Prolog

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Der finale Kampf zwischen den Feuerbändigern und den Angehörigen der anderen drei Elemente war ein ungleicher Kampf.

Als Yara den Wall als eine der ersten durchbrach und hineinschritt, wurde ihr erst bewusst, wofür all diese Menschen kämpften. Das Lager des Feuers war ein Lager des Elends. Männer, Frauen und Kinder waren abgemagert, trugen schlechte Kleidung und hatten schmutzige, eingefallene Gesichter. Von dem einst zahlreichsten Element war noch ein großer Teil übrig, doch es war offensichtlich, dass sie keine Chance gegen die anderen Elemente haben würden. Sobald die ersten Personen das Lager betraten, geriet hektische Bewegung in die Feuerbändiger. Kinder schrien und weinten, als sie von ihren Müttern fortgejagt wurden, während sich Männer, Frauen und Alte vor den Angreifern aufbauten, darauf bedacht, die Schwächsten von ihnen zu schützen. Eine Weile lang rührte keiner der Anwesenden auch nur einen Muskel, dann trat Aria aus der Menge hervor.

„Eure Anführerin ist tot!", verkündete die pummelige Luftbändigerin, „Sie hat sich uns ergeben und wurde umgebracht! Ergebt euch ebenfalls oder wir werden jeden Einzelnen von euch abschlachten wie Hunde!"

Sie erhielt keine Antwort. Yara ließ ihren Blick durch die Reihen ihrer Gegner schweifen. Sie alle waren unterernährt, hatten keine Chance, gegen die wohlgenährten und vorbereiteten Elementbändiger zu gewinnen und obwohl nicht einmal die Mütter und Alten sich in den Baracken versteckt hielten, waren es noch immer weniger Elementbändiger als auf Yaras Seite.

„Nun gut", Aria wandte sich an ihre Verbündeten, „so sei es. Bringt sie um!"

Der Kampf, der daraufhin losbrach, war brutal, lang und absolut würdelos. Yara wurde sofort von einem jungen Feuerbändiger mit pechschwarzen Haaren angegriffen, der sich auf die stürzte und mit lodernden Fäusten auf sie einschlug. Wo seine Hände die Wasserbändigerin trafen, leckten die Flammen an ihrem Körper und brannten sich in ihre Haut. Yara stemmte ihre Hände gegen die Brust des jungen Mannes und sah ihn warnend an, doch als er den Hinweis nicht beachtete, schoss sie zwei Eiszapfen aus ihren Händen, die sich in die Brust des jungen Mannes bohrten. Der Feuerbändiger brach röchelnd zusammen und Yara duckte sich, als eine Frau sich auf sie stürzen wollte. Die muskulöse Wasserbändigerin sah die schmächtige, schmutzige Frau vor sich mitleidig an. Ihre Haare waren zerzaust und ihre Kleidung zerrissen und dreckig, doch in ihrem Gesicht spiegelten sich pure Verzweiflung und Entschlossenheit wieder. Diese Frau würde für ihre kleinen Kinder bis ans Ende der Welt gehen, sie würde für ihre Kinder sterben. Yara wollte ihr nichts tun, doch sie wusste ganz genau, dass die Feuerbändigerin ihr nicht zuhören würde. Und wenn sie sie verschonen würde, würde ein anderer die Mutter umbringen. Die Feuerbändigerin stieß einen unbändigen Schrei aus und warf sich erneut auf Yara. Ihr gesamter Körper loderte und Yara wehrte sich mit einem Strahl eiskalten Wassers, welches sie auf die Frau schleuderte.

„Mama!"

Ein verzweifelter, kindlicher Schrei wallte durch das Lager und die Frau ließ augenblicklich von Yara ab, sah sich panisch um und stürzte mit einem Schrei auf eine große Baracke am Ende des Platzes zu. Yara folgte ihr auf dem Fuße. Kurz bevor die Frau bei der Baracke angelangt war, fasste sie sich an den Hals und fiel auf den lehmigen, feuchten Boden, wälzte sich in Todespanik umher. Yara sah sich um und entdeckte einen Luftbändiger, der einige Meter weiter weg stand und mit der Hand eine geöffnete Faust in die Luft hielt. Er erwürgte die Frau aus der Entfernung.

Yara schob sich an der Frau vorbei und betrat die Baracke, wobei ihr sofort Kindergeschrei entgegenschlug. In dem Haus hielten sich alle Kinder versteckt. Aus allen Ecken blickten Yara ängstliche, große Augen entgegen. In der Mitte der Baracke, zwischen den Leichen mehrerer Feuerbändiger, standen zwei Luft- und ein Erdbändiger und töteten gerade einen kleinen Jungen von nicht einmal fünf Jahren. Yara musste ein Würgen unterdrücken, als sie erkannte, dass einige der toten Körper um die Männer herum die von Kindern waren. Sie eilte in den hinteren Teil der Baracke und schob einen Vorhang beiseite, hinter dem ihr ein junges Mädchen von ungefähr zehn Jahren entgegensprang und sie mit einer Stichflamme angriff. Yara brauchte nicht viel Kraft und Energie, um der Kleinen die Hände in Eis zu hüllen. Erst jetzt konnte sie einen Blick hinter den Vorhang werfen. Aus einer Art Besenkammer sahen ihr zwei weitere angststarre Kinder entgegen, ein Junge und ein Mädchen. Das Mädchen hielt ein kleines Bündel in den Armen, welches laut greinte und zappelte. Die zehnjährige, die Yara angegriffen hatte, schien die Älteste zu sein und Yara rang mit sich.
Das hier waren Kinder! Krieg hin oder her, aber Yara konnte doch keine Kinder töten! Die dunkelhäutige Wasserbändigerin erinnerte sich an ihre Kindheit zurück und biss sich fest auf die Unterlippe.

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt