2. Kapitel

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     Die Stille schien plötzlich unerträglich laut. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich spürte, wie mein Herz krampfte und wie eisige Kälte durch meinen Körper rannte. Immer schneller. Ich fühlte, wie alles in mir zu Eis erstarrte. Die Worte meines Vaters hallten in meinen Ohren wie ein lauter Donnergroll wider. Immer wieder hörte ich sie. Ich hörte sie und doch verstand ich sie nicht. Ich verstand nicht, was er damit sagen wollte. Na und? Sie flogen über den Bergen hin und her. Sie taten nichts.
       Flogen nur umher und das war schon ein Zeichen dafür, dass sie angriffen? Er war es, der nun zuerst angreifen wollte. Dabei war ich mir sicher, dass einige Legionen bereits vor zwei Wochen an die Grenzen marschiert waren, um deinen Drachen zu finden, wie sie gesagt hatten. Ein Gespräch, das ich nur zufällig gehört hatte. Wie konnten sie also meinen, die Drachen flogen ohne Grund über den Bergen? Sie beobachteten die Legion, die dorthin aufgebrochen war und jetzt verdrehte mein Vater die Tatsachen?
       Wut pulsierte durch mein Blut und vertrieb die erste Starre aus mir heraus. Die anfängliche Starre und Kälte in mir wich einer unerklärlichen Hitze, die ich seit meinem siebten Lebensjahr bei aufkochender Wut spürte. Diese Hitze floss durch meine Adern und vertrieb die Kälte aus meinem Blut, aus meinem Körper, aus jeder Zelle. Zurück blieb diese Hitze. Meine Mutter war auch schon immer hitzig gewesen, wenn es um Wut ging. Wenn sie wütend war, war sie nicht mehr zuhalten. Da pfiff sie auf ihren Titel und schmiss mit Beleidigungen und wütenden Ausdrücken um sich.
       Mir lagen einige davon nun auf der Zunge, doch ich hielt sie zurück, bis ich das Gefühl hatte, sie würden meine Zunge verätzen. Doch hier eine Szene zu machen, würde keinen Sinn ergeben. Niemand würde mir glauben, alle würden sich gegen mich stellen und mein Vater würde mich zum Schweigen bringen, da es ja so viel leichter war, die Drachen als Monster anzusehen. Dabei waren wir doch die Monster. Die Monster, die sie vertrieben hatten. Die Monster, die sie getötet hatten. Ja, die Drachen hatten mehr Land als wir, aber nur, weil sie die Hilfe von Hexen bekommen hatten.
       Eigentlich hatte mein Vater diesen Packt bis jetzt eingehalten. Diesen Packt, sich darüber zu freuen, dass wir so in Frieden leben konnten. Der Packt, der ihm verbat, so über die Drachen zu reden. Momentan konnte ich nicht glauben, dass er... dass er tatsächlich glaubte, die Drachen wäre so böse. Ein Teil in mir begriff einfach nicht, wie er so denken konnte. Wie er so sein konnte. Wie er... wie er einfach so tun konnte, als sei das in Ordnung. Wie die Leute hier zusammen konnten.
       Wie einer von ihnen schrie, dass wir sie fertigmachen sollten, bevor sie uns zu Asche und Staub werden ließen. Als würden sie das tun. All die Jahre hatten sie nicht angegriffen und sie würden es nicht schon wieder riskieren. Unbändige Wut pulsierte durch meine Adern. Mit Zwang hielt sich sie zurück. Versuchte sie zu zügeln. Meine Mutter nahm meine Hand, ein trauriger Ausdruck huschte durch ihre grünen Augen und über ihre liebevollen, weichen Züge ihres Gesichts. Ihre Augen verloren an Glanz und wurden trüb.
       Sie war es gewesen, die mir Märchen von Drachen erzählt hatte. Sie war es gewesen, die mir die Geschichte erzählt hatte, warum die Drachen uns ausgesperrt hatten. Sie war es gewesen, die mir einst einen Holzdrachen geschnitzt hatte, den ich in einer Schublade in meinem Zimmer versteckt hatte. Sie war es gewesen, die mich Drachenherz genannt hatte. Schon als ich ein Baby gewesen war. Weil sie meinte, ich hätte das kämpferische Herz eines Drachen.
       In Gegenwart meines Vaters nannte sie mich nicht so. Wenn wir allein waren, dann nannte sie mich so. Ihr Drachenherz. Drachenherzen sollen rein und voller Energie sein. Sie sollten stark sein und kräftig pochen. Drachenherzen sollen wie Kämpferherzen sein. So heißt es in den Legenden. Stark und bezähmbar. Deswegen hat sich kein einziger Drache gebeugt, als wir sie überfallen haben. Sie starben lieber und kämpften bis zum bitteren Ende, als die Energie ihrer Herzen den Menschen zu geben.
       Denn wenn sie die Energie gaben, starben sie. Sie waren bereit dazu gewesen, Kranke zu heilen. Das erzählte man sich, doch sie waren nicht bereit gewesen, es machtkranken Leuten zu geben. Sie starben lieber vorher und machten ihre Herzen somit unbrauchbar, bevor sie es diesen Menschen gaben. Noch immer versuchte ich die aufkochende Wut zu unterdrücken.
Die Musik setzte wieder ein, es wurde getanzt, als wäre nichts gewesen. Gelacht, als hätte mein Vater nicht gesagt, dass sie die Drachen töten wollten. Sie feierten, was das Zeug hielt. Feierten, als gäbe es kein Morgen mehr. Es kam mir so vor, als würden sie den Tod der Drachen feiern. Ihr Ausstreben. Denn das würde passieren. Doch nicht, wenn ich es zu verhindern wusste. Da war ein Kloß in meinem Hals, als Damian auf mich zutrat. Die Wut kochte noch immer in meinem Blut und ich hatte das Gefühl, schreien zu müssen.
       Bevor Damian mich erreichen und fragen konnte, ob ich mit ihm tanzen wollte, entschuldigte ich mich und tauchte in der tanzenden Menge unter. Der Geruch von billigem Parfüm übertrumpfte hier den Geruch von Wachs und Schweiß. Übelkeit stieg in mir auf, als sich der Geschmack des Parfüms auf meine Zunge legte. Eilig kämpfte ich mich durch die Menge, auf den Balkon zu. Die Tanzenden waren so in ihrem Element, dass sie nicht bemerken, wen sie da mit Ellenbogen anstießen, oder mit den Rücken gegen die Person stießen.
       Das kümmerte mich auch nicht. Schon immer wollte ich keine Sonderbehandlung. Ich war Covina Dalbrock. Eine Kronprinzessin, aber das war nicht weiter wichtig. Hier in dieser Menge war ich auch nur ein Mädchen. Ein schönes Mädchen in einem Kleid. Mehr nicht. Denn ich wollte gar nicht mehr sein. Ich wollte nur Vina sein. Nur Faya nannte mich Vina, weil ich sie darüber gebeten hatte. Mein Vater nannte mich Covina. Doch so wollte ich nicht heißen. Überhaupt nicht. Dieser Name... er erinnerte mich nur daran, was ich von Geburt an war.
       Eine Last, die ich, wenn ich tauschen könnte, niemals haben wollen würde. Kronprinzessin, obwohl alle einen Jungen hatten haben wollen. Mein Vater hatte versucht noch ein Kind zu zeugen, Mutter aber hatte sich von jemanden einen Trank geben lassen. Heimlich. So, dass sie keine Kinder mehr bekommen konnte. Da es bei uns verboten war, mit einer unehelichen Frau Kinder zu zeugen und mein Vater meiner Mutter liebte, hatten die Lords im Rat akzeptiert, dass ich die Thronerbin werden würde.
       Wenn auch widerwillig. Doch sie hatten zugestimmt. Nach langem Hin und Her. Mir wurde übel, als ich nur daran dachte. Argumente über Argumente hatten sie dafür gefunden, dass ich nicht auf den Thron konnte. Im Nachhinein wäre es mir lieber gewesen, meine Mutter hätte einen Jungen gezeugt, neben mir. Mir wäre es lieber gewesen, dass sie sich nicht die Fruchtbarkeit genommen hätte. Doch ändern konnte ich das nicht mehr.
       Sie hatte zu mir gesagt: »Mein Drachenherz, es ist wichtig, dass diese alten Lords endlich verstehen, dass auch Frauen regieren können. Ich bin sicher, du wirst den richtigen Gefährten für den Thron finden, der dir Entscheidungen überlässt und der mit dir regiert, nicht ohne dich.« Sie träumte von diesem Ideal. Von dem Ideal, dass Frauen auch auf dem Thron sitzen durften. Das hatte sie mir ermöglicht. Ein Teil in mir wollte diese Bürde aber nicht.
       Viel lieber würde ich durch die Gegend reiten, mit Pfeil und Bogen in der Hand und dem Schwert an der Hüfte. Viel lieber würde ich an Kämpfen teilnehmen und mein Können unter Beweis stellen. All das würde ich gerne tun. Doch ich wusste, dass es bis dahin ein langer, langer Weg war. Die Menge teilte sich zum Glück und ich roch mal etwas anderes als billiges Parfüm. Erleichtert trat ich die letzten Schritte auf den Balkon zu, öffnete die Türen und schlüpfte hinaus in die kühle Nachtluft.
       Der Geruch von Wald, frischem Gras und dem Ozean wehte mit einer frischen Brise heran und füllte meine Lungen. Das Meer glitzerte im silbrigen Licht des Mondes. Die andere Seite des Schlosses. Auf der einen Seite konnte man Berge sehen, auf dieser Seite das Meer. Schaumkronen tanzten über das Meer und funkelten im Licht der Nacht. Ohne sie sehen zu können wusste ich, dass nächste Schiffe von den nördlichen Kontinenten hierher auf den Weg waren. Obwohl wir ein kleines Reich waren, wollten sie selbst die Macht der Barriere der Drachen spüren.
       Sie wollten mit uns verhandeln, Verträge und Bündnisse abschließen und so weiter. Dabei hatten wir nicht viel zu bieten. Wir hatten viele Kühe, Rinder und wir hatten viele Felder, um die sich die Bauern kümmerten. Wir hatten einen Fluss, aber keinen See. Wir hatten etwas Wald, aber nicht viel Wild. Die Drachen und die Magie der Hexen sorgte dafür, dass wir genug zum Leben hatten, aber nicht im Übermaß. Vielleicht war das ganz gut so. Denn sonst würden die Knöpfe an den Hemden der Lords auf jeden Fall wegspringen. Diese Gedanken sorgten dafür, dass ein Lachen in meiner Kehle aufstieg, aber nicht hinauskam.
       Das hier war nicht zum Lachen. Diese Lage. Sie war nicht zum Lachen. Mein Vater... mein Vater wollte die Drachen ohne Grund angreifen. Er verdrehte die Tatsachen. Die Drachen reagierten nur auf die Ritter an der Grenze, die sich mit ihrem Spott über die toten Drachen dort sicher nicht zurückhielten. Gedankenverloren blickte ich zum glitzernden Ozean, der sich bis in die unendlichen Weiten zu erstrecken schien. Immer und immer weiter. Genießerisch schloss ich für einen Moment die Augen und erlaubte der salzigen Meeresluft, meine Lungen zu füllen.
Instinktiv wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich würde nicht hier stehen und feiern. Ich würde nicht hier im Schloss bleiben, nur um mitanzusehen, wie die Drachen wie Steine vom Himmel fielen. Ich würde nicht hierbleiben. Allerdings wusste ich, dass meine Chancen, über die Grenze zu kommen, nicht gerade hoch waren. In den Bergen lag noch Schnee. Ich war nicht besonders begabt im Klettern. Eis würde den Weg schwieriger machen. Sehr viel schwieriger. Auf der anderen Seite sollte und konnte mich das nicht wirklich aufhalten. Jemand musste schließlich etwas tun.
      Jemand musste ihnen sagen, dass diese Ritter nur der Anfang waren und das sie vorhatten, sie zu töten. Einen nach dem anderen. Übelkeit stieg abermals in mir auf, als ich sie alle sterben sah. Einen Drachen nach dem anderen. Mein Herz krampfte sich zusammen und die Wut brodelte weiterhin in mir. Ich öffnete meine Augen und sah zum Sternenhimmel empor, als könnte ich dort eine Antwort finden. Jemand musste sie warnen. Musste ihnen sagen, was Sache war.
      Es war gefährlich. Sehr gefährlich. Niemand konnte mir sagen, dass die Drachen mir glauben würden. Niemand konnte mir versichern, dass es etwas bringen würde, dass es etwas helfen würde. Das konnte niemand. Das musste auch niemand. Denn ich würde dennoch gehen. Dieser Entschluss stand für mich fest. Ich würde gehen. Koste es, was es wolle. Ich würde gehen und niemand, wirklich niemand konnte mich davon abhalten.
        Jemand musste etwas tun und wenn alle hier zu blöd waren, etwas zu tun, dass musste ich das eben machen. Meine Mutter würde sicher alles versuchen, meinen Vater umzustimmen. Ich hatte es an ihrem überraschten Gesicht gesehen, dass er sie nicht in den Plan miteinbezogen hatte. Wie so oft. Mein Vater verheimlichte viele Dinge vor ihr, weil er genau weiß, dass sie ihn davon abbringen würde. Dass sie ihm sagen würde, wie sehr er sich irrte und was er wirklich tun sollte.
       In dieser Hinsicht ließ er sich dann aber doch eher von den alten Lords beraten. Frustriert seufzte ich und fuhr mir durch die blonden Haare. Als mich die Nadeln darin stachen, verfluchte ich mich für diese Angewohnheit und erinnerte mich daran, dass meine Haare ja kunstvoll von Faya nach oben gesteckt worden waren. Ich liebte es, mir durch die Haare zu fahren, wenn ich frustriert war. Jetzt rieb ich mir über meine Handfläche, die die Nadeln in meinem Haar geküsst hatte. Nadeln, die ich so selten in meine Haare steckte, dass sie fast wie Fremdkörper wirkten.
       Nachdenklich blickte ich auf das Meer hinaus. Der Weg würde mit einem Pferd vielleicht die ganze Nacht dauern. Vielleicht sogar länger. Am Fuße des Berges würde ich dann absteigen müssen und auf den Berg steigen müssen. Der Aufstieß würde lange dauern. Das wusste ich. Dennoch war ich gewillt, es zu wagen. Für die Drachen. Es war nicht richtig, sie zu töten, wenn sie uns doch gar nichts taten. In all den Jahren hatten sie uns nichts getan. Gar nichts. In meinem Kopf formte sich ein Plan.
       Immer mehr und immer mehr. Ich sah mich schon mit einem dicken Mantel und meiner Lederkluft durch die Nacht reiten, mit einem Schwert an der Hüfte und einem Köcher auf dem Rücken. Die Frage war nur, ob es etwas nutzen würde. Die anderen... sie konnte mich einholen. Mein Verschwinden würde man am Ball bemerken. Also musste ich noch ein paar Stunden ausharren, bevor ich mich verabschieden konnte.
      »Deine Mutter macht deinem Vater ganz schön die Hölle heiß. Sie schert sich echt nicht darum, dass die anderen alle bei diesem Streit zuhören«, erklang Fayas Stimme hinter mir. Ich wirbelte herum und sah meine Zofe in einem schlichten schwarzen Kleid in der Flügeltür stehen, ein kleines Lächeln auf den Lippen. »Das glaube ich auch. Er hat es mal wieder zu weit getrieben. Ich frage mich nur, wie sie ihn hatte heiraten können.«
       Bei dieser Bemerkung versuchte Faya nicht zu grinsen. Doch es gelang ihr nicht. Jedenfalls nicht wirklich. Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig und es schien ihr gar unmöglich, dass Grinsen ganz zurückzuhalten. Ein Grinsen, dass man selten auf ihren spröden Lippen sah. Ein Lächeln, dass selten ihr abgemagertes Gesicht erhellte. Faya lebte in einer einfachen Hütte, unten in der Stadt. Wenn es mich nicht gäbe, bekäme sie kaum etwas zu Essen. Sie war viel zu lange wach, arbeitete viel zu lange und nahm sich selten die Zeit, etwas zu Essen.
       Ihre von Schwielen besetzten Hände waren an ihre schmale Hüfte gepresst. Die Schwielen von harter Arbeit am Hofe. Wenn sie nicht mir diente, musste sie den Boden im Ballsaal schrubben, Teller waschen oder gar Kamine säubern. Dabei fand sie selten die Zeit zu Essen, was mich störte. Sehr störte. Doch obwohl ich sie immer wieder an das Essen erinnerte, schaffte sie es, wenig zu Essen. Es schien sie gar nicht mal zu stören, dass sie fast nur noch ein Skelett war. Na ja, so schlimm war es noch nicht.
      Jedenfalls nicht wirklich. »Ja, das Temperament habe ich eindeutig von meiner Mutter«, meinte ich dann, was das Grinsen nun ganz auf ihre Lippen zauberte. Sie trat näher. »Das Funkeln in deinen ozeanblauen Augen verrät mir, dass du etwas planst.« Ein kleines Lachen meinerseits. »Das täuscht. Das Licht der Fackeln am Balkon erhellte die grünen und goldenen Sprenkel in meinen Augen.« Diese Lüge musste sein. Denn Faya würde mich aufhalten. Mir sagen, dass das hier purer Wahnsinn war. Vielleicht hatte sie recht. Vielleicht war es Wahnsinn allein loszugehen, um die Drachen zu warnen.
       Ich wusste es. Und doch... doch scherte ich mich nicht darum. Nicht wirklich jedenfalls. Denn ich konnte etwas verändern, wenn ich nur wollte. Meine Absichten gegenüber den Drachen waren rein. Ich wollte ihnen nichts Böses. Noch nie hatte es jemand durch den Wall geschafft, doch ich war der Annahme, dass ich es schaffen würde. Dass ich hindurchtreten konnte, ohne zu sterben. War das töricht? Auf jeden Fall. War es dumm? Total. War es naiv? Ein kleines Bisschen. Würde das mein Tod sein? Vielleicht. Doch ich störte mich daran nicht.
      Im Gegenteil. All diese Gründe würden mich nicht abhalten können. Die kühle Brise strich über meine erhitze Haut, konnte aber die wallende Wut in mir nicht besänftigen. Im Gegenteil. Meine Wut schlug bittere und heiße Wellen in meinem Blut. Immer und immer wieder. So sehr, dass ich das Blut in meinen Ohren rauschen hören konnte. »Dieser Damian... ist er wirklich so schlimm?«, hakte Faya nach und trat zu mir an den Rand des Balkons und stützte ihre Arme, so wie ich, auf dem kühlen Stein ab.
       Mit hochgezogenen Brauen sah ich sie an, da ich es nicht schaffte, nur eine Braue nach oben zu ziehen. »Was soll denn das heißen? Hast du nicht mitbekommen, wie er ist?«, hakte ich nach. Faya zuckte mit den Schultern. »Er ist der Captain der Garde. So schlimm kann er ja nicht sein, oder?« Nun runzelte ich voller Sorge die Stirn. Damian war gut darin, Frauen um den Finger zu wickeln. Besonders bei Dienerinnen. Faya war... Faya war naiv, was Männer betraf. Nicht, dass ich ihr das sagen musste. Sie wusste es selbst. Sie träumte von ihrem Traummann in schimmernder Rüstung, während ich wusste, dass die meisten am Hofe hier sie nur ausnutzen, um eine schnelle Nummer zu haben. »Faya... Damian ist ganz sicher kein Engel.«
       Bei meinen Worten schien sie zusammenzuzucken, doch ich gab ihr keine Möglichkeit mir zu widersprechen. »Der Captain der Garde hatte schon mehr Frauen als ich an beiden Händen Finger und an beiden Füßen Zehen habe. Ein paar davon sogar auf einmal. Während er es aber mit anderen treibt, möchte er mir schöne Augen machen, lässt aber keinen Moment aus, mit anderen zu flirten. Also ja, er ist schlimm. Vielleicht der schlimmste von allen. Also komm mir bitte nicht so. Und bitte tu mir den Gefallen und lass dich nicht auf so einen Wicht ein.«
       Sie saugte ihre Unterlippe in ihren Mund und schien darauf herumzukauen, wie sie es immer tat. Unsicher sah sie mich an. In ihren braunen Augen glomm die Hoffnung. Eine Hoffnung, die ich nicht verstehen konnte, nachdem, was ich ihr über ihn erzählt hatte. »Vielleicht sucht er nur die Richtige.« Ein sprödes und kaltes Lachen kam bei ihren Worten über meine Lippen geschlüpft. »Ja, die Richtige für eine Nacht. Mehr auch nicht. Das ist alles, was er will, Faya. Bitte tu dir selbst den Gefallen und halte dich von ihm fern. Er benutzt dich nur, um an mich ranzukommen.«
        Meine letzten Worte waren vielleicht verletzend, aber ich wusste, dass es so war. Ich kannte jeden seiner Tricks. Lange genug hatte ich mir Zeit genommen, ihn dabei zu beobachten, wenn er dachte, ich sah nicht zu. Denn so erkannte man den wahren Charakter von Menschen. Sobald er gedacht hatte, ich sei weg und gemerkt hatte, dass ich nicht nachgeben würde, hatte er sich an Zofen herangemacht, die ab und an bei mir dienten. Zwei Tage später hatten diese versucht mir von ihm vorzuschwärmen.
       Sein Spiel war mir bereits bekannt. »Und wenn... wenn es diesmal anders ist?«, hakte Faya leise nach. Frustration sammelte sich mit der zusätzlichen Wut in mir. »Das glaube ich nicht. Glaube du es bitte auch nicht.«
      Seufzend nickte sie. Nach einer Weile gesellten wir uns wieder zu den anderen. Noch ein paar Stunden, sagte ich mir, um diesen Lärm und diese fröhliche Menge zu ertragen. Noch ein paar Stunden.

Dragon Heart ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt