabteil entlang des Zeltganges angestiefelt kommt.
Daryun geht wortlos hinter ihr her und sagt kein Ton, was auch Aussage genug ist. Und zwar, dass er kein bisschen auf Deryas Aussage eingehen wird. Natürlich ist Daryun ebenfalls schon für den Kampf gerüstet, seine muskulöse und kräftige Kriegerstatur sieht in seiner schwarzen Stahlrüstung ebenso eindrucksvoll aus.
Am Rande bekommt das nächste Vampirpaar meine Aufmerksamkeit.
„Das überlässt du schön mir, mein Liebling", ertönt Vittorius' Stimme, während er Yara gerade strikt am Aufbau des ausbruchssicheren Babybereiches hindert.
Murrend will Yara ihren Gemahl los werden, kommt aber wie immer nicht dagegen an. Stattdessen überreicht Silas seine kleine Tochter an Yara, was sie direkt zufrieden stimmt und letztendlich ist es dann Silas, der den kleinen Spielbereich für seine Kinder aufbaut. Enya scheint heute friedlich gestimmt zu sein und Shade sieht absolut grantig aus, so wie er aus dem Zeltabteil hinterher gekrabbelt kommt. Zugegeben, bei diesen bestialischen Schwingenfesseln wäre ich auch schlecht drauf.
Val drapiert mich derweil auf dem Sofa direkt neben Valerie, die sich nun freudig mir und meinem Bauch zuwendet. Behutsam streicht sie darüber und ich nehme wahr, wie ihr Elementraster meinen Sohn abtastet.
„Ich will auch ein Baby bekommen", träumt Valerie vor sich hin, was ihr ein Schmunzeln von Taavi einbringt, der seitlich an der Sofalehne anlehnt.
Daryun und Derya verfallen nun in einen temperamentvollen Streit, weil Derya unbedingt ihre Rüstung anziehen und mitkämpfen will. Aber Daryun bleibt knallhart, er erweicht keinen Millimeter. Stattdessen steht er in Abwehrhaltung und mit verschränkten Armen vor Derya, um seinen für ihn eindeutigen Standpunkt zu vertreten.
Vorerst lässt Val mich alleine, weil er den ersten Besprechungen des militärischen Stabs beiwohnen will. Nathan, Alessia und Leonhard sind auch bereits dort. Selbst Delian ist mit Isajah nun auf dem Weg dahin, wie ich der heran schlurfenden Ira entnehmen kann.
Seufzend lässt Ira sich auf das Sofa fallen und sieht mich dann hilfesuchend an. Mit fragendem Blick schaue ich ihr entgegen.
„Mein Mann und mein Sohn gehen in den Krieg und ich sitze hier. Und ich kann echt nicht glauben, dass die Delian mit an die Front nehmen! Meine Einwände werden aber komplett ignoriert! Ich halte das jetzt schon nicht aus", betont Ira wehleidig.
Dann sehe ich Vater und Mutter hervor treten, dicht gefolgt von Großvater und Großmutter. Beide Vampirmänner tragen, wie alle, ihre schwarzen Stahlrüstungen, was auch den Zweien verliebte Blicke von Mutter und Großmutter einbringt.
Schließlich geht aber auch da das Theater los.
„Lucan, was mache ich nur, wenn du stirbst? Du hast Familie!", platzt es aus Mutter heraus. Dabei krallt sie sich an seiner Rüstung fest und schaut gequält hoch in Vaters tiefrote Augen.
Vater streicht liebevoll über Mutters Kopf und schenkt ihr einen innigen Kuss.
„Aber Runa, wenn ich die Familien nicht beschütze, wer dann? Zumal alle hier Familie haben!", betont Vater leicht amüsiert.
Bei den anderen zwei Vampiren ist es tatsächlich andersrum, was den beiden erstaunte Blicke einbringt.
„Und ich kann dich wirklich alleine lassen, meine liebste Clarissa?", hakt Großvater besorgt nach.
„Natürlich, Sorin. Ich passe besonders gut auf unsere Tochter, auf unsere Enkelin und auf unseren baldigen Urenkel auf!", verkündet Großmutter stark.
„Mach keinen Unsinn, hörst du?", erwidert Großvater und nimmt Großmutter in eine feste und sehr liebevolle Umarmung.
Schließlich tröstet Großvater Mutter auch kurz noch, ehe die zwei Vampirinnen sich zu den Schützlingen auf das Sofa gesellen.
„Bruderherz! Komm her!", ruft Ira fast schon verzweifelt, als sie Elias herbei schlendern sieht.
Der gute Elias wird Teil unseres Haufens sein, weshalb er sich nun zu Ira gesellt und ihr beruhigend zuredet. Über die Jahre ist Elias durch die vielen Reisen wirklich Erwachsen geworden und strahlt eine gewisse Erfahrung aus, die Yara, Mattheo und Ira zum Beispiel nicht so ausstrahlen.
Unerfahren wirken die Drei trotzdem nicht, das meine ich nicht.
Im Hintergrund sehe ich Ohta und Mattheo plaudern, die Zwei gehen nun auf den Ausgang zum hinteren Teil mit der Terrasse zu und scheinen etwas frische Luft zu schnappen. Ohta wäre übrigens am liebsten mit an die Front gegangen, fügt sich aber brav dem Befehl des Königs, es nicht zu übertreiben.
Die ersten vampirischen Wachposten, die extra für das Kriegslager abgestellt sind, nehmen bereits ihre Positionen um das Zelt herum ein.
Ich liege mittlerweile in einer echt gemütlichen Rückenlage auf dem Sofa und verschränke die Arme hinter meinem Kopf.
Derya gibt es nun auch auf, drückt Daryun einen Kuss auf den Mund und setzt sich dann zu Valerie auf das Sofa.
Der Babybereich scheint nun auch fertig zu sein, denn Silas krallt sich seinen Sohn, der schon fast zum Eingang hinaus wär und setzt ihn nun in den Babybereich. Das findet Shade ziemlich beschissen, er krallt sich sofort an den Gitterstäben fest, mit denen er nun eingezäunt ist und nörgelt in einer Tour los.
Yara geht nun mit Enya zu Shade in den Babybereich, dazu übersteigt sie elegant das Gitter und setzt sich zu Shade. Enya schmiegt sich zufrieden an Yara an und bearbeitet nebenbei den Beißring, den Taavi extra neu mitgebracht hat.
Mein bester Freund drückt seinen Kindern dann einen Kuss auf den Kopf, umarmt seine Mutter und folgt dann seinem Vater hinaus in die Besprechung.
Fehlt nur noch Fenja.