31. Kapitel

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    Obwohl wir uns alle sicher fühlten, erwischte ich immer wieder welche dabei, die in Panik aus dem Fenster blickten, als könnte dort wieder ein schwarzes Meer an Hexen auf uns zukommen. Doch das war nicht der Fall. Draußen wanderte die Sonne immer höher, tauchte das Land in ein hell goldenes Licht, ließ Vögel zwitschern und fliegen, ließ Grillen zirpen und andere Tiere fröhlich umher wandern. Ein sanfter Wind fegte über das Land und ließ Gras wackeln und Blätter rascheln.
     Das Mittagessen verlief mehr oder weniger still. Howlan hatte es mit Wren gekocht und es war so köstlich, dass ich kaum genug davon bekommen konnte. Es war nur eine kleine Zwischenmahlzeit, die aber jeder nach den anstrengenden Tagen, in denen kaum Zeit fürs Essen geblieben war, brauchte. Cas schlug ebenfalls heftig zu. Die Stimmung sollte lockerer sein. Howlan bemühte sich jedenfalls die Stimmung mit lockeren Sprüchen oder Witzen aufzuheitern, scheiterte aber kläglich.
     Nur ein paar Leute lachten und lächelten. Andere starrten aus dem Fenster und trauerten denen nach, die wir verloren hatten. Es würde dauern, bis wir alle wieder zur Normalität fanden. Dabei dachte ich an mein Königreich. Momentan regierte es niemand. Unwillkürlich fragte ich mich, was die Leute dort wohl taten, aber darauf würde ich so schnell keine Antwort finden. Wenn ich ehrlich war, wollte ich die Burg auch nicht mehr verlassen. Das hier... es kam mir vor wie mein Zuhause. Hier fühlte ich mich wohl und geborgen. Auf der anderen Seite hatte ich eine Pflicht zu erfüllen. Die Pflicht, mein Volk zu führen. In eine Richtung, die alles verändern würde.
       Doch da es noch meine Mutter und meinen Vater gab, würde es dauern. Mein Vater konnte zwar nicht regieren, wenn er unter ihrem Bann stand, aber wenn man einen Weg finden würde... meine Gedanken schweiften ab. Cas nahm meine Hand, als würde er die Unruhe in mir spüren und drückte sie fest. Seit gestern benutzen wir keine Worte mehr, um uns zu beruhigen oder füreinander da zu sein. Wir brauchten es nicht. Im Gegenteil. Wir wussten beide, was die andere Person damit sagen wollte. Cas war für mich da und dafür war ich ihm mehr als dankbar.
      »Kann ich später mit meiner Mutter reden?«, fragte ich leise. Cas sah mich erstaunt an, runzelte die Stirn und Sorge flackerte in seinen Augen auf. Die Müdigkeit nagte noch an mir. Ich fühlte mich so müde wie seit Jahren nicht mehr und doch musste ich es hinter mich bringen. Diese Müdigkeit ruhte nicht von fehlendem Schlaf her. Meine Müdigkeit konnte kein Schlaf heilen. Es gab einfach Dinge, die ich klären musste. Am besten jetzt. Alle Blicke richteten sich auf mich. Hier galt meine Mutter wohl als eine Art Monster und ihr Name durfte anscheinend nicht fallen. Das war verständlich und doch war sie meine Mutter. Gut, vielleicht eher meine Erzeugerin, aber mit ihr zu reden war mir wichtig. Vielleicht würde ich scheitern, aber zumindest hätte ich mit ihr gesprochen. Denn das war mir wichtig.
      Ihr Tod war für mich keine Lösung. Nicht auf lange Sicht. Denn ihr Blut würde dann an meinen Händen kleben und es würde mich Jahrelang plagen. Jeden Tag. Jede Nacht. Jede Stunde. Jede Minute. Jede Sekunde. Schließlich war sie immer noch ein Teil von mir. Ohne sie gäbe es mich ja gar nicht. Ein Teil in mir wollte nicht loslassen und das hielt ich für das Beste. Ich wollte sie nicht aufgeben. Konnte sie nicht aufgeben. Im Kampf hatte ich nach Feros Tod kaum darauf geachtet, doch mir war klar geworden, dass ich ihren Tod nicht wollte. »Bist du sicher?«, fragte Cas leise nach, während die Sorge in seinen dunklen Augen wuchs. Ich drückte seine Hand.
      Er verstand und holte tief Luft. Dann drückte auch er meine Hand. Das Essen verlief stumm. Conall und Corvin musterten uns. Beide hatten Wunden an ihren Armen und Conall hatte eine Wunde an der Wange. Dass die Drachen aus Morrigan unter uns weilten, bemerkte ich erst, als wir aufstanden. Sie waren so still gewesen, dass ich sie nicht bemerkt hatte. Sie saßen alle in einer Ecke und wagten es nicht, ihre Blicke zu heben. Es erfüllte mich aber dennoch mit Freude, sie zu sehen und dass sie sich für das Richtige entschieden hatten. »Ich bringe dich hin aber ich werde nicht weit von deiner Seite weichen, wenn wir dort sind«, hauchte Cas und nahm mich bei der Hand und führte mich hinaus. Mein Blick glitt zu den Drachen aus Morrigan und ich schwor mir, später, wenn meine Gedanken wieder frei und meine Seele wieder atmen konnte, mit ihnen zu sprechen.
       Cas führte mich durch unzählige Gänge, bis wir eine Treppe nach unten erreichten, die mit Fackeln beleuchtet wurde. Unsere Schatten wurden an die Wand geworfen und unsere Schritte hallten laut in dem Treppengang wider, als wir nach unten liefen. Der Geruch von Moder, Staub und anderen Dingen stieg mir in die Nase. Dort unten waren die Kerker. Mein Herz sank mir in den Bauch und eine eisige Kälte erlangte den Besitzt über mein Inneres. Langsam kroch eine Gänsehaut über meinen Rücken und zog sich über meine Arme. Ich wusste, wer dort unten war. Wen ich dort unten sehen würde.
      Ehe ich etwas sagten konnte, löste Cas seine Hand aus meiner und schlang stattdessen seinen Arm um meine Hüfte und zog mich dicht an sich. Seine Nähe und seine Wärme, so wie sein vertrauter Geruch gaben mir das, was ich brauchte. Gaben mir die Ruhe, die ich benötigte. Die Gänsehaut verschwand als Cas Wärme auf mich überging. Sie verdrängte die Kälte in meinem Inneren und ließ ein Gefühl von Ruhe in mir zurück. Dennoch blieb mein wild klopfendes Herz zurück. Der Geruch von Staub wurde stärker, je weiter wir liefen und ich hörte das Atmen von Menschen, doch das Ende der Treppen war noch nicht in Sicht.
       Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Wenn Cas mir keinen Halt gegeben hätte, dann wäre ich vermutlich gestolpert. Doch so hatte ich einen Halt. Cas war mein Halt. Nicht nur in diesem Moment, wie ich feststellte. Cas gab mir Halt und Kraft. Er ergänzte mich in allen Dingen. Vorher war ein einzelnes Individuum gewesen. Kein schlechtes Individuum. Ein sehr gutes sogar. Doch er machte mich zu einem noch besseren. Wir ergänzten uns gegenseitig und das schien alles andere in den Hintergrund zu rücken. Es war schön, ihn an meiner Seite zu haben. Nach gefühlt tausend Stufen erreichten wir das Ende und somit den Kerker. Nur wenige Zellen waren gefüllt. Am Ende des mit Kerzen beleuchteten Ganges erkannte ich eine dicke Tür, die anscheinend in einen anderen Gang führte.
      In einer der Zellen saß meine Mutter. Ihr schwarzer Mantel über und über mit Blut, Dreck oder Staub befleckt, ihre Haare zerzaust, ihr Gesicht bleich und ihr Blick trüb. Als sie uns sah, stand sie ruckartig auf. In ihren Augen funkelte Zorn auf. Cas ließ mich widerwillig los, strich mir noch einmal stumm über den Kopf und sah mir tief in die Augen. In seinem Blick las ich die Worte: „Du schaffst das. Ich bin bei dir. Du hast ein Drachenherz. Das stärkste Herz von allen." Damit ließ er mich allein und lief die Treppe wieder nach oben. Er würde nicht weit weg sein. Er würde in Reichweite bleiben, wo er uns hören konnte. Da war ich mir sicher.
      Obwohl ich eigentlich Privatsphäre wollte, tröstete es mich zu wissen, dass er kommen würde, falls etwas passieren würde. Nicht, dass ich das glaubte, aber ich konnte es auch nicht wissen. Meine... Erzeugerin war unberechenbar. Niemand wusste, was sie als nächstes plante. »Kommst du auch mal endlich herunter, Covina?« Sie spuckten diesen Namen aus, als wäre er ein Fluch. Davon ließ ich mich nicht beirren. Moment war sie ein Hund, der bellte, aber nicht zubiss. Also lief ich, gespielt selbstsicher, obwohl in meinem Inneren ein Sturm tobte, auf sie zu. Vor dem Gitter blieb ich stehe. Sie Gitterstäbe waren nicht breit genug, dass sie ihre Hände hindurchstecken konnte.
      »Du hast mich verraten! Du hättest alles mit mir haben können. Nein, stattdessen rettest du Cas aus seinem Bann und dann geht er auf mich los und dann Damian, der mich auch verraten hat! Ihr seid nichts als Verräter!«, schrie sie so laut, dass meine Ohren dröhnten, obwohl mir das früher nicht passiert wäre. Mein Kopf begann zu pochen. Bessere Sinne zu haben, hatte einige Nachteile. Doch davon ließ mich nicht beirren. »Ich habe dich nicht verraten. Ich war nie auf deiner Seite. Ich hätte alles für ihn getan. Ich hätte alles für diese Drachen getan. Damian war so schlau, sich dir gegenüber zu verstellen, um schlussendlich zuzuschlagen.«
      Da fiel mir ein, dass ich ihn vorhin nicht gesehen hatte. Ich würde auch später mit ihm reden, wenn das hier hinter mir lag. Nur leider schien das noch lange nicht der Fall zu sein. Denn ich würde eine Entscheidung treffen müssen. Eine Entscheidung, wie es mit ihr weiter ging. Ewig konnten wir sie ja hier auch nicht einsperren. Irgendwann würde sie vielleicht einen Weg finden, auszubrechen. Auch, wenn Eisketten an ihren Handgelenken waren und sie am Hexen hinderten. Gewöhnliche Eisenketten schienen das nämlich nicht zu sein. »Ihr habt mich dennoch verraten! Ihr beide!«, fauchte sie wieder und funkelte mich wütend an.
       »Du hast uns verraten, Mutter. Du hast uns verraten. Du hast meinen Vater benutzt und mich dann auch noch für deinen Plan missbrauchen wollen. Du hast mich verraten! Ihn auch! Bitte sieh doch ein, dass Drachen mit uns leben können. Mit uns gemeinsam. Es muss keinen Stärksten geben, denn sie nutzen ihre Macht nicht aus. Nicht so, wie es tust. Sie verhalten sich neutral und wollen mit uns leben. Warum siehst du das nicht? Siehst du nicht, dass sie gütig sind? Du lebst noch. Vater lebt noch. Die Drachen aus Morrigan leben jetzt unter uns. Wir können eine Gemeinschaft sein, in der niemand gegen jemanden kämpft. Wir können zusammen einstehen, denn schlussendlich sind wir alle gleich. Niemand ist mehr wert oder weniger wert als der andere.«
      Bei meinem Versuch sie zu überzeugen lachte sie kalt auf. »In welchem Märchen lebst du, Covina? Es wird nie eine Gemeinschaft geben. Es wird immer jemanden geben, der dem anderen neidig ist. Es wird immer wieder Leute geben, die an die Macht der Drachen wollen. Sieh es doch ein. Selbst wenn ich nicht mehr bin, eines Tages, kommen andere und wollen die Drachen töten. So einfach ist das. Frieden wird es nie geben. Dafür ist Versuchung zu groß, an ihre Macht zu kommen.« Ihre Worte trafen mich, denn ein Teil in mir wusste, dass sie recht haben könnte. Ein Teil in mir wusste, dass sie vermutlich sogar recht hatte. Es würde immer wieder Leute geben, die von den anderen Kontinenten kommen würde, weil sie die Geschichten über de Herzen der Drachen hörten. Doch ich würde deswegen meine Hoffnung nicht aufgeben.
       »Du kannst ein Teil der Gemeinschaft sein, wenn du dich änderst. Wenn du deine Einstellung änderst. Sie sind bereit zu verzeihen, wenn du einsiehst, dass es falsch war.« Dabei ignorierte ich ihre Worte. Sie würde mich nicht auf ihre Seite locken. Denn ich wusste, wenn man mit den Menschen sprach, würden sie verstehen, dass Drachen mit uns leben wollten. In Frieden. Wenn man mit ihnen sprach würde ihnen vielleicht klar werden, dass man Drachen nicht töten sollte. Nicht jetzt und niemals sonst. Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte kein Teil eurer Gesellschaft sein. Niemals, Covina. Du wirst schon damit leben müssen, das ich so lange lebe, länger als dein Vater. Er wird vor mir sterben und immer in meinem Bann sein.«
       Ihre Worte trafen mich hart, zerstörten sie doch die Hoffnung, die ich für sie gehabt hatte. Ihr Tod kam mir aber noch immer nicht wie eine Hoffnung vor. Eher wie etwas, das ich niemals tun könnte. »Hast du ihn denn nie geliebt? Hast du nie ein Kribbeln im Bauch gespürt, als er dich noch ohne Bann angesehen hat? Hast du dich nie nach ihm gesehnt, obwohl er neben dir stand? Hast du nie das Bedürfnis gehabt ihn bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen? Hast du wirklich niemals etwas für ihn empfunden?« Das hier war mein letzter Versuch. Meine Mutter antwortete nicht, sondern starrte mich an.
       »Hast du nie so große Angst um ihn gehabt, wenn er bei einer Schlacht war, dass deine Kehle wie zugeschnürt war und dass die Angst deinen ganzen Körper gelähmt hat? War deine Liebe für ihn nie so groß, dass du nachts von ihm geträumt hast? Wenn er dich in die Arme geschlossen hat, hast du dann nie das Gefühl von Sicherheit, Ruhe und Frieden empfunden? Hast du dir nie seinen Geruch gemerkt, nur um jeden Geruch der Welt mit seinem zu vergleichen? Hast du nie in seine Augen geblickt und dich in ihnen verloren? Hast du nie das Gefühl gehabt, dass er in deine Seele sehen konnte und dich so liebte, wie du bist? Hast du dich nie dabei erwischt, wie du aus dem Fenster geschaut und selig gelächelt hast, weil du an ihn gedacht hast? War sein Lachen für dich nie die schönste Melodie überhaupt? Ha-«
      »Genug!«, schrie sie. In ihren Augen glomm Zorn auf. Ein wunder Punkt. Die Wunde war frisch und blutete. Ich musste nur noch mehr meine Finger hineindrücken. »Kannst du wirklich behaupten, dass seine Berührungen dich kalt ließen? Hast du nie gedacht, dass ein Platz neben ihm der beste Platz der Welt ist? Hast du nie gedacht, dass er dein Zuhause ist? Hast du nie diese wahrhaftige Liebe für ihn gespürt? Eine Liebe so stark, dass sie alles in der Welt überdauern kann. Hast du das wirklich nie gespürt? Hast du nie gespürt, wie sich dein Körper nach ihm verzerrt und fast schon wehtut, wenn er nicht bei dir ist? Hast du das nie gespürt?«
      Die Schmerzen in meinem Unterleib wurden stärker, was mir sagte, dass ich eigentlich ein Klo aufsuchen sollte, doch das hier war mir wichtiger. In den letzten zwei Tagen hatte ich immer geblutet, dann würde es darauf auch nicht mehr ankommen. Ihre Züge waren vor Zorn verzerrt, ihre Hände zu Fäusten geballt. Sie konnte mir sagen, was sie wollte, aber jeder verliebte sich in meinen Vater. Ich kannte ihn 19 Jahre, auch, wenn er ab einem bestimmten Zeitpunkt vielleicht unter einem Bann gestanden hatte. Doch als er sich noch dagegen gewehrt hatte, hatten seine wahren Züge hervorgeschaut.
       Er war ein sehr poetischer und friedvoller Mann. Er war ein guter Mann, der alles für die Personen tat, die er liebte. Er würde niemals aufhören jemanden zu lieben. Erst, wenn der Verrat so groß war, dass er es nicht mehr anders konnte. Er war ein Mann, in den man sich leicht verlieben konnte. Jedenfalls kam mir das so vor, wenn ich an wage Erinnerungen aus der Kindheit dachte. Ihre Reaktion zeigte, dass ich richtig lag. »Wenn du ihn liebst, dann tu ihm das nicht an. Wenn du ihn liebst, dann löse den Bann von ihm. Das hat er verdient. Und wenn er dich liebt, dann verzeiht er dir vermutlich sogar, wenn du dich änderst.«
      Sie wollte etwas sagen, doch ich wandte mich ab. Meine Beine zitterten bei jedem Schritt, während neue Hoffnung in mir entfacht wurde. Eine kleine Flamme, die schon kurz darauf hell zu lodern begann. Das war meine neue Hoffnung. Der Feuerdrache in mir rührte sich, kam aber nicht zum Vorschein. Er schlummerte weiter. Seine Anwesenheit war so normal für mich gewesen, dass ich ihn erst jetzt spürte. Nur durch seine kleine Regung in mir. Die Flamme der Hoffnung schien ihn geweckt zu haben. Meine Schritte trugen mich weiter. Jeder Schritt war schwer, zitterten meine Beine doch.
       Als ich aufsah, erkannte ich Cas, der elegant und mit so viel Autorität die Treppe hinunterschritt, um mir entgegen zu kommen, dass mein Herz einen Hüpfer machte und meine Beine drohten einzuknicken. Mir wurde bewusst, dass er alles gehört hatte. Mittlerweile wusste er sicher, dass ich aus tiefstem Herzen gesprochen hatte, weil ich wusste, wie sich das alles anfühlte. Eigentlich hatte ich ein schiefes Grinsen auf seinen Lippen erwartet, doch da war nur Liebe in seinem Blick. Liebe und Zuneigung. »Ca-«, setzte ich an, doch er zog mich an sich, ehe ich etwas sagen konnte.
      Er stand auf einer Stufe über mir, weswegen mein Kopf sich auf seinen Brustkorb bettete. Er hielt mich fest umschlungen. Sein Herz pochte wild gegen mein Ohr. »Mein Drachenherz«, hauchte er nur und ich wusste, dass seine Worte tiefgründiger waren, als man denken mochte. Mir wurde klar, dass dieser Name nicht nur ein Kosename für ihn war, den er mir gegeben hatte. Drachenherz. Das Herz eines Drachen, dass ihm die Kraft gab, länger zu leben. Das ihn langsamer altern ließ. Das Herz, dass sein Leben war. Seine Energie. Tränen stiegen in meine Augen und ich krallte mich an ihn.
        »Ich wünschte, ich könnte dich für immer hierbehalten«, murmelte er in mein Ohr. Sein warmer Atem kitzelte meine empfindliche Haut an meinem Hals. »Hier in meinen Armen.« Ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen. »Das kannst du. Denn ich will nirgendwo anders sein. Nur bei dir. Wo du bist, ist mein Zuhause.« Cas löste sich leicht von mir. Nur so weit, dass er mich noch an der Hüfte festhalten konnte. Seine Augen waren dunkle, sein Gesicht wurde nur von Fackeln erhellt. Und doch sah ich diese unausgesprochenen Worte in seinen Augen und die Gier, die er zurückhielt. Der Drache in ihm verlangte nach dem Seelenbund, doch er zügelte ihn.
      »Bist du sicher, dass du das immer willst? Für den Rest unseres längeren Lebens?« Seine Stimme war rau. Wie von selbst legte ich meine Hand an seine Wange und spürte die Bartstoppeln auf seiner Haut. »Mehr als sicher, Cas. Mehr als sicher.« Cas holte tief Luft und ich sah das Beben, dass durch seinen Körper ging. Es hatte damit angefangen, dass er einen Groll gegen mich gehabt hatte. Es kam mir vor, als wäre das Jahre her, nicht erst ein paar Tage. »Lass uns nach oben gehen. Es gibt jemanden, der mit dir sprechen möchte«, flüsterte er und zusammen liefen wir nach oben. Er hielt sich zurück. Ich wusste, warum. Der Drache in mir war gierig. Wenn ich ihn nicht schon lieben würde, dann hätte ich mich in diesem Moment in ihn verliebt. Er wollte warten. Er wollte, dass alles in Ordnung war, bevor wir es taten und das war in Ordnung. Wir hatten Zeit. Alle Zeit der Welt.

Dragon Heart ✔Where stories live. Discover now