Kapitel 11 - Caiden

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Lesenacht Teil 5

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Zufrieden lehnte ich mich in meinem Drehstuhl zurück. Das schwarze Leder knarrte leicht, als ich meine Muskeln entspannte und den Kopf auf die obere Rückenlehne legte, um an die Decke schauen zu können. Ich konnte nicht sagen, wann ich das letzte Mal wegen eines einfachen Telefonats so angespannt gewesen war. Erleichtert rieb ich mir mit den Handflächen über das Gesicht.

Amanda hatte zu Beginn des Telefonats alles andere als erfreut gewirkt, als sie meine Stimme wiedererkannt hatte. Aber konnte ich es ihr verübeln? Daniel und ich hatten sie wirklich im hohen Bogen aus dem Saal geworfen. Ich hatte deswegen noch immer ein schlechtes Gewissen. Aber das war nicht der Grund für meinen Anruf gewesen und schon gar nicht für das exklusive Interview, dass ich ihr versprochen habe. Den ganzen Tag über hatte ich die verschiedensten Magazine beobachtet und jeden Artikel über die gestrige Veranstaltung gelesen. Tatsächlich waren es alle nur sachliche Schilderungen des Abends gewesen. Bruchstücke der Rede, die teilweise sogar falsch zitiert worden war, wurden in die Artikel eingebracht, aber keiner dieser Artikel verleitete einen Leser dazu, mehr über die Stiftung herausfinden zu wollen.

Doch es war auch mehr der Artikel von Amanda gewesen, auf den ich den ganzen Vormittag gewartet hatte. Da bis kurz vor neun Uhr nichts auf der Website der Daily Mail zu finden gewesen war, hatte ich mich zu einem Meeting begeben, um die Ausgabenverteilung für das nächste Quartal besprechen zu können. Das hatte zum Bedauern aller länger gedauert als erwartet. Ein Grund dafür war Samanthas erneute Abwesenheit gewesen. Über die Forschungseinrichtung, die auch Hörgeräte verkaufte, bekam die Stiftung einen Großteil der Stiftungsgelder zusammen. Die Forschungseinrichtung an sich wurde vor allem durch Fördergelder des Staates finanziert.

Als Samantha über eine halbe Stunde später zum Meeting erschienen war, hatten wir schon einen Großteil des Budgets verteilt. Sie jedoch hatte das wieder über den Haufen geworden, indem sie die Gelder vom Forschungszentrum fast um die Hälfte gekürzt hatte. Die schockierten Blicke aller anwesenden hatte sie ignoriert. Schulterzuckend hatte sie erklärt, dass das letzte Quartal nicht ganz so gut gelaufen ist, wie angenommen, weshalb sie erst das Forschungszentrum stabilisieren wollte, ehe sie zu viel an die Stiftung spendete. Das war vollkommen einleuchtend. Ich selbst hätte genau dasselbe getan. Trotzdem hatte mich eine kleine Stimme in meinem Hinterkopf gewarnt. War es nur Zufall, dass gerade jetzt wo ich der neue Vorsitzende war, sowas passierte? Vermutlich, denn die Zahlen, die Samantha uns präsentiert hatte, waren wirklich nicht so gut wie die im letzten Jahr.

Das Meeting hatte also viel länger gedauert als angenommen. Als ich dann nach über drei Stunden wieder in mein Büro zurückgekehrt war, hatte ich mir nur mein Essen geschnappt und mich dann für die Mittagspause zu meinen früheren Kollegen gesetzt. Erleichtert stellte ich jeden Tag aufs Neue fest, dass sie es nicht seltsam fanden, weiterhin mit mir zu Mittag zu essen. Ich mochte die Gesellschaft der anderen. Sie war zwanglos und freundlich.

Nach dem Mittag hatte ich mich wieder an die Arbeit setzten wollen. Doch zuvor musste ich einfach nochmal die Seite der Daily Mail aufrufen und prompt war ich auf Amanda Davies Artikel aufmerksam geworden. Was ich erwartet hatte, war meilenweit von dem entfernt gewesen, was Amanda abgeliefert hatte. Sie erzählte eine Geschichte. Dabei war sie zwar die Hauptdarstellerin gewesen, doch es hätte auch jede andere Frau an diesem Abend sein können. Was mich jedoch am meisten überrascht hatte, war die Art, wie sie das Geheimnis um mich als so etwas Spannendes darstellte, als konnte man nicht anders als zu hoffen, dass es bald gelöst werden würde. Sie erwähnte auch unser Gespräch im leeren Innenhof des Hotels. Dabei verwendete sie aber keine Namen, genauso wenig wie sie das unangenehme Treffen mit Daniel und mir verschwieg. Auch wenn sie Daniel als den großen gutaussehenden Fremden beschrieben hatte, der sie in den Ballsaal geführt hatte und der auf der Feier gewesen war, um zu helfen. Zu helfen, wie es die Stiftung ebenfalls tat.

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