XIII

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Glücklicherweise dauerte es nur wenige Stunden, bis Mrs. Walsh eine Antwort hatte und den Besitzer des Hauses ausfindig machen konnte und bereits am nächsten Morgen, dem Samstag, sprach mich die Direktorin beim Frühstück an und bat mich, um 12 Uhr in einen ganz bestimmten Klassenraum zu kommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Als ich um zwei Minuten nach zwölf in dem Raum erschien, erwarteten mich bereits Mrs. Walsh, M. Aprice, Mrs. Pearson, Dr. Yun, Mrs. Jones und Mr. Graves. Es überraschte mich nicht, dass ich die einzige Schülerin war, nur die Tatsache, dass überhaupt jemand aus der Schülerschaft dabei sein durfte, verwirrte mich ein wenig. Mrs. Walsh hatte mir zwar versichert, mich auf dem Laufenden zu halten, doch dass ich so direkt dabei sein durfte, wenn Entscheidungen getroffen wurden, hätte ich nicht gedacht.

Die Schulleiterin bedeutete mir, mich zu setzen und ich nahm verlegen an einem bisher freien Tisch Platz. Die Lehrer hatten sich auf der linken Hälfte des Klassenraumes an zwei Sitzreihen gruppiert, wobei sie sich zugewandt waren und sobald ich da war, begann die Besprechung auch.

„Danke, dass ihr alle gekommen seid, schön, dass auch du dabei bist, Faye", begann Mrs. Walsh, „um noch einmal einen kurzen Überblick zu geben, würde ich gerne berichten, was genau vorgefallen ist und weshalb wir uns hier versammelt haben."

Sie nahm einen kleinen Zettel hervor, auf dem offenbar die wichtigsten Punkte standen und begann.

„Am Sonntag vor einer Woche wurde Madison Todd, Fayes ehemalige Schulfreundin und Klassenkameradin, vor ihrem Haus entführt. Ihre Eltern meldeten sie als vermisst und das Ganze geht seit Dienstag durch die Medien des ganzen Landes", begann sie, „durch eine Vision, die Will hatte, wissen wir, dass Maddy von Noah Jefferson entführt wurde, der letztes Jahr zwei Schüler ermordet und mehrere verletzt hat. Will hätte heute auch erscheinen sollen, wollte jedoch lieber für sich bleiben."

Ja, das klang eindeutig nach dem schwarzhaarigen Seher.

„Wir haben uns aus offensichtlichen Gründen damit nicht an die Polizei gewendet", die Direktorin kritzelte etwas auf ihr Blatt und fuhr dann fort, „denn da wir nicht beweisen können, dass Wills Vision stimmt – und Menschen nicht an Visionen glauben – würde man uns gar nicht zuhören. Jetzt haben Faye und eine Freundin in einem alten Jahrbuch ein Bild entdeckt, auf dem Noahs großer Bruder vor einem Haus zu sehen ist. Die Bildunterschrift sagte aus, dass es dieses Haus im Besitz der Familie von Noah und seinem Bruder ist."
Mrs. Walsh zog einen Zettel hervor und las sich flüchtig durch, was darauf stand. Sie straffte sich und fuhr dann mit ihren Erklärungen fort.

„Es ist mir gelungen, das Haus ausfindig zu machen", verkündete sie, „ich habe mich an Mr. Archer, den ehemaligen Schulleiter gewendet und er war in der Lage, mir die Adresse des Hauses zu nennen. Da er selbst nie dort war, konnte er mir jedoch keine Beschreibung des Grundstück oder des Hauses an sich geben."

Der Blick der Direktorin wurde besorgt und sie sah ernst in die Runde.

„Natürlich hätte ich mich auch an Noahs Familie wenden können, doch da tut sich nun ein neues und sehr ernstes Problem auf", merkte sie an, „wenn Noahs Familie von dem Ferienhaus wissen – und da es ihnen gehört, gehe ich stark davon aus – haben sie uns diese Information wissentlich vorenthalten. Dafür könnte es zwei Gründe geben. Erstens: sie haben dort nach Noah gesucht, ihn nicht gefunden und es nicht für nötig gehalten, uns dies mitzuteilen oder zweitens: egal, ob Noah sich dort aufhält oder nicht, seine Familie schützt ihn und hält das Haus geheim, um es als Rückzugsort zu wahren. Da wir momentan nicht wissen, ob man ihnen noch trauen kann, möchte ich kein Risiko eingehen und lege mich vorsichtshalber auf Möglichkeit zwei fest."

Meine Augen weiteten sich etwas und ich ertappte mich dabei, wie ich begann, an meinem Shirt zu knibbeln und mir auf die Unterlippe zu beißen. Wenn Noahs Familie ebenfalls eingeweiht war und ihn schützte, waren sie vielleicht nicht die einzige Familie, die bereits eine Seite gewählt hatte. Verlegen hob ich meine Hand und Mrs. Walsh nickte mir aufmunternd zu.

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt