Rat- und ziellos wandte ich mich um die eigene Achse, auf der Suche nach Noah. Hier direkt unter dem Torbogen, der den Eingang zum Gelände von Arcalia markierte, war ich im Prinzip auf dem Präsentierteller, doch darum scherte ich mich schon gar nicht mehr.

Dreh dich um!

Ich zuckte heftig zusammen, angesichts dieser Stimme, die in meinem Kopf mit mir zu sprechen schien und die ich sofort wiedererkannte. Dr. Yun und Mrs. Walsh hatten recht behalten, Azita war noch immer da. Instinktiv befolgte ich die Anweisungen der uralten Feuerbändigerin, die mich als Portal zur Gegenwart hatte nutzen wollen und sah so direkt auf Noah, der zwischen zwei Autos aufgetaucht war und nun auf mich zuschritt. Er war alleine, doch das wollte nichts heißen, denn ich traute es ihm zu, dass er irgendwo Unterstützer versteckt hatte.

„Faye...", begrüßte er mich und obwohl sein Gesicht ein Lächeln zierte, war seine Stimme kalt wie Eis, „wie geht es dir?"

„Es ginge mir besser, wenn du bereits tot wärst", spuckte ich, was Noah ein herzloses Lachen entlockte. Er sah an mir vorbei auf Leelas Leiche und ich machte sofort einen Schritt vor sie, um die jüngere Bändigerin zu schützen.

„Keine Sorge, ich kann mit ihr nichts mehr anfangen", Noah sah mir nun wieder direkt in die Augen, jeglicher Anflug eines Lächeln war verschwunden, „wie ich sehe, hat Cole sie bereits erledigt – und musste dafür bitter bezahlen. Bist du etwa doch das Monster, das alle in dir sehen?"

„Nein, ich...", ich hätte gerne etwas schnippisches erwidert, war durch Noahs Worte jedoch wie vor die Stirn geschlagen. Hatte er doch recht? Hatte ich all das erfüllt, was ich so lange geleugnet hatte?

„Die ach so unschuldige Faye zeigt doch noch ihr wahres Gesicht, ist es das?", Noah sah zu mir und seine blauen Augen zeigten nicht ein bisschen von menschlichen Gefühlsregungen, sie sahen vollkommen kalt aus, „Soll ich dir etwas verraten? Du hättest all das hier schon viel früher haben können. Letztes Jahr, als ich Leela angegriffen habe, sollte sie eigentlich auch nur verletzt werden. Aber dann hat sie mich gesehen und ich musste umdisponieren. Und weil ihr mich leider ertappt habt, musste mein ursprünglicher Plan, auf dem Sommerball anzugreifen, ins Wasser fallen. Nun, Mila fand das sicher nicht so lustig."

„Nimm ihre Namen nicht in den Mund!", fuhr ich Noah an, „Verspotte mich, nur zu, aber wag es nicht, Mila, Leela oder Sam lächerlich zu machen!"

„Ich tue, was immer ich tun will!", fauchte Noah zurück, „Sei froh, dass ich nicht noch mehr von deinen treuen Freunden umgebracht habe! Ich hätte auch Maddy töten können, wenn ich gewollt hätte, immerhin ist sie nur ein mickriger Mensch. Apropos: möchtest du wissen, weshalb ich deine beste Freundin aus Kindertagen entführt habe oder ist sie dir doch egal?"
„Natürlich ist mir Maddy nicht egal!"

„Das dachte ich mir", Noah grinste wieder, „ihr seid alle so dumm. Maddys Entführung war reines Kalkül. M. Aprice hat mich über alles auf dem Laufenden gehalten und so habe ich zugelassen, dass ihr Maddy rettet und mich gefangen nehmt. Im Keller hat M. Aprice während seiner Wachen dann einige Schüler zu mir gelassen und wir haben Rücksprache gehalten. Nichts war einfacher, als dann wieder zu entkommen."

Entgeistert sah ich Noah an und musste mich zusammenreißen, um nicht mit offenem Mund dazustehen. Er hatte die gesamte Zeit bei uns in der Schule gewusst, dass er die Oberhand hatte und sich deswegen so überheblich aufgeführt. Ihm war bewusst gewesen, dass M. Aprice ihn früher oder später befreien würde.

„Nun", sprach ich, als ich mich wieder gesammelt hatte, „das mag sein. Aber M. Aprice ist tot – ich habe ihn umgebracht, genau wie Cole. Und dich schaffe ich auch noch."

Ich hob meine Hand und schoss eine Feuerkugel zu Noah, die dieser jedoch mit Leichtigkeit löschte.

„So", er zog verächtlich eine Augenbraue nach oben, „wie du willst, Faye."

Na endlich!

Plötzlich spürte ich, wie erneut Azitas uralte Wut in mir aufloderte und meinen gesamten Körper aufheizte, sodass mein T-Shirt und meine Haare vor aufsteigendem Wasserdampf schier zu rauchen schienen. Anstatt Azita jedoch wie sonst zu verdrängen oder verängstigt zurückzuschrecken, ließ ich sie aus einem inneren Instinkt hochsteigen und spürte, wie sich ihre Kräfte in meinem Körper ausbreiteten. Jetzt stieg echter, dick-grauer Rauch von mir auf und der Rasen, auf dem ich stand, versengte unter meinen Füßen. Noah ließ sich davon nicht einschüchtern und hob seine Hand, aus der Eis zuckte. Ich hatte mit einem Angriff gerechnet und ebenfalls die Hände erhoben, schoss nun einen so gewaltigen Feuerstrahl zurück, dass ich selbst von der Kraft einige Schritte zurückstolperte. Mit der vereinten Stärke von meinen und Azitas Kräften drängte ich Noahs Eis zurück, während Flammen auf ihn zu züngelten und sich über das Gras fraßen.

Meine inzwischen trockenen, rostroten Locken wehten mir um das Gesicht und wie in einer inneren Eingebung erinnerte ich mich an das Bild, das Will von mir auf seinen Tisch gemalt hatte. Ich musste diesem Bild nun sehr ähnlich sehen, wenn nicht sogar identisch dazu sein.

Er hatte also diese Szene in seinen Visionen gesehen.

Noah hatte meinem Feuerstrahl nicht viel entgegenzusetzen, zumindest nicht in seiner aktuellen Position und ehe ich es mich versah, hatte er sich geduckt und die Verbindung zwischen uns abgebrochen. Das Feuer aus meinen Händen erlosch und ich konterte mit einer Feuerkugel, als Noah begann, Eispfeile auf mich zu schießen. Jeder Feuerball, der aus meiner Hand geflogen kam, riss an meiner Schulter wie der Rückstoß einer starken Waffe und Azitas Wut beflügelte mich nur noch mehr.

Jeder Ball wurde noch energiegeladener und heißer als der vorherige, bis einige das Eis von Noah nicht nur stoppten, sondern regelrecht verdampfen ließen und sich auf ihn richteten. Die meisten verpufften, bevor sie bei ihm ankamen oder wurden von Noah aufgehalten, dennoch bekam ich langsam, aber sicher die Oberhand.

Noah entwickelte schnell eine neue Taktik und ließ den Boden unter mir nass werden und aufweichen, sodass ich bei meinem nächsten Feuerball ausglitt und mein Gleichgewicht verlor. Dieser Moment der Unaufmerksamkeit meinerseits genügte Noah und mit nur einem Satz war er bei mir und stürzte sich auf mich. Ich landete ein weiteres Mal rücklings auf dem Boden, dieses Mal mit dem wütenden Noah auf mir. Ich schaffte es, nur auf den Rücken, nicht aber auf den Kopf zu fallen und packte mit lodernden Händen Noahs Schultern. Dies konnte ihn jedoch nicht aufhalten und schon wälzten wir uns über die Wiese, er mit Händen, die vereisten, wo immer sie anstießen und ich mit Fingern, die alles in Brand steckten, was ihnen in den Weg kam.

Noah gelang es, mich unter sich auf den Boden zu drücken und seine Hände um meine Kehle zu schließen. In dem Moment, in dem er zudrückte, wusste ich, dass das kleinste bisschen Eis nun mein Ende bedeuten würde. In einem letzten, verzweifelten Versuch sammelte ich all meine Kräfte und ließ das Feuer durch meine Adern wandern, entfacht von meiner und Azitas Wut.

Mit einem wütenden, beinahe schon hasserfüllten Schrei zweier Stimmen zugleich, der aus meiner Kehle ausbrach, wurde mein gesamter Körper in Flammen gesetzt und ich warf mich nach oben und vorne, Noah entgegen. Unsere Köpfe knallten gegeneinander, doch meine Attacke glückte und in einem winzigen Moment der annähernden Schwerelosigkeit schubste ich den knienden Noah rücklings auf die Wiese und warf mich auf ihn. 

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ES TUT MIR LEID! 

Unter dem letzten Kapitel waren ein paar Kommentare zu Leela und ich war einfach nur so "oh no... oh NO!"... 

Was sind denn so eure Gedanken zu diesem Kapitel? ;) 

Ich wünsche euch übrigens für 2021 alles, alles Gute und hoffe, dass das neue Jahr ein gutes für euch wird (Zwei Tage zu früh, aber pfff). 
2020 war zwar der reinste Scheiß, aber vielleicht gab es ja doch einige schöne Momente. Für mich hat 2020 eine enorme Verbesserung meiner Mental Health gebracht, irgendwie besonders der erste Lockdown war für mich seelisch betrachtet sehr heilsam (Introvert for life, yayy). 

Wie war denn euer Jahr so? 

Nach diesem Kapitel wird noch eines kommen, dann noch die Danksagung am Wochenende und nächste Woche irgendwann das Q&A. 

Daher würde ich euch - jetzt, wo sich das Buch dem Ende neigt - noch einmal bitten wollen, einige Fragen zu hinterlassen. 
Das würde mich sehr freuen 🥺

Lg, eure Lotta 


FeuertodWhere stories live. Discover now