Kronprinz Silas II

Kapitel 38: Das Baby mit dem Dickkopf

• Silas •

Mikul und ich werfen uns einen amüsierten Blick zu, dann verfolgen wir Shade weiter.

„Wo willst du denn hin, junger Vampir?", hakt Vater leicht belustigt nach.

Oh je, Vater sieht mal wieder ziemlich überarbeitet und fertig aus. Für seine Enkelkinder nimmt er sich aber regelmäßig die Zeit, er betont auch immer, dass ihm das gut tut und es ihm für die Kinder wichtig ist.

Der Verlust von Fenja als achtes Vampirkind trifft ihn sehr, so wie uns alle natürlich. Aber als ihr Meister schmerzt es Vater besonders, zumal sie dieses Mal wirklich keine Schuld daran trägt. Sorin spürt wohl noch immer das Band der Vermählung zu Clarissa, wir hoffen immer, dass Fenja und Clarissa wenigstens zusammen sind.

Shade gibt keine Antwort, er sagt sowieso nie ein Wort. Enya hingegen gurrt oft vor sich hin und übt sich fleißig in ihren ersten Lauten. Meinen Umhang sabbert sie auch gerade mit entsprechenden Geräuschen voll, aber meine Kleine darf das.

Ein Hindernis stellt Vater übrigens nicht dar, Shade krabbelt nun einfach drum herum, als wäre Vater nur ein Baum.

Einholen tut Vater ihn dann schnell, er geht die ersten vier Stufen hinunter und hockt sich dann dahin, mit Blick auf Shade. Der kommt unbeirrt an und will nun die Treppe hinunter.

Selbstverständlich lässt hier niemand im Haus meinen Sohn die Treppe herunter segeln.

Vater streckt wortlos seine Hand aus und drückt sie gegen Shades kleine Babybrust. So hindert er meinen Sohn daran, die erste Stufe nach unten erklimmen zu können. Shade will lieber weiterkrabbeln und findet es überaus lästig, dass Vater ihn daran hindert.

„Werter Shade, dein lieber Großvater lässt dich garantiert nicht die Treppe herunter fallen. Ja, da kannst du so viel weinen wie du willst, da musst du jetzt durch", betont Vater in seiner Großvater Rolle überaus streng.

Wirklich logisch darüber nachdenken kann Shade bestimmt noch nicht, aber den Sinn scheint auch er zu verstehen. Und davon wird er richtig wütend. Er brüllt lautstark drauf los und stemmt sich gegen Vaters unnachgiebige Hand. Schließlich rollt er sich irgendwann auf den Rücken und strampelt nun wie ein Weltmeister voller Wut drauf los. Eine Weile geht das so, er haut auch immer Vaters Hand beiseite, was Vater immer wieder seufzend innehalten lässt.

Mikul und ich stehen da einfach nur und warten ab. So ein Verhalten bringt Shade die letzten drei Tage ständig, mir wird auch oft zugesprochen, immer schön ruhig zu bleiben und nicht den Mut zu verlieren.

Mir graut es davor, wenn Shade lernt seine Flügel einzusetzen, wann auch immer das sein mag.

„Das kann demnächst sein, oder noch drei bis vier Jahre dauern, mein Liebster", kommentiert Shani leicht belustigt meinen Gedankengang.

„Hoffentlich entscheidet er sich für vier Jahre, bis dahin kann ich mir was einfallen lassen. Eine Schnur oder sowas, wie bei einem Lenkdrachen", erwidere ich und muss Schmunzeln.

Vater versucht nun zaghaft den wild gewordenen kleinen Minidämon hoch zu nehmen, aber Shade haut ihn noch immer weg. Geduldig hockt Vater nun weiter dort und wartet darauf, dass Shade die Puste ausgeht.

„Ich gebe ihm ein paar Tage, er ist ziemlich schnell in allem", wettet Shani lachend drauf los.

„Dann kann er dich ja ein paar Tage für Schwingenunterricht besuchen, werte Mutter Shani", gebe ich einen Wink mit dem Zaunpfahl.

Kurz herrscht Schweigen über unsere Verbindung, dann höre ich noch ein Seufzen.

„Unsere Kinder können mich nicht besuchen und das weißt du auch", sagt Shani nun abweisend.