1. Advent - Der Zauber Der Adventskerzen

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Hermine hatte sich mittlerweile an die Sitten und Traditionen der Zaubererwelt gewöhnt - so sehr das für sie eben möglich war - doch manchmal vermisste sie einfach ihr Zuhause mit den Bräuchen, mit denen sie aufgewachsen war und die sie liebte.
Jetzt, wo hier im Norden der Schneefall begonnen hatte, konnte sie nicht anders, als ein Wenig melancholisch auf die frühen Jahre ihrer Kindheit zurückzuschauen. 
Sie wusste, dass ihre Eltern jeden Sonntag eine weitere Kerze anzünden würden. Heute würden sie mit der ersten beginnen. Früher hatte sie die tänzelnden Flammen scheinbar eine Ewigkeit beobachten können, ohne dass ihr langweilig wurde. Es war einfach fesselnd gewesen, wie die kleine Flamme hin und her tanzte.

Seit sie in Hogwarts zur Schule ging, sah sie mehr als genug Kerzen - vermutlich mehr als mancher nicht-magische Mensch heutzutage in seinem ganzen Leben zu Gesicht bekam - aber für Hermine waren die Kerzen in Hogwarts nur das. Kerzen. Zu Beginn war sie erstaunt und neugierig gewesen: Die Kerzen schwebten in der Luft und erleuchteten die ganze Große Halle! Und niemals fiel auch nur ein Tropfen Wachs auf die Köpfe der Schuler.
Magie war noch so irreal gewesen und steckte voller Wunder. Das tat sie heute auch noch, aber durch die Abenteuer, die sie durch ihre Freundschaft zu Harry unweigerlich erlebte, hatte sie gelernt, dass Magie nicht nur bezaubernd war. Sie war auch gefährlich und grausam. Allerdings wollte sie darüber lieber nicht nachdenken...

Letztendlich waren die Kerzen hier nur eine Lichtquelle und hatten schnell zum Alltag gehört. Die Faszination, die sie für die Kerzen zuhause auf dem Adventskranz empfand, suchte sie hier vergeblich.
Jedes Jahr, wenn ihre Eltern die Kerzen anzündeten, wusste sie, dass eine Zeit der Besinnung eingetroffen war. Die Adventszeit war oftmals stressig, aber immer wieder fand sie Momente, in denen sie einfach vor dem Kranz saß und in die Flammen starrte. 

Dann erinnerte sie sich daran, was sie für eine schöne Zeit mit ihrer Familie hatte und wie glücklich sie sich schätzen konnte, dass sie so ein gutes Leben hatte. Sie erinnerte sich daran, wie Lebkuchen und Spekulatius schmeckten und wie die Luft nach Orangen und Plätzchen duftete. In der Wärme des Zimmers fühlte sie das Echo der kühlen Winterluft, die ihre Wangen und ihre Nasenspitze zum Erröten brachte und wie es sich anfühlte, wenn der kalte Schnee auf ihrer Haut schmolz.
Die Flammen der Adventskerzen riefen eine einzigartige Behaglichkeit und Ruhe in ihr hervor, die sie nur kurz vor Weihnachten und an den Feiertagen verspürte. 
In dieser Ruhe konnte Hermine ihren Gedanken freien Lauf lassen. Oftmals dachte sie über Dinge nach, von denen sie vermutet hatte, sie wären ihr schon entfallen, wie zum Beispiel der Moment, als sie Ron damals an Halloween in Zauberkunst korrigiert hatte. Sie beschäftigte sich auch mit banalen Dingen, wie der Frage, ob sie später am Tag Handschuhe benötigen würde oder was eigentlich ihre Lieblingsfeder war, aber auch mit wichtigeren Dinge, wie die Wahl der richtigen Weihnachtsgeschenke oder der Identität Nicolas Flamels.

Mit einem wehmütigen Lächeln rief Hermine sich ins Gedächtnis, was sie in diesen Wochen vor Weihnachten ohne Hogwarts getan hätte. Wahrscheinlich hätte sie mehrmals mit ihren Eltern den Weihnachtsmarkt besucht und wäre auf dem zugefrorenen See Schlittschuh gelaufen. Sie hätte Plätzchen gebacken und Weihnachtslieder gesungen. Nie sonderlich gut, aber zuhause interessierte es sie nicht wie schön sie sang - Hauptsache sie hatte gute Laune.

Das brünette Mädchen schrak aus seinen Gedanken, als seine beiden Freunde die Treppe zum Gemeinschaftsraum heruntergepoltert kamen. Sie sahen aus, als wären sie aus dem Bett gefallen, nachdem sie die ganze Nacht wach geblieben waren. Aber was sollte Hermine schon sagen - sie selbst hatte bis in den Morgen hinein gelesen. Deswegen gab sie auch keinen Kommentar ab und schleifte Ron und Harry zur Großen Halle, damit sie nicht im Stehen einschliefen und das Frühstück verpassten. Ron würde ihr das niemals verzeihen.

Und gerade, als sie mit dem Essen fertig waren, standen Fred und George neben ihnen, packten sie und schleppte das Goldene Trio nach draußen, wo sie direkt eine Ladung Schnee ins Gesicht bekamen. Jetzt waren sie wach. Schnell waren die Wintermäntel hergezaubert und Deckung gesucht. Die restlichen Weasleys sowie einige andere Schüler hatten Teams gebildet, zwischen denen eine heftige Schneeballschlacht stattfand. Da konnten sie auf keinen Fall nur zusehen.

Nachdem alle völlig durchnässt gewesen waren, hatten sich die Schüler wieder in das Schloss zurückgezogen und den restlichen Tag entspannt vor dem Kamin verbracht.

Beim Abendessen hatte Hermine ihre Gedanken vom Morgen schon fast vergessen, doch etwas, das Harry sagte, erinnerte sie wieder daran.

"Die Schneeballschlacht heute morgen war wirklich nicht schlecht. Und ich glaube, ich werde schon besser im Schach spielen, Ron. Ich bin mir sogar fast sicher, dass meine Niederlage in der letzten Runde nur daran lag, dass George mich mit dieser neuen Kerze, die die beiden entworfen haben, abgelenkt hat..."

Nein, Kerzen brauchten kein Wutschen und Wedeln, um aus großen Kinderaugen angeschaut zu werden. Sie haben ihre ganz eigene Magie.

Und wenn in Zukunft gerade keine Kerze in der Nähe war, dann würde Hermine einfach Harry und Ron anschauen und sich daran erinnern, wie sich Freundschaft anfühlte...

~ Luna (Middle0luna0Earth)

Advent, Advent, ein Lichtlein brenntWhere stories live. Discover now