Sacrifice - Don't touch her

By ChaosMary

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Eine Mordserie erschüttert das Land. Immer wieder verschwinden junge Mädchen, werden Wochen später tot und m... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
Epilog
Hörprobe

9. Kapitel

9.5K 312 18
By ChaosMary

"Nein!" Mein eigener Schrei hallte in meinen Ohren wider.

Gleichzeitig gab Tilo ein seltsames keuchendes Geräusch von sich, da er sich von meinem Schrei erschrocken hatte.

Meine Knie gaben unter meinem Gewicht nach. Sie knickten einfach ein, als ich mir verzweifelt die Hände vor das Gesicht schlug. Garantiert wäre ich auf dem Boden gelandet, wenn mich nicht zwei starke Hände festgehalten hätten. Aber das realisierte ich gar nicht so wirklich. In meinem Kopf hatte sich das Bild von einem toten, kleinen Mädchen eingebrannt. Und von ihrem Blut an unserer Haustür. Wie konnte jemand nur so grausam sein?

Ich zitterte am ganzen Körper. Nur ganz am Rande meines Bewusstseins nahm ich wahr, dass mich jemand noch fester in den Arm nahm. Aber diese Arme waren steif und ich kam mir eher so vor, als ob ich in einen Schraubstock eingespannt wäre. Dennoch vergrub ich mein Gesicht an der Schulter, die sich sehr wie die von Tilo anfühlte. Er hatte seine Arme um mich geschlungen und drückte mich so fest wie er konnte an sich. Ich spürte seinen warmen Atem in meinen Haaren.

Es war meine Schuld. Es war unsere Schuld, dass dieses Kind tot war. Wenn wir nicht zur Polizei gegangen wären, würde sie noch leben. Würden ihre Eltern sie in den Arm nehmen können und sie zuhause ins Bett bringen. Jetzt würden sie ihre Tochter bald auf dem Friedhof besuchen.

Dieser Gedanke zerriss mir das Herz.
Egal was noch passieren würde, ich würde nicht mehr zur Polizei gehen. Ich wusste nicht, was dieser Kerl plante. Warum er sich Tilo und mich für seine schrecklichen Taten ausgesuchte. Wieso er es auf uns abgesehen hatte. Wir hatten nichts getan, niemanden verletzt oder ihm weh getan. Gar nichts. Wieso tat er es uns an? Was hatten wir verbrochen, dass er uns so bestrafte?

"Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag?", fragte Tilo Mike plötzlich scharf und ich sah auf.

Mit dem Handrücken wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Mike riss erschrocken seine Augen auf. Tilos große, warme Hand lag noch immer auf meinem Rücken, ich spürte, wie sich sein Brustkorb schnell hob und wieder senkte. Ich sah wie angespannt er war und wie fest er seinen Kiefer zusammengebissen hatte. Tilo sah mich kurz an und ich konnte den Hass in seinen Augen sehen. Ich erstarrte.

Seine Hand fühlte sich plötzlich drohend auf meinem Rücken an, aber das bildete ich mir bestimmt nur ein. Während Tilo mich ansah, wurde sein Blick wieder weicher. Es musste schrecklich für ihn sein zu wissen, dass dieser Wahnsinnige seine Schwester in seiner Gewalt hatte. Das tote Mädchen hätte genauso gut Mia sein können. Es hätte Mia sein können, mit deren Blut diese Nachricht an unsere Tür geschrieben wurde.

"Wie?" Verdutzt musterte Mike Tilo und riss mich aus meinen Gedanken. Tilos Kiefer zuckte, dann schob er mich sanft aber bestimmt zum nächsten Stuhl und setzte mich darauf. Mein Körper zitterte immer noch, aber mittlerweile liefen mir die Tränen lautlos über die Wangen, die Krämpfe hatten aufgehört. Tilo drehte sich zu Mike um und ich starrte seinen breiten Rücken an.

"Wie könnt ihr es zulassen, dass dieser Wahnsinniger noch immer auf freiem Fuß ist? Wie könnt ihr nur zusehen, wie er weiter unschuldige Kinder ermordet?!", brüllte Tilo jetzt, machte einen Satz auf Mike zu und packte den Polizisten grob an den Schultern. "Wie kann man sich nur so blöd anstellen und immer noch nicht wissen, wer dieser Kerl überhaupt ist?!" Völlig außer sich schüttelte er Mike durch. Dieser starrte Tilo nur aus großen Augen an und ließ sich durchschütteln. Himmel, wusste Tilo überhaupt, was er da gerade tat? Mike war ein Polizist!

Mike schien sich auch langsam zu erinnern, wer er eigentlich war, da er Tilos Hände von seinen Schultern schlug.
"Jetzt hör aber mal auf!", schrie er Tilo aufgebracht an. Dann packte er Tilos Oberarme und drückte ihn mit dem Rücken gegen die Theke. Erst jetzt sah ich Tilos wilden Blick. So aufgewühlt hatte ich ihn noch nie gesehen.

"Wenn du wirklich glaubst, dass es mir gar nichts ausmacht, was da gerade passiert, dann kann ich dir auch nicht mehr helfen", schnaubte er und ließ Tilo wieder los. Dieser rieb sich unbewusst über die Stellen seiner Haut, an denen Mike ihn grob angefasst hatte.
"Und warum bist du dann hier? Wenn wir keinen Kontakt mehr zur Polizei haben dürfen?", fragte Tilo mit schneidend kalter Stimme. Mike schluckte und sah kurz zu mir, dann wieder zu Tilo, der versuchte seine Kontrolle wieder zu bekommen.

"Der Kerl hat jeden Schritt, den er tut, vorausgeplant. Auch mein Erscheinen hier bei euch wird er in seiner Planung drin haben. Es passiert nichts, was nicht von ihm gewollt ist. Euch wird nichts passieren, nur weil ich aufgetaucht bin. Es ist selbstverständlich, dass ein Polizist bei euch auftaucht, wenn an eurer Haustür das Blut eines toten Mädchens klebt", erklärte Mike dann mit ruhiger Stimme.

Mich beruhigte diese Erklärung, aber Tilo schnaubte nur auf. Mike wandte sich wieder an ihn. "Du glaubst mir nicht", stellte er trocken fest. Er fixierte Tilo mit seinem Blick, aber das schien Tilo nichts auszumachen, er sah einfach nur hasserfüllt zurück. Mittlerweile hatte er seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
"Wann fangt ihr endlich an, nach meiner Schwester zu suchen? Wie viele Kinder müssen noch sterben, bis ihr diesen Mörder findet? Was muss noch passieren?!", fragte Tilo aufgebracht.

"Wir arbeiten daran", antwortete Mike. Diese Antwort stellte Tilo wirklich nicht zufrieden, da er ihn mit seinem Blick abwartend durchbohrte. Mike hob abwehrend seine Hände. "Mehr kann ich im Moment nicht tun", beteuerte er ehrlich.

Tilos Hand ballte sich langsam aber sicher zu einer Faust. So wütend hatte ich ihn wirklich noch nie gesehen. Aber ich hatte keine Angst vor ihm. Er würde mir nie etwas antun, da war ich mir ganz sicher. Momentan wollte er nur seine Schwester wiederhaben. Ich verstand ihn. Das würde ich auch wollen. Bevor einer der beiden noch etwas sagen konnte oder sich gegenseitig schlagen konnten, klingelte Mikes Handy. Timing war manchmal alles.

Sie zuckten vor Schreck zusammen, dann suchte Mike hektisch nach dem klingelnden Gerät und nahm den Anruf entgegen. Ich sah wieder zu Tilo, der langsam seine Faust löste. Er fing meinen Blick auf und schluckte.

"Guck mich nicht so an", flehte er mich an und ich runzelte meine Stirn.
"Wie gucke ich denn?", fragte ich tonlos nach und klemmte mir meine immer noch zitternden Hände zwischen die Knie. Tilo bemerkte das und schob sich an dem immer noch telefonierenden Mike vorbei. Vor mir hockte er sich auf den Boden und nahm meine Hände in seine. Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, wäre ich vermutlich vor Rührung geschmolzen. So aber traten mir noch mehr Tränen in die Augen und ich presste tapfer meine Lippen zusammen, damit sie endlich aufhörten zu zittern. Ich wollte nicht mehr weinen. An Tilos Blick sah ich, wie es ihn innerlich zerriss, mich so zu sehen.

"Es tut mir leid", sagte er prompt und strich mit seinem Daumen beruhigend über meinen Handrücken.
"Was tut dir leid?" Meine Stimme brach bei dem letzten Wort und ich biss die Zähne zusammen. Tilo seufzte und sah mich traurig an.
"Ich weiß es nicht...das alles hier. Immerhin ist es meine Schwester, die entführt wurde und wegen der wir da mit hineingerutscht sind. Du würdest nicht hier so sitzen, wenn wir uns damals nicht kennengelernt hätten...du hättest ein besseres Leben..." Langsam aber sicher steigerte Tilo sich in seine Wahnvorstellungen herein, anders konnte ich das nicht bezeichnen.

"Sag sowas nicht!", unterbrach ich ihn energisch und legte meine Hände an seine rauen Wangen. Er sah wie ein Welpe zu mir auf und ich schluckte. "Das ist nicht deine Schuld...wie kannst du dir an sowas überhaupt die Schuld geben?", fragte ich ihn entrüstet und er zuckte mit den Schultern.

"Ich kann sonst ja nichts machen... aber ich kann langsam nicht mehr zusehen, wie er weiter kleine Kinder ermordet", gibt er leise zu. Die Verzweiflung in seinem Blick sprang ich quasi an. Ohne groß zu überlegen, beugte ich mich noch weiter nach vorne und drückte meine Lippen auf seine. Kurz versteifte Tilo sich, dann erwiderte er meinen Kuss stürmisch.

Meine Hände wanderten in seinen Nacken, damit ich ihn noch näher zu mir ziehen konnte. Seine Haut fühlte sich warm unter meinen kalten Händen an. Warm, vertraut und beruhigend. Genauso wie seine Hand, die er in meinen langen Haaren vergrub und sich fast daran festhielt. Wir küssten uns wie zwei ertrinkende. Als ob es das letzte wäre, was wir taten.

Nur noch vereinzelt lief eine Träne aus meinem Augenwinkel. Dann rollte sie meine Wange herunter, bis zu meinen Lippen. Dort schmeckte es dann salzig, bis Tilo mit seiner Zunge die Träne entfernte. Er lernte schnell dazu und küsste die Tränen auf meiner Wange weg, bevor sie meine Lippen erreichten.
"Bitte hör auf zu weinen", flehte er mit rauer Stimme nah an meinem Ohr. Seine Lippen streiften meine Wange und ich bekam eine Gänsehaut.

Ich schloss meine Augen und lehnte die Stirn gegen seine. Ich spürte seine Wärme, seine Hand, die sich immer noch in meinen Haaren befand. Ich hörte ihn atmen und sog selber bei jedem meiner Atemzüge seinen unverkennbaren Geruch in mich auf.
Für diesen kurzen Augenblick war das Bild von dem toten Mädchen aus meinem Gedächtnis verschwunden. Ich konzentrierte mich nur auf Tilo und war nicht das erste Mal einfach nur dankbar dafür, ihn zu haben.

Vielleicht hatte er Recht und ich war auf irgendeine Art und Weise wirklich durch ihn in die Sache hineingerutscht. Aber ich wusste, dass ich alleine nie da rauskommen würde. Das könnte ich nur mit ihm zusammen.
Tilo schien es ähnlich zu gehen. Er brauchte mich genauso wie ich ihn.

Ob der Mörder das auch in seinen Plan miteinbezogen hatte? Oder rechnete er damit, dass Tilo und ich auseinanderbrachen?

Stand unsere Liebe wirklich auf dem Spiel eines Wahnsinnigen?

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