Albpilze

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„Alohomora!" Nichts geschieht. Harry donnert mit der Faust gegen die Haustür des Fuchsbaus. „Ron! Mach auf!" Bum! Bum! Bum! „Ron! Jetzt öffne endlich die verfluchte Tür!"
„Ich komme ja!", hört Harry seine gedämpfte Stimme.
Die verzauberten Schlösser klacken und die alte Holztür schwingt quietschend auf.
„Was zum Henker machst du denn so früh am Morgen da draußen?" Ron steht gähnend im blaugestreiften Pyjama vor ihm und kratzt sich am Hinterkopf. Seine Augen halb geschlossen.
„Hermine!", keucht er. „Sie ist verschwunden! In den Schreckenssümpfen." In seinen Augen liegt tiefe Sorge.
Mit einem Schlag ist Ron hellwach. „Was zum Teufel macht ihr in den Schreckenssümpfen? Morgens um halb sechs?"
„Es ist nach neun, Ron. Hermine wollte nach Albpilzen suchen."
Seine Stimme überschlägt sich. „Was? Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen? Das Betreten ist strengstens verboten."
„Hermine meinte, es sei ungefährlich!"
Ron verzieht sein Gesicht zu einer grotesken Grimasse. „Die heißen Schreckenssümpfe! Ist das nicht Hinweis genug für dich?"
Harry schüttelt den Kopf und zuckt zugleich mit den Schultern. „Los! Wir müssen sie suchen!"
„Ich werde mich umziehen."
„Keine Zeit. Wir müssen gleich da hin."
„Ich hasse apparieren."
Bevor sein Freund noch etwas sagen kann, greift er nach seinem Handgelenk. Sofort sind sie verschwunden und tauchen im selben Moment am Rande der Sümpfe auf.

Leuchtende Nebelschwaden ziehen wie lebendige Kreaturen über den moosbedeckten Boden. In den unzähligen Pfützen sammelt sich stinkendes teerschwarzes Wasser. Überall flammen Irrlichter dicht über der Erde. Versuchen, jeden mit ihrem hypnotischen Leuchten in den Sumpf zu locken. Irgendwo ruft ein einsames Käuzchen. Eine gelbe Tafel mit Totenkopf warnt vor dem Betreten.
Ron zeigt mit ausgestreckten Armen auf das Schild. „Habt ihr das übersehen? Das ist doch wohl mehr als deutlich."
„Du kennst doch Hermine. Wenn sie was im Kopf hat..."
„Ich wäre da nicht reingegangen."
„Was der Grund dafür ist, dass sie mich gefragt hat, ob ich sie begleite. Kommst du jetzt mit, oder was?"
Ron knetet nervös die Finger und starrt unschlüssig ins Moor. „Ich will da nicht hin." Er sieht seinen Freund flehend an.
Harry schüttelt ungläubig den Kopf und betritt die Schreckenssümpfe.
„Warte! Ich komme ja schon. Wir werden so was von Ärger bekommen, das sag dich dir. Was zur Hölle ist denn eigentlich passiert?" Ron versucht schrittzuhalten.
„Hermine schnitt gerade ein paar dieser Pilze ab, die nur hier wachsen, als aus dem Nichts ein schwarzes amorphes Wesen vor ihr schwebt. Mit feuerroten Augen. Ich dachte erst, es wäre ein Dementor. Aber mein Patronus hat nichts bewirken können. Und eine Sekunde später war dieses Ding samt Hermine verschwunden."
Rons Stimme flattert. „Was, wenn es sie umgebracht hat."
Unwillkürlich beschleunigen beide ihre Schritte.
„Sie mal! Da vorne ist wer. Vielleicht kann uns der helfen."
Zwischen kniehohem Gras und vom Nebel eingehüllt kniet jemand am Boden.
Ron reckt den Hals. „Bist du dir sicher? Das könnte auch ein Kelpie sein, der uns verschlingen will."
„Du musst echt besser in Pflege magischer Geschöpfe aufpassen. Im Sumpf gibt es keine Kelpie. Höchstens Flupperwürmer und Nargel."
„Und Dinger mir roten Augen."
„Hallo!", ruft Harry. Keine Antwort. „Wir suchen ein blondes Mädchen. Haben Sie eins gesehen?" Keine Antwort. Vorsichtig nähern sie sich. Harry greift nach dem Zauberstab. „Hey, Sie da!" Die Nebelbank zieht weiter und enthüllt... „Hermine!" Sie rührt sich immer noch nicht.
Ron schiebt sich an ihm vorbei. „Hermine, alles in Ordnung? Er kniete sich zu ihr. Als er die Hand auf ihre Schulter legt, hebt sie den Kopf.
„Ron? Was machst du denn hier?"
„Was ich hier mache? Was bei allen Gorgonen machst du hier?"
Hermine steht langsam auf und hält ihren Freunden den schneeweißen Pilz entgegen. „Pilze suchen. Wo warst du Harry? Ich hatte dich plötzlich aus den Augen verloren."
„Aber da war dieses schwarze Ding, das dich verschluckt hat, entführt oder was auch immer!"
„Sei nicht albern Harry. Das sind die Schreckenssümpfe. Die können dir schon mal einen Streich spielen."
Ungläubig kneift Harry die Augen zusammen.
„Oder sehe ich aus, als hätte mich etwas verschluckt."
Er schüttelt den Kopf und sieht Ron an. Der steht mit hochrotem Kopf, geballten Fäusten und dem gesteiften Pyjama bis zu den Knien in einer Pfütze.
„Offensichtlich hast du ja deinen Pilz, also lasst uns verschwinden!", presst er zwischen seinen Zähnen hervor.

Harry Potter und die SchreckenssümpfeWhere stories live. Discover now