Kapitel 43 - Amanda

1.1K 101 10
                                    

Es ist auch schön, dich zu sehen", sagte Victoria und runzelte die Stirn. Würde sie sprechen können, hätte ihre Stimme bestimmt einen spöttischen Unterton angenommen. Dann sah sie von mir zu Caiden. Dieser drehte sich um und traf auf Victorias Blick. „Oh, hallo." Er wirkte verwirrt und ein wenig peinlich berührt. Mir ging es nicht viel anders. Ich weiß nicht, wann oder ob Victoria jemals unangekündigt neben mir stand, während ich mit einem Mann zusammen gewesen bin. Das war eine neue Erfahrung. Da sie so selten das Haus verließ und ich normalerweise von niemandem nach Hause gebracht wurde, hatte es dieses Szenario noch nie gegeben. Andererseits war ich Mitte zwanzig und kein Teenager mehr. Irgendwann musste man doch dieses Erröten loswerden, oder nicht?

Victoria nickte Caiden kurz zu und sah wieder zu mir. Ihre langen rotbraunen Haare hatte sie wie gewohnt zu einem Zopf zusammengebunden, sodass ihr schmales Gesicht gut zur Geltung kam, als sie fragend den Kopf leicht schief legte. Dann erwachte ich aus meiner Starre.

Victoria, das ist Caiden O'Neill, Rogers Nachfolger bei TiWo. Caiden, das ist meine beste Freundin und Mitbewohnerin Victoria", stellte ich die beiden vor, wobei ich sprach und zeitgleich die Gebärdensprache nutze. Auf Caidens Gesicht zeichnete sich sofort Verständnis ab, und so wechselte auch er kurzerhand in die Zeichensprache.

Hallo. Es freut mich, dich kennenzulernen. Amanda hat schon einiges über sich erzählt."

Victoria blinzelte ein paarmal hinter ihren Brillengläsern, sah zwischen Caiden und mir hin und her und stellte dann die beiden Einkaufstüten links und rechts neben sich auf den Boden. „Das finde ich jetzt etwas verwirrend, aber Amanda hatte sicherlich ihre Gründe." Sie runzelte weiterhin die Stirn, was ich nur zu gut verstehen konnte. Wir beide hatten erst vor kurzem über Aden gesprochen und nun küsste ich einen scheinbar anderen Mann vor unserer Haustür. Außerdem gab es für mich aus ihrer Sicht keinen Grund, Caiden von ihr zu erzählen.

Nicht nur ich bemerkte, das Victoria zwar höflich aber sehr reserviert Caiden gegenübertrat. Caiden warf mir einen fragenden Blick zu, ehe er sich wieder auf Victoria konzentrierte, bloß um dann wieder mich anzusehen. Da ich ihm seine Ratlosigkeit ansah, holte ich uns alle aus der unangenehmen Situation und beschloss Caiden für heute nach Hause zu schicken.

Danke fürs nach Hause bringen. Ich melde mich nachher bei dir und wir schauen, wann wir uns mit Isaac treffen können, einverstanden?" Ich lächelte Caiden aufmunternd an und er entspannte sich sichtlich. Es war wirklich schön, dass es für Caiden auch normal war, die Gebärdensprache immer wiederzuverwenden. Das erleichterte vieles.

Gerne. Hab noch einen schönen Abend und wenn etwas ist, ruf an. Jederzeit." Lächelnd nahm er meine Hand und strich mit dem Daumen über meinen Handrücken. Dann drückte er einmal kurz zu und ließ mich dann wieder los.

Es hat mich gefreut, Victoria. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Bis dann." Damit verabschiedete sich Caiden von uns und lief zurück zu seinem Auto. Ich sah ihm hinterher, bis er eingestiegen war und den Motor gestartet hatte. Dann wurde ich von der Seite angestupst.

Ich wandte mich wieder Victoria zu, die mich nun mit zusammengekniffenen Augen ansah. „Wenn du jetzt anfängst auf zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, möchte ich dir sagen, wie abscheulich ich das finde und dass ich mir nicht sicher bin, dann noch deine beste Freundin sein zu können", schoss sie sofort los, was mich bleich werden ließ.

Oh Gott, Victoria! Wie kannst du sowas nur denken? Du weißt, ich würde niemals..."

Ja, das dachte ich, aber jetzt muss ich sehen, wie du den tauben Aden abschießt und dich dafür einem andere Kerl an den Hals wirfst. War er dir nicht gut genug oder wieso war gestern noch er und heute ein anderer aktuell?"

Color of your VoiceWhere stories live. Discover now