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Exakt zehn Minuten später stand ich tatsächlich vor der Tür des ‚Psychos'. Cole hatte mir weiterhelfen können und zwar widerwillig und nicht ohne mehrere Nachfragen, was ich denn von Will wollen würde, schließlich doch die Zimmernummer des mysteriösen Schwarzhaarigen herausgegeben.

Leicht aufgeregt, aber doch sehr gelassen klopfte ich an die Holztür, die nur wenige Augenblicke später aufschwang. Will trug noch immer seinen Dutt, aus dem sich jedoch zahlreiche Strähnen gelöst hatten, die ihm nun um das kühl dreinblickende Gesicht fielen. Er sah mich ein wenig verwirrt an.

„Ja?"

„Was meintest du vorhin?", fragte ich geradeheraus und ohne jegliche Umschweife, „als ich nach dem Frühstück in dich reingerannt bin."

Will schien einen Moment mit sich zu ringen, seine gelben Augen glommen mehrfach kurz auf, dann ließ er die Luft aus seinen Lungen, die er wohl angehalten hatte und trat einen Schritt zur Seite, um mich in sein Zimmer zu lassen. Wills Zimmer war kleiner als das der anderen und es stand nur ein Bett darin. Ansonsten sah der Raum sehr ähnlich aus. Einzig der Schreibtisch fiel mir auf, weil er über und über mit Stiften und Papieren belagert war. Man sah nicht einen Millimeter der hölzernen Tischplatte durch, stattdessen entdeckte ich unzählige Papiere, Hefte, halb beendete Skizzen und zerknüllte Blätter. In dem ansonsten sehr reinlichen, fast schon kargen Zimmer wirkte der überladene Tisch außerordentlich fehl am Platz.

Will blieb direkt neben der Tür stehen, weshalb auch ich nicht weiter in den Raum hineinging. Als die Tür hinter mir ins Schloss glitt, schien es komischerweise Will zu sein, der sich zunehmend anspannte.

„Okay...", ich schlenkerte ein wenig unschlüssig mit den Armen, „also?"

Will sah mich ausdruckslos an und legte fragend den Kopf schräg.

„Was meintest du vorhin?", wiederholte ich meine Frage von vorhin, „als du in der Kantine gesagt hast, dass ich Milas Tod hätte verhindern können."

„Nicht du alleine", gab Will zurück und ich horchte auf – würde ich nun endlich einmal eine richtige Antwort von ihm erhalten?

„Sondern?"

Will gab mir keine Antwort, sondern drehte mir nur schroff den Rücken zu, weswegen ich ein leises Schnauben von mir gab.

„Weißt du, ein bisschen bekommt man ja das Gefühl, dass du nur so tust, als ob du etwas wissen würdest", merkte ich spitz an, „du gibst mysteriöse Dinge von dir, die alles und nichts gleichzeitig bedeuten könnten und wenn man nachfragt, erhält man keine Antwort."

Noch immer kam von dem Schwarzhaarigen nichts als Schweigen und ich fuhr leicht eingeschnappt fort.

„Du könntest auch einfach klipp und klar sagen, was los ist und nicht immer Katz und Maus spielen, dann musst du dich hinterher auch nicht darüber aufregen, dass ich alles falsch gemacht habe."

Will sagte noch immer nichts, doch er hob seine rechte Hand und presste sie an seine Schläfe. Ich hörte ihn leise ächzen und der große Junge schien ein wenig in sich zusammen zu sacken. Augenblicklich begann ich, mir ein wenig Sorgen zu machen. Was hatte er denn?

„Ist alles in Ordnung?", hakte ich nervös nach und umrundete Will. Bevor ich erneut nachfragen konnte, ob es Will gutging, knickte er in den Knien ein und fiel zu Boden wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Ich gab ein erschrockenes Quieken von mir und beugte mich über Will, der sehr zu meinem Entsetzen zu krampfen begann.

Scheiße verdammt, das war ein epileptischer Anfall! Was sollte ich denn jetzt tun? Ich wusste aus einigen Arztsendungen, dass es keine gute Idee war, ihn festzuhalten oder etwas ähnliches zu tun, hatte aber ansonsten keine Ahnung, wie ich helfen konnte. Ich musste Hilfe holen!

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt