Kapitel 39 - Amanda

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Die Ruhe, die sich über das Büro gelegt hatte, wirkte wie eine zentnerschwere Decke, die mich zu zerdrücken drohte. Dennoch behielt ich meine kalte Fassade aufrecht. Ich hasste es, so zu sein. Und ich würde niemals sagen, der Zweck heiligt alle Mittel. Dennoch hatte mir Daniels Erscheinen wieder in Erinnerung gerufen, weshalb ich überhaupt hierher gekommen, warum ich so wütend, verwirrt und enttäuscht gewesen war, noch bevor ich Caidens Geheimnis gelüftet hatte.

Ich verdrängte den Gedanken an Caiden und Aden in den hintersten Winkel meines Bewusstseins. Jetzt musste etwas anderes geklärt werden. Meine persönlichen Probleme konnten und mussten warten. Denn wenn ich richtig lag, hatte TiWo tatsächlich finanzielle Schwierigkeiten. Und das betraf unzählige Spender. Mein Gefühlschaos konnte ich später bewältigen.

Darum atmete ich langsam ein und aus. Ich ließ Daniel und Caiden nur die Frau sehen, die sie sehen sollten. Die Journalistin. Aber es war nicht leicht. Caidens schockierter Blick traf mich härter als der fast schon hasserfüllte Ausdruck, den ich in Daniels Augen sehen konnte. Seltsamerweise beruhigte es mich, zu wissen, dass Caiden einen Freund hatte, der immer hinter ihm stand.

Keiner der beiden Männer sagte etwas, weshalb ich wieder das Wort ergriff und Caidens Aussage vor meinem Hereinplatzen aufgriff. „Wieso muss der Finanzbericht von euch in Ordnung gebracht werden? Und wieso soll davon niemand etwas erfahren?"

„Das geht Sie einen Scheißdreck an." Daniel spuckte mir die Worte regelrecht vor die Füße, doch mein Blick war jetzt einzig und allein auf Caiden gerichtet.

„Was ist so schlimm, dass es keiner erfahren darf?"

Keine Antwort.

„Wurden Spendengelder veruntreut?"

Keine Antwort.

„Wie habt ihr das bemerkt?"

Wieder keine Antwort. Ich hätte schwören können, dass Daniels Augen Blitze in meine Richtung abfeuerten. Dabei hatte ich gedacht, dass das nur Frauen konnten. Scheinbar besaßen auch Männer diesen Blick.

„Gehen Sie, Miss Davies. Und halten Sie sich von uns fern", antwortete wieder Daniel. Doch Caiden sagte weiterhin nichts. Er widersprach Daniel nicht, bat mich nicht, zu bleiben, aber er schickte mich auch nicht weg. Stattdessen sah er mich nur an. Der erschütterte Gesichtsausdruck, war nun einem festen, nachdenklichen Ausdruck gewichen.

„Ich sagte-" Daniel setzte erneut an, und seine Stimme war um einiges lauter, als zuvor, doch ich schnitt ihm das Wort ab. „Ich rede nicht mit dir, sondern mit deinem Freund. Das hier ist sein Büro, wieso glaubst du also, würde ich wie ein dressiertes Hündchen deinen Befehlen sofort nachkommen?"

Bevor Daniel etwas sagen konnte, schaltete sich Caiden ein. „Lass gut sein, Daniel." Er sah kurz zu seinem besten Freund, und sie schienen sich per Augenkontakt zu verständigen. Dann schnaubte Daniel und ließ sich auf das Sofa nieder.

„Wer hat dir gesagt, dass ich Spendengelder hinterziehe?" Caidens Stimme war nüchtern. Fast schon sachlich, aber nicht kalt.

„Das kann ich dir nicht sagen." So etwas wie Verständnis blitze in seinen Augen auf und er stieß einen langen Seufzer aus. „Du hast die Informationen heute bekommen und bis sofort hierher gekommen. Mit dem Ziel mich zur Rede stellen."

„Das stimmt." Wieso wurde er nicht sauer?

Auf Caidens Gesicht bildete sich ein kleines Lächeln und ich zog augenblicklich die Augenbrauen zusammen. Wieso lächelte er denn jetzt auch noch? Sollte er nicht wütend sein und mich davon überzeugen, dass nichts an den Anschuldigungen dran war?

„Amanda. Weißt du, dass du zu gut für diese Welt bist?", fragte er nun sanft und trat einen Schritt auf mich zu. Vollkommen überrumpelt von dem Stimmungswechsel konnte ich Caiden nur mit großen Augen ansehen, als er noch ein paar Schritte auf mich zutrat, bis er direkt vor mir stand. Dann legte er langsam seine Arme um mich und zog mich an seine Brust.

Color of your VoiceWhere stories live. Discover now