~𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 12

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Du rappelst dich auf.
Verdammt, was macht er denn hier? Dieser Tag war schon schlimm genug und jetzt hat dir Fünf auch noch dabei zugesehen, wie du eine zweite Bruchlandung hingelegt hast. Dabei ist Fünf genau die Person, die du jetzt von allen am wenigsten sehen willst.  Vor allem wenn er sich mal wieder so aufspielen muss. Du seufzt.

"Lass es einfach gut sein, okay? Du siehst doch, dass ich gerade keinen Nerv für deine blöden Kommentare habe, Fünf." 

"Hmm." Sein Grinsen verschwindet. Er steht da und mustert dich von oben bis unten.
"Lass dir mal aufhelfen."

Du verschränkst deine Arme. Wütend erwiderst du ein "Kann ich auch alleine" und brichst aber im nächsten Moment wieder zusammen. Ein stechender Schmerz durchzieht dein rechtes Bein. Du schreist auf. 

"Scheiße!" Du zischst und umklammerst dein rechtes Bein. Dein selbstgebastelter Verband ist schon längst in Blut getränkt und du würdest gerade nichts lieber tun, als das Bein einfach abzuhacken. Dann würden diese unaushaltbaren, grausamen Schmerzen wenigstens verschwinden -  oder auch nicht. Dicke Tränen fallen, du kannst es einfach nicht verhindern. Ausgerechnet vor Fünf. Du schämst dich. Du startest einen neuen Versuch aufzustehen, doch vergeblich. 

"Man y/n, jetzt halt doch mal still." Shwoooosh. Plötzlich befindet ihr euch beide im Baumhaus. Hier ist es viel gemütlicher und außerdem regnet es nicht rein. So viel macht das jetzt nicht aus, du bist sowieso bereits pitschnass und siehst aus, als hättest du ein Schlammbad genommen. 
Er setzt sich direkt neben dein verwundetes Bein und packt zugleich deine Hände. Du zuckst zusammen.
"Fass nicht drauf, das wird sonst noch schlimmer und entzündet sich."  Du schluckst und nickst langsam. Fünf wird schon wissen, was er da macht. Sanft setzt er deine Hände ab. Sein Griff war so warm und behutsam. Du merkst gar nicht, wie intensiv du ihn dabei angeschaut hast. Peinlich berührt schaust du weg. 

Er achtet gar nicht auf dich, sondern widmet sich nur dem blutroten Verband. "Mach mal das Bein hoch, geht das?" Du versuchst dein Bein zu heben, aber es will einfach nicht vom Boden wegkommen. Du schüttelst kurz den Kopf und schaust wieder auf den Boden. 

"Na gut." Sorgsam zieht er dein rechtes Bein auf seinen Schoß. Dabei streift sein Ärmel die Verletzung. Du schreist auf und wirfst deinen Kopf in den Nacken. "Verdammt nochmal Fünf, das tut weh!" Irritiert dreht er sich zu dir. "Tschuldige." 

Vorsichtig beginnt er, das Stück Stoff von deinem Bein zu wickeln. Dabei passt er besonders auf, dass er die Wunde nicht noch einmal direkt berührt. Schicht für Schicht packt er dein Bein aus. Du stützt dich mit deinen Armen ab und merkst, wie du so langsam Abdrücke von den Holzlatten bekommst. Du beschließt, dich mit deinem Oberkörper auf den hölzernen Boden zu legen. Viel besser so.

Fünf schaut besorgt auf. "Geht's so?" 
Du nickst dankbar. "Ja." 
"Gut."

Er widmet sich wieder deiner Verletzung. Konzentriert wickelt er nun die letzte Schicht ab. Zum Vorschein kommt die blutende Wunde. 

"Nur ein Streifschuss, keine Frage.", kommentiert Fünf. Du blickst erleichtert auf. 
"W-wirklich?"
"Ja. Trotzdem ist die Lage ernst, wir müssen die Blutung irgendwie stoppen."
Er betrachtet die offene Wunde genauer und greift zu seinem Flachmann - seinem kleinen, flachen Schnapsfläschchen, das er stets bei sich trägt.
"Das kann jetzt kurz brennen." Er übergießt die Wunde mit einer Flüssigkeit, begleitet von einem stechenden Geruch . Du verziehst schmerzvoll das Gesicht. Das brennt höllisch.
"Ist zum Desinfizieren.", gibt Fünf zu Verstehen und vergewissert sich, dass er auch ja nicht zu viel auskippt.

Die brennende Flüssigkeit vermischt sich mit deinem Blut und spült den restlichen Schmutz, der durch die wilde Verfolgungsjagd in die Wunde gekommen ist, aus. Der Boden färbt sich leicht rötlich. Du seufzt. "Wie soll ich denn so am Training teilnehmen? Schau dir das doch mal an."

"Ist nicht meine Schuld, dass du einfach abgehauen bist. Und jetzt halt still, ansonsten wirst du gleich an gar nichts mehr teilnehmen können, verstanden??"  Du nickst. Warum muss er immer so schnell die Geduld verlieren? Er ist so leicht aus der Fassung zu bringen, du brauchst nur eine falsche Bewegung zu machen und er eskaliert. Merkwürdig ist das nicht. Typisch Fünf.

Fünf schnappt sich kurzerhand seinen Schal und wickelt ihn sorgfältig um dein rechtes Bein. Es stellt sich heraus, dass er wohl schon Erfahrung hat. Er weiß genau was er tut - deshalb kannst du ihm vertrauen. Er hat bestimmt schon viel hinter sich. 
Du begutachtest den neuen Verband und blickst dann wieder auf. 

"Danke, Fünf."
"Kein Problem. Du solltest dich ein wenig hinlegen." Er steht auf und schließt die Baumhaustür, damit nicht noch mehr kalte Luft reinströmen kann.
"Gehen wir nicht zurück in die Akademie?"
Er blickt dich verständnislos an. "Ich weiß nicht ob du's schon bemerkt hast oder nicht, aber warst nicht DU diejenige, die entschieden hat, einfach abzuhauen? Ohne mir ein Wort zu sagen? Vater wird ausrasten. Wir können nicht einfach zurück"

Du rappelst dich auf. "Ach ja? Seit wann bin ich dazu verpflichtet, dir alles zu erzählen? Du bist nicht mein Vater! Und außerdem, was interessiert es dich? Dich geht das alles gar nichts an."
Fünf verstummt. "Wir sollten jetzt schlafen gehen." Er dreht sich um und schaltet seine Taschenlampe aus. 

𝐓𝐢𝐦𝐞 𝐢𝐬 𝐫𝐞𝐥𝐚𝐭𝐢𝐯𝐞 ⟜ Nummer Fünf FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt