XVII

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Als sie mich erkannte, sprang Maddy von der Matratze auf und machte einen Schritt auf mich zu, verharrte dann jedoch und sah ungläubig zu mir. Obwohl es dunkel war, konnte ich erkennen, wie mitgenommen sie aussah, mit zerzausten Haaren und großen, angsterfüllten Augen.

„Faye..."

Ich nickte und machte noch einen Schritt auf Maddy zu, die im nächsten Augenblick bereits in meinen Armen lag. Obwohl wir im Streit auseinander gegangen waren, schien unsere Vermutung, sie würde mir noch immer vertrauen, richtig zu sein.

„Wo kommst du her?", fragte Maddy verwirrt, als sie sich wieder von mir löste und musterte dann Mr. Graves und Dr. Yun, die ebenfalls ihre Masken abgenommen hatten, „und wer sind Sie?"

„Dafür haben wir später noch Zeit", beschloss Dr. Yun, „erst einmal müssen wir hier weg – dein Name ist Madison Todd, richtig?"

Maddy nickte verwirrt und klammerte sich an meinem Arm fest, als ich einen Schritt zur Tür machte.

„Wo ist denn Noah?", fragte ich sie vorsichtig, „hast du etwas mitbekommen?"

„Noah?"

„Dein... Entführer."

Bei der Erwähnung der Person, die Maddy offenbar in diesem Raum eingesperrt hatte, wurde meine ehemalige beste Freundin blass und ihr Griff um meinen Arm verfestigte sich.

„Ihr wisst nicht, wo er ist?", wisperte sie angsterfüllt, „der... der Typ ist irre, wirklich, der... nein, also..."
Maddy verstummte, doch ihre Augen huschten umher und verrieten, dass sie eigentlich noch mehr zu sagen hatte, sich jedoch nicht richtig traute.

„Wir sollten gehen", Mr. Graves winkte uns zur Tür, „Noah ist offenbar nicht hier und ich denke, niemand von uns möchte ihm begegnen."

Ich nickte und begab mich zur Tür, dicht gefolgt von Dr. Yun und angeführt von Mr. Graves, der uns in Windeseile die Treppe nach unten und aus der Haustür führte. Maddy ließ dabei die gesamte Zeit nicht einmal meinen Arm los, ich spürte, wie ihre kurzen Fingernägel sich in meine Haut bohrten, nicht stark genug, sie zu verletzen, aber dennoch unangenehm. Hinter mir hörte ich, wie Dr. Yun die Tür ins Schloss zog, doch meine Aufmerksamkeit lag auf dem Vorhof, der verlassen vor uns lag.

„Wo sind die anderen?", wisperte ich, als niemand aus dem Gebüsch kam, um uns in Empfang zu nehmen.

„Welche anderen?", quiekte Maddy neben mir erschrocken und machte einen Schritt näher zu mir. Mr. Graves warf uns einen Blick zu und winkte uns dann in die Richtung, in der die Autos standen.
„Wir haben keine Zeit, zu warten oder sie zu suchen", erklärte er, „eure Sicherheit ist wichtiger. Wir fahren zurück."

„Aber die anderen...", wiederholte ich erneut, doch als auch Dr. Yun mir bedeutete, den Wald zu betreten, gab ich mich geschlagen. Wir brauchten auf dem Rückweg ein wenig länger als auf dem Hinweg, was nicht daran lag, dass wir uns verliefen, sondern daran, dass ich durch die an mir klammernde Maddy nicht so schnell gehen konnte. Auch im Wald ließ Maddy meinen Arm nicht los, doch ich bat sie auch nicht darum, obwohl es schon ein wenig beim Gehen hinderte.

Wir bahnten uns unseren Weg durch das Gebüsch, vorbei an den Bäumen in Richtung des Standortes unserer Autos. Ich ertappte mich dabei, mich immer wieder umzudrehen und zurück zum Haus zu sehen, in der Hoffnung, einen der anderen Lehrer auftauchen zu sehen oder – und darauf hoffte ich nicht, davor hatte ich Angst – Noah zu erblicken, der uns folgte. Dr. Yun hatte mittlerweile die Führung übernommen und wir wurden von hinten von Mr. Graves abgeschirmt, der uns bestimmt warnen würde, sollte tatsächlich jemand von hinten kommen.

Trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl, das sich nur verstärkte, als wir schließlich die Autos erreichten. Besser gesagt, das Auto. Es stand nur noch eines da, der schwarze Jeep war verschwunden.

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt