Langsamer Wahnsinn

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Während Alex erst einmal aufs Klo stürmt, besieht sich Alucard das kleine Häuschen. Es gibt zwei Stockwerke. Unten sind ein Wohnzimmer, ein Esszimmer, eine kleine Küche und eine Toilette. Oben gibt es ein großes Badezimmer mit einer Waschmaschine und einem Trockner, einer Toilette, einer Dusche und einer Badewanne. Drei Schlafzimmer. Somit könnte jeder alleine schlafen, wenn man will. Man hat seine Ruhe. Alucard nimmt für sich das Zimmer, welches am weitesten vom Bad entfernt ist. Er kehrt wieder zurück und sieht sich alles noch ein wenig genauer an. Nichts, was auf Kameras hindeuten würde. Keine Mikrofone. Das ist doch mal was. "Hey, Pater." Alucard dreht sich zu dem Geistlichen, der sich langsam aber sicher ein wenig beruhigt hat. "Ihr seht scheiße aus." Anderson schnaubt nur, lehnt sich dann aber wieder nach hinten und legt den Kopf in den Nacken. Er weiß zumindest, dass sie bei einer Flucht ziemlich schnell mit Alex wegkommen.

Der Pater sieht an die Decke. Das wird wirklich interessant. Nicht nur die Mission, sondern auch die Zusammenarbeit. Die Koordination mit Alexandra. Er will sie eigentlich nicht in Gefahr wissen. Auch deswegen nicht, weil dann herauskommen könnte, dass SIE der Mensch ist, den er vor der Kirche hat verheimlichen wollen. Anderson kennt Renaldo gut genug um zu wissen, dass dieser eins und eins zusammenzählen kann. Eine unbekannte Frau ist mit dem Vampir und ihm auf einer Mission? Auffällig. Sehr auffällig. Deswegen wollte er sie nicht dabei haben! Doch die Lady hat recht. Sie sind ein Team. Ob sie wollen oder nicht. Seit wann verbringt er sonst freiwillig so viel Zeit mit dem Blutsauger, ohne ihn umbringen zu wollen? Sie haben sogar für Alexandra zusammengearbeitet als es hieß, die Information von Pip heraus zu holen. Sie haben sich beide Sorgen um sie gemacht. Ob er will, oder nicht. Sie ist ein Teil des Teams. Ein unabdingbarer Teil.

Langsam dreht Alucard seinen Kopf in Richtung Küche, welche mit einer Tür mit dem Gang verbunden ist. Dadurch ist Alexandra wahrscheinlich reingekommen. "Will jemand was trinken?", fragt diese und streckt ihren Kopf aus der Küchentür. Doch jeder lehnt ab und sie kommt durch das anschließende Esszimmer zu den beiden in das große Wohnzimmer. Die Eckcouch geht über zwei Ecken und bietet genügend Platz. Ein Röhrenfernseher steht auf einem Schrank drauf, sodass man auch fernsehen könnte, wenn man will. "Also gut. Ich pack alles zusammen und dann gehts los. Oder will noch jemand ne längere Pause?" Der Pater hätte gern eine von ihrem Fahrstil! Aber das wird wohl nichts. "Lass dir ruhig Zeit!", ruft er ihr nach, als sie mit der Tasche, die sie vorher einfach nur auf den Boden geschmissen hat, nach oben geht. "Ihr kämpft mit mir und habt Probleme mit ihrem Fahrstil?" Auf diese Frage geht der Geistliche nicht ein.

Ein paar Minuten später kommt Alex wieder runter und klimpert mit den Schlüsseln. "Hopp!" Dank eines Gürtels halten die Pistolen an ihren Hüften. Die Messer sind an ihren Oberschenkeln befestigt. Sieht ziemlich lässig mit einer Jogginghose aus, das muss sie zugeben. Die Jacke hat sie ausgezogen. Die braucht sie sicherlich nicht. Ein paar Ersatzkugeln hat sie sich ebenfalls an den Pistolengürtel gepackt. Die Gnadenfrist für den Pater ist abgelaufen und Alucard ist höchst amüsiert darüber, wie dieser auf das Fahren reagiert. All das, was nun zusammenkommt, ist für ihn mehr als nur die beste Unterhaltungsshow, die er je gesehen hat. Außerdem kann er sich mal wieder so richtig abreagieren. Etwas, was er vielleicht gebraucht hat. Ein wenig Frust hat sich dann doch angesammelt. Vor allem von gestern. Plus das mit den Milchshakes. Eine gute Überraschung, die auch gemundet hat! Aber der Fakt, dass er sie nicht erreichen konnte, hat ihn dann doch so ein wenig gereizt.

Diesmal fährt Alex wenigstens human. Normal, wenn man es so sagen kann. Einhändig, aber so kann sie es am besten und es ist am gemütlichsten. Die linke Hand am Lenkrad, die rechte auf ihrem rechten Oberschenkel. So, wie sie sonst auch immer fährt. Das Navi leitet sie dort hin, wo sie hinmüssen. Es ist nur eine Stunde fahrt. Ohne Autobahn. Mehr Landstraßen und nicht in die Bereiche, in denen sie sich selbst auskennen würde. Der Pater kann sich ein wenig entspannen und sieht aus dem Fenster. Sehr viel Landwirtschaft. Bestellte Felder. Traktoren. Weiden mit Kühen, Schafen oder Pferde. Friedliches Landleben. Mal sehen, ob er dieses Landleben zerstören muss, um die Vampir-Pandemie aufzuhalten, die sich scheinbar ausbreitet. Hätte er jemals gedacht, dass das nach der Insel passieren würde? Sicherlich nicht. Aber was dem Herren nicht alles einfällt, um sie auf die verwegensten Pfade zu bringen.

"Wenn du noch langsamer fährst und nicht bald abbiegst schwöre ich dir, dass ich diesen Wagen damit SCHROTTEN werde, wenn ich dir auf den ARSCH fahre du kleiner HURENSOHN!" Fluchen steht bei ihr auf der Tagesordnung, wenn es um das Autofahren geht. Seit 10 Minuten fahren sie hinter einem Traktor her, der nicht schneller als 15 Km/H fährt. "Alex... beruhige dich doch! Ich weiß, dass du das nicht gewöhnt bist, auf dem Land zu fahren, aber-" "Ich bin selbst Traktor gefahren!", zischt sie sauer und schnaubt. "Aber ich habe wenigstens die Autos vorbei gelassen, wenn sie schon eine halbe Ewigkeit hinter mir hergefahren sind!" Der Pater seufzt und streckt seine Hand von hinten nach vorn. "Hier. Nimm sie und drück sie meinetwegen. Aber fluch nicht mehr so viel!" Die braunen Augen sehen ihn aus dem Rückspiegel an. Gehen dann auf seine Hand. Grummelnd legt sie ihre Hand in seine und drückt sofort zu. Was Anderson aber nur mit einem beruhigenden Streichen über ihren Handrücken kommentiert.

Tatsache brummt sie nur vor sich hin, flucht aber nicht mehr. Entspannt sich ein wenig. Alucard beobachtet sie aus dem Augenwinkel. Wer hätte gedacht, dass Händchenhalten den kleinen Teufel stumm schaltet? Als der Traktor endlich abbiegt, beschleunigt Alex wieder, lässt den Pater aber nicht los. Es ist angenehm. Wirklich beruhigend! Sie folgt dem Navi weiterhin. Alucard gleicht die virtuelle Karte mit seiner eigenen Sicht immer wieder ab und wird aufmerksam, als er das Gebäude erkennt, welches dann wohl jenes sein soll, um welches es sich für ihre Mission handelt. "Stell den Wagen irgendwo ab, wo es nicht auffällig ist.", meint er und Alex nickt. Sie versteht seinen Gedankengang und biegt an einem Waldstück rechts ab. Muss dafür aber den Pater leider los lassen. Ihre Hand wird kalt, was sie überhaupt nicht mag. Vorsichtig fährt sie den Wagen weiter hinein und dreht gleich um, sodass sie sofort fliehen könnten, sollte es Probleme geben. "Also dann. Los geht's!"

Die Insel der DimensionenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon