Soulless - Auf ewig verbunden

Door freezing_storm

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„Ihre Zeit ist gekommen", ertönte Athanasios' dunkle Stimme durch den dichten Nebel. ,,Ich werde sie nicht s... Meer

Aesthetics
Prolog
Kapitel 1: Sol
Kapitel 2: Atlas
Kapitel 4: Sol
Kapitel 5: Sol
Kapitel 6: Atlas
Kapitel 7: Sol
Kapitel 8: Sol
Kapitel 9: Atlas
Kapitel 10: Sol
Kapitel 11: Sol
Kapitel 12: Sol
Kapitel 13: Atlas
Kapitel 14: Sol
Kapitel 15: Sol
Kapitel 16: Sol
Kapitel 17: Sol
Kapitel 18: Atlas
Kapitel 19: Sol
Kapitel 20: Atlas
Kapitel 21: Sol
Kapitel 22: Atlas
Kapitel 23: Atlas
Kapitel 24: Atlas
Kapitel 25: Sol
Kapitel 26: Atlas
Kapitel 27: Sol
Kapitel 28: Sol
Kapitel 29: Sol
Kapitel 30: Sol
Kapitel 31: Atlas
Kapitel 32: Atlas
Kapitel 33: Sol
Kapitel 34: Sol
Kapitel 35: Sol
Kapitel 36: Sol
Kapitel 37: Sol
Kapitel 38: Sol
Kapitel 39: Sol
Kapitel 40: Atlas
Kapitel 41: Sol
Kapitel 42: Sol
Kapitel 43: Sol
Kapitel 44: Atlas
Kapitel 45: Atlas
Kapitel 46: Sol
Kapitel 47: Atlas
Kapitel 48: Sol
Kapitel 49: Sol
Kapitel 50: Sol
Epilog
Nachwort

Kapitel 3: Sol

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Door freezing_storm

Wie viel Pech konnte man an einem einzigen Tag haben?

Denk dran, aller guten Dinge sind drei.

Ich verfluchte meine innere Stimme, von der ich mir nun nicht mehr sicher war, ob es meine eigene war oder ob sie von Amy gesteuert wurde. Die Gehässigkeit hinter ihren Worten konnte nur von Amy stammen. Das Ding in mir hatte ich kurzerhand liebevoll nach dem Menschen benannt, der meine Highschool-Zeit zur Hölle gemacht hatte. Man sollte ja nicht schlecht über andere Menschen reden, aber Amy – ja, Amy hatte es verdient nach einem Gehirntumor benannt zu werden.

Nachdem ich mit schnellen Schritten das Foyer durchquert hatte und förmlich nach draußen gerannt war, um den peinlichsten Moment meines Lebens hinter mir zu lassen und nicht Gefahr zu laufen, dem attraktiven Fremden noch einmal so glorreich vor die Füße zu fallen, konnte ich nun endlich wieder frei atmen.

Doch je weiter ich mich vom Krankenhaus entfernte, umso stärker wurde das Ziehen in meiner Brust. Ich wollte diesem Gefühl, das sich verdammt sehr nach Sehnsucht anfühlte, nicht nachgeben. Doch dieses dumpfe Pochen wurde immer stärker.

Schwer atmend hielt ich mitten auf dem Gehweg an und legte mir eine Hand auf die Brust. Doch trotz meiner schnellen Atmung schlug mein Herz regelmäßig. Durch meine Hand konnte ich kein dumpfes Pochen spüren, und doch hätte ich schwören können, dass es da war.

Wieder war er es, der vor meinen inneren Augen auftauchte. Seine hervorstechenden Wangenknochen und seine definierte Kinnpartie waren dermaßen kantig, dass sie nicht von dieser Welt stammen konnten. Und diese Augen, so durchgehend grau wie flüssiges Silber...

Du sabberst schon wieder, ermahnte mich Amy genervt und ich zuckte zusammen. Tatsächlich hatte ich schon wieder den Mund geöffnet.

Ich zwang mich dazu weiterzugehen, da einige Passanten mir fragende Blicke zuwarfen. Jeder Schritt weiter weg vom Krankenhaus fühlte sich falsch an. Doch ich ging weiter, ohne mich noch einmal umzudrehen. Wenigstens im Moment war ich Herr meiner Füße. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder ein Eigenleben entwickelten. Spätestens, falls ich den mysteriösen Fremden noch einmal wiedersehen sollte.

Davon träumst du wohl.

Ich stöhnte genervt auf. So würde ich also den Rest meines jämmerlichen Lebens verbringen. Mit einer schlecht gelaunten, realfixierten inneren Stimme, die mir gewaltig auf den Sack ging. Das waren ja rosige Aussichten.

Für mich ist es auch kein Zuckerschlecken.

Ich ließ Amy weiter murren und setzte meinen Weg fort. Die Straßen waren um diese Uhrzeit vollgestopft mit angespannten Autofahrern und geschäftigen Personen, die panisch aggressiv über die Fußgängerwege stürzten. Das Leben in einer Großstadt war geprägt von unreiner Luft, gestressten Menschen und Hektik. Wenn man sich nicht im Sog mitbewegte, wurde man einfach überrannt.

Für jemanden, der es nicht einmal schaffte, sich in der Straßenbahn an eine der oberen Griffe festzuhalten, konnte es zu einem Problem werden, mit der Dynamik einiger Menschen mitzuhalten. Besonders, wenn man so kurze Beine hatte wie ich. Doch in den letzten drei Jahren, die ich nun hier lebte, hatte ich gelernt, meine Ellenbogen einzusetzen, wenn mal wieder jemand dachte, er könnte mich zur Seite schubsen. Nicht mit mir, Freundchen.

Und so kämpfte auch ich mich durch die Straßen Philadelphias, immer mit dem lästigen Gedanken, dass ich bald kein Teil mehr dieses Trubels sein würde. - Dann musste ich es wohl noch so lange genießen, wie ich konnte.

Ich setzte ein Lächeln auf und pfiff eine leise Melodie, während ich den Smog, die angespannte Stimmung und die Hektik der Stadt in mir aufsog.

Deine positive Einstellung ist zum Kotzen, meldete sich Amy zu Wort, doch ich ignorierte sie.

Heute waren mir zwei schlimme Dinge widerfahren, von denen das eine wohl mehr peinlich war. Ich war der Meinung, dass ich es mir verdient hatte, das letzte Bisschen Lebenszeit, das ich noch hatte, zu genießen. Warum sollte ich traurig sein? Es änderte nichts an der Situation. Wenn ich den Rest meiner Existenz damit verbrachte, zu weinen, konnte ich auch sofort sterben. Der Tod konnte mich gerne holen kommen.

Also Amy, halt deinen Mund und lass mich glücklich sein. Weil ich es kann.

Amy blieb still. Mein Weg führte mich weiter an einer kleinen Einkaufsstraße entlang. Die Busstation, zu der ich musste, war nur noch wenige hundert Meter entfernt.

Plötzlich brach ein Tumult vor mir aus. Eine Frau in meinem Alter schrie verzweifelt auf.

,,Meine Tasche! Bleiben Sie stehen, verdammt!'', rief sie einem Mann mit schwarzer Kapuze hinterher, der sich mit schnellen Schritten von ihr entfernte.

Ich reagierte sofort und lief dem Dieb hinterher. Das war das Problem mit mir. Ich handelte, ohne nachzudenken. Wenn ich einmal kurz über Folgen und Risiken nachgedacht hätte, dann wäre mir bestimmt bewusst geworden, was für eine hirnrissige Idee es war, einem ausgewachsenen Mann hinterherzulaufen, der dabei war, eine Tasche zu stehlen. Geniale Idee, Sol. Du kannst dir in der nächsten Ecke deinen Heldenaward abholen.

Ich schaltete den vernünftigen Teil meines Verstandes aus und spurtete dem Mann hinterher. Da auf dem Gehweg starkes Treiben herrschte, wurde der Mann des Öfteren aufgehalten, sodass ich ihm immer näher kam. Aufgrund meiner kleinen Körpergröße und meines schmächtigen Körperbaus, konnte ich mich leicht durch die Menschen schlängeln.

,,Hey, Sie Mistkerl! Bleiben Sie stehen!'', schrie ich ihm wütend über die Köpfe der anderen Menschen hinterher. Hektisch drehte er sich um und begegnete meinem Blick. Eine Spur von Panik tauchte in seinen Augen auf, bevor er sich kurzerhand umwandte und in eine kleine Gasse verschwand.

,,Mist'', fluchte ich und drängelte mich an einer älteren Dame vorbei, die mir etwas hinterherrief, dass ich nicht verstand. So schnell ich konnte, folgte ich dem Typen in die Gasse. Selbstverständlich ohne mein halbfunktionierendes Gehirn dabei einzuschalten. Natürlich sollte man einer bedrohlich aussehenden Person in eine dunkle Gasse folgen. Das war das Erste, was man von seinen Eltern lernte. Ganz fantastisch, Sol.

Doch ehe ich den Gedanken richtig zu Ende bringen konnte, war es auch schon zu spät. Mein Puls raste und mein Herz schlug alarmierend gegen meine Brust. Ich atmete stoßweise ein und aus, als ich mit langsamen Schritten auf die Gestalt zuging, die mir am Ende der Gasse den Rücken zugekehrt hatte.

Und nun? Willst du mit deinen nicht vorhandenen Taekwondo-Künsten den Mann zu Fall bringen? Bist du eigentlich lebensmüde, jetzt wo du weißt, dass du eh bald sterben wirst?, schrie Amy mich an, als wäre ich nun vollkommen durchgedreht.

Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und versuchte, das ungute Gefühl in den Hintergrund zu drängen. Es roch förmlich nach Gefahr, doch es war zu spät, um umzukehren.

,,Geben Sie die Tasche her. Sie gehört Ihnen nicht'', stieß ich angestrengt hervor. Doch für den Mann musste es eher nach einem Piepsen klingen. Meine Stimme zitterte, aber ich hoffte, er schob es auf meine schwere Atmung.

Das wünschst du dir wohl.

Der Rücken des Mannes begann zu beben. Seine Schultern zuckten und ich vernahm ein leises Lachen, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Meine Beine waren wie festgefroren.

Los. Beweg dich. Hau ab. Noch ist es nicht zu spät, schrie Amy mich alarmierend an, doch ich konnte mich nicht bewegen. Natürlich hörten meine Füße ausgerechnet in diesem Moment nicht auf mich. Panik durchflutete mich, während der Typ sich langsam zu mir umdrehte. Ein süffisantes Grinsen befleckte sein blasses, von Schatten gezeichnetes Gesicht. Seine Augen leuchteten bedrohlich auf. Ein paar fettige Haarsträhnen hingen ihm in der Stirn.

,,Hat man dir nicht beigebracht, dass man bösen Männern nicht in dunkle Gassen folgt?'' Die unterschwellige Andeutung in seiner Stimme ließ Ekel in mir aufsteigen. Kalter Schweiß lief mir den Rücken herunter und eine Gänsehaut breitete sich rasant über meinen gesamten Körper aus. Die imaginären Alarmglocken in mir schrillten auf, als mir bewusst wurde, dass mir niemand helfen würde, wenn dieser Mann seine Drohungen wahr machte.

Mit schnellen Schritten stand er wenige Augenblicke später direkt vor mir.

Doch mit dem, was als nächstes folgte, hätte ich nicht einmal in meinem schlimmsten Albtraum gerechnet. Er fuhr mit der Hand in seine Jackeninnentasche und zog eine Waffe heraus. Meine Augen weiteten sich schreckhaft und ich stolperte zurück. Er zückte entschlossen die Pistole und hielt sie direkt auf meine Stirn gerichtet.

,,Na, na. Wer will denn hier davonlaufen? Wir haben doch gerade so viel Spaß.''

Ein weiterer kalter Schauer lief mir bei seinen Worten über den Rücken. Mein Körper begann unkontrolliert zu zittern. Der Lauf der Waffe schwebte nur wenige Zentimeter vor meiner Stirn. Ich riskierte einen Blick in die pechschwarzen Augen des Mannes, die blanken Wahnsinn ausstrahlten.

Wie konnte die Situation so schnell umschlagen?

Mein Körper war wie paralysiert.

Und in diesem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Ich würde hier sterben. In dieser Gasse. Weil ich leichtsinnig gewesen war. Und die Warnsignale ignoriert hatte. Es war allein meine Schuld.

,,Sie wollen das nicht wirklich'', flüsterte ich mit zittriger Stimme. Ich zwang mich dabei, in seine emotionslosen Augen zu schauen. Vielleicht konnte ich ihn überreden...

Bist du nun völlig übergeschnappt?

Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Nackte Angst durchflutete mich, als er die Waffe direkt an meine Stirn presste und mir mit seinem Gesicht bedrohlich nah kam.

,,Sagt wer?'', stieß er belustigt hervor und entfernte die Waffe im nächsten Moment von meiner Stirn, ehe er sich ein paar Schritte von mir entfernte. Erleichterung durchflutete mich und ich stieß die angestaute Luft aus meinen Lungen aus. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich sie angehalten hatte. Es trennten uns nun mittlerweile mehrere Meter voneinander.

Doch plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, richtete er erneut die Waffe auf mich.

,,Es hätte nicht so weit kommen müssen, Mädchen. Aber du hast mein Gesicht gesehen. Eigentlich schade drum. Du siehst wirklich hübsch aus.''

Im nächsten Moment betätigte er den Abzug. Das letzte, was ich hörte, war ein ohrenbetäubender Knall.

Noch bevor ich realisieren konnte, was passierte, hatte die Welt aufgehört, sich zu drehen. Als wäre die Zeit eingefroren, starrte ich die Kugel an, die mitten in der Luft zum Stillstand kam. Mein Mörder bewegte sich nicht. Kein Straßenlärm war zu hören. Die Erde hatte aufgehört zu existieren.

Alles, was ich hörte, war das panische Schlagen meines Herzens. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine Nebelwand vor mir auf, die mir die Sicht versperrte. Mein Gehirn setzte aus. Das laute Krächzen eines Vogels war in der Entfernung zu hören.

Der Nebel lichtete sich. Der Mann, von dem ich dachte, dass ich ihn nie wieder sehen würde, tauchte vor meinen Augen auf. Der Rauch formte sich zurück und bündelte sich in den Händen des attraktiven Fremden. Seine silbrigen Augen, die vor Wut glühten, trafen mich völlig unvorbereitet.

Das war nicht real. Unmöglich konnte das alles gerade passieren. Ich musste träumen. Genau.

Abrupt wandte er seinen Blick ab und starrte mit bebenden Schultern auf meinen Mörder, der noch immer wie eingefroren am Ende der Gasse stand. Wie in Zeitlupe flog die Kugel quälend langsam auf mich zu.

Ich presste meine flache Hand gegen die Stirn. Das war unmöglich. Ausgeschlossen. Mein Gehirn musste mir einen Streich spielen. Wahrscheinlich war ich schon längst gestorben und der attraktive Fremde war einfach eine Wahnvorstellung von mir. Genau, ich war verrückt. Und tot.

Mit vor Schreck geweiteten Augen beobachtete ich, wie der Mann auf die Kugel zuschritt und sie zwischen Daumen und Zeigefinger rieb. Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu, ehe er die Kugel in seiner Manteltasche verschwinden ließ.

Das Klopfen meines Herzens war ohrenbetäubend. Wärme durchströmte mich, während ich den Mann mit den weißblonden Haaren dabei beobachtete, wie er langsam auf mich zuschritt. Mein Atem stockte und ich taumelte zurück. Das dumpfe Pochen in meiner Brust wurde stärker, je näher er mir kam. Sofort spürte ich wieder dieses Gefühl. Jede Faser meines Seins zog mich zu ihm. Als wäre er mein Gegenpol, nach dem ich so lange gesucht hatte.

Das ist nicht real, redete ich mir immer wieder ein, doch gleichzeitig war es mir egal. Denn ich konnte nicht glücklicher sein. Ich wusste nicht, warum, aber ich fühlte mich vollkommen. Das erste Mal in meinem Leben war ich ganz.

Mein Blick verhakte sich mit seinem und wenn ich mir vorher nicht sicher war, dann war es nun unumstößlich. Der Mann, der nur wenige Zentimeter vor mir zum Stehen kam, würde mein Untergang sein. Leichter Nebel formte sich um uns herum und hüllte unsere Körper, die dicht beieinander standen, komplett ein. Sein Blick, den ich nicht deuten konnte, lag noch immer unverwandt auf mir. Quälend langsam beugte er sich zu mir herunter und flüsterte mir sanft ins Ohr.

,,Dein letzter Tag ist noch nicht gekommen. Ich werde dich holen, wenn es an der Zeit ist.''

Seine Stimme war viel tiefer und rauer, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie bereitete mir eine wohlige Gänsehaut. Seine Wange war so nah an meinem Gesicht, dass ich die Kälte seiner Haut spüren konnte. Eine unsagbare Hitze breitete sich in mir aus und versengte mich innerlich. Mein Körper stand in Flammen. Seine Nähe war elektrisierend und ich hatte das dringende Bedürfnis, mich noch weiter zu ihm zu lehnen.

Wenn er mir so nah war, konnte ich nicht klar denken. Der Nebel verdichtete sich, sodass ich ihn nur noch schemenhaft erkennen konnte. Doch ich spürte seine Präsenz deutlich an meiner Wange. Ich konnte hören, wie er zischend einatmete, bevor er sich von mir entfernte und sich vollständig im Nebel auflöste.

Ich schloss die Augen und ließ die letzten Momente Revue passieren. Was war da gerade passiert? War ich nun völlig verrückt geworden? Doch ich konnte meinen Gedanken nicht zu Ende fassen, da ich plötzlich an der Hand gepackt wurde. Die Stelle, an der der Schatten meine Hand berührte, kribbelte wie verrückt. Kleine Stromschläge flossen über meinen Handrücken bis über meine Arme und ließen ein seidig warmes Gefühl zurück. Für einen kurzen Moment war es, als wäre ich schwerelos.

Die Nebelwand verdichtete sich und färbte sich in dunkle Grautöne, sodass ich nichts mehr sehen konnte. Rauch stieg mir in die Lungen. Daraufhin erschütterte ein Beben meinen gesamten Körper. Ich klammerte mich an die stützende Hand und kniff panisch die Augen zusammen. Direkt über uns ertönte ein gewaltiges Donnergrollen. Ich zuckte zusammen. Alles, worauf ich mich in diesem Moment konzentrieren konnte, waren seine kalten, rauen Finger, die sich fest um meine Hand schlangen.

Im nächsten Augenblick öffnete ich die Augen und stand mitten auf dem Gehweg. Kräftige Sonnenstrahlen benetzten mein Gesicht. Der Himmel leuchtete in einem hellen Blau. Ich hielt eine Hand schützend vor meinem Gesicht. Gerade eben war da doch noch dieser Nebel und der Donner gewesen. Ich hatte ihn ganz deutlich gehört und... Ich blinzelte mehrmals und schaute geradewegs in den Himmel. Es war keine einzige Wolke zu sehen. Ich richtete meinen Blick auf die überfüllten Straßen. Ein Autofahrer trat energisch auf die Bremse. Der Wagen hinter ihm gab ein lautes Hupen von sich. Ich blinzelte erneut. Doch die Menschen um mich herum verschwanden nicht. Sie drängten sich an mir vorbei, stießen mich an der Schulter an und warfen mir genervte Blicke zu. Doch ich verharrte in meiner Position, weil ich nicht begreifen konnte, was gerade passiert war. Die Welt hatte wieder angefangen, sich zu bewegen.

,,Miss, Sie haben tatsächlich meine Tasche. Ich danke Ihnen'', rief eine aufregte Stimme hinter mir. Perplex starrte ich auf meine Hand, die eine knallrote Handtasche fest umklammert hielt. Wie war ich an die Tasche gekommen? Ich war doch nicht einmal in ihrer Nähe gewesen. Der Dieb, er hatte sie...

Ich schaute mich fragend um, doch schon wieder wurde ich von der hohen Stimme der Frau unterbrochen.

,,Hätten sie den Dieb nicht auf offener Straße gestellt und hätten die Männer ihn nicht festgehalten, wären meine Wertsachen nun über alle Berge. Das war so mutig von Ihnen'', quietschte sie und klatschte freudig in die Hände. Irritiert legte ich den Kopf schief.

Ich hatte was? Auf offener Straße? Und von welchen Männern sprach sie?

,,Wovon reden Sie? Ich bin dem Mann in eine Gasse gefolgt, wo er mich...'' Ich schluckte hart, als ich an die Waffe in seiner Hand dachte. Ich müsste tot sein.

Warum war ich noch am Leben?

Dein Liebling hat dich gerettet, schon vergessen, meldete sich Amy zu Wort. Sofort tauchte sein Gesicht, das ich überall wiedererkennen würde, vor mir auf.

Nein! Unmöglich!

Vehement schüttelte ich den Kopf. Die junge Frau mit den wasserstoffblonden Haaren und den falschen Wimpern zog dabei die Augenbrauen irritiert zusammen.

Sie musterte mich besorgt, während sie meine Schulter tätschelte. ,,Geht es Ihnen wirklich gut? Sie sehen ganz blass aus. Keine Sorge, der Dieb wird da vorne gerade von den Männern festgehalten.'' Sie deutete ein paar Meter entfernt auf eine kleine Gruppe von Männern, die den Dieb mit seiner schwarzen Kapuze und den fettigen Haaren auf den Boden drückten.

Das war unmöglich! Wieder schüttelte ich den Kopf, in der Hoffnung, dass sich die Szene ändern würde. Doch das tat sie nicht.

Mein Mund öffnete sich und ich starrte mit gerunzelter Stirn zwischen der Frau und dem Dieb hin und her.

,,Aber ich... ich war doch in dieser Gasse'', stotterte ich und griff mir instinktiv gegen meine Stirn, genau dorthin, wo der Abzug der Waffe gelegen hatte.

,,Vielleicht sollten Sie noch einmal bei einem Arzt vorbei schauen, falls sie sich verletzt haben. Ich hoffe, Sie erholen sich gut. Und noch einmal vielen Dank für die Tasche.''

Mit zittrigen Händen überreichte ich ihr die Handtasche. Sie machte auf dem Absatz kehrt und stöckelte auf ihren hochhackigen Stilettos davon.

Meine Gedanken rasten. Ich konnte mir all das nicht ausgedacht haben. Es... es hatte sich so real angefühlt.

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich an den Mann dachte, der mich vermeintlich gerettet hatte. Er war nicht mehr in meiner Nähe. Ich konnte es deutlich spüren. Oder ich wurde langsam wirklich verrückt.

Vorsichtig strich ich mir mit der flachen Hand über meine linke Wange, wo der attraktive Fremde sein Gesicht an meines gelegt hatte. Ich hatte ihn deutlich gespürt.

Und wenn nicht?

Aber wenn ich mir das alles nicht einbildet hatte, wie war der Dieb so schnell aus der Gasse entkommen? Und wie war ich auf dem Gehweg gelandet? Ich war doch in der Gasse gewesen...

Nun drehte ich vollkommen durch.

Es konnte für all das nur eine logische Erklärung geben.

Ich hatte mir alles nur eingebildet.

Ein panisches Lachen entwich mir, was wohl eher einem verschluckten Glucksen glich. Mit der flachen Hand klatschte ich mir gegen die Stirn und konnte über mich selbst nur den Kopf schütteln. Ich musste ganz dringend hier weg.

Mit eiligen Schritten entfernte ich mich von dem Geschehen, ohne noch einmal einen Blick zu meinem vermeintlichen Mörder zu werfen. Ich wollte nur noch nach Hause.

Amy hatte anscheinend schon eine größere Macht über mich, als ich dachte. Angst durchströmte mich, da ich wusste, was das bedeutete. Ich fing an zu halluzinieren. Eindeutig.

Und doch flüsterte mir eine leise Stimme in meinem Kopf immer wieder zu, dass all das real war.

Bist du dir sicher, zwitscherte Amy und ließ mich den Gedanken schnell wieder verwerfen.

Wer bestimmte meine Gedanken? Ich oder Amy?

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