Kapitel 34

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Eine ganze Weile stand ich vor dem Tor und rätselte, wie ich am besten hindurchkommen könnte. Es fiel mir enorm schwer, so geduldig zu sein und nicht wie eine Irre einfach auf sie zuzulaufen. Doch das würde auch nichts bringen. Denn ich wusste aus Büchern, dass es die Aufgabe der Bewacher war, unter keinen Umständen jemanden Fremdes in ihr Zuhause zu lassen. Also würden sie mich im schlimmsten Fall hinrichten, ausliefern oder in den Kerker werfen lassen, wenn sie von meiner Anwesenheit erfahren würden. Zusätzlich zu der allgemein schon ungünstigen Situation fiel mir das Nachdenken enorm schwer und ich konnte mich mittlerweile absolut nicht mehr richtig konzentrieren. Hätte ich doch einfach meine Magie! Ich seufzte leise. Ich vermisste mein altes ich. Doch kaum hatte mein Magen ein weiteres Mal geknurrt, war meine komplette Aufmerksamkeit wieder auf mein Ziel. Ich hatte eindeutig nicht mehr genug Energie, um mich mit solchen Nebensächlichkeiten zu beschäftigen und über diese nachzudenken!


Ich suchte mit meinen Augen weiterhin das Tor ab, doch ich konnte einfach keine Schwachstelle erkennen. Natürlich waren die Wächter des Dorfes eher schwach. Das konnte selbst ein super schwacher Dämon wie ich wahrnehmen. Doch genau dies war mein Problem: Ich war um ein großes vielfaches noch schwächer! Also hatte ich keine andere Wahl, als abzuwarten. Abzuwarten und zu hoffen, dass sich irgendwann eine Gelegenheit ergeben würde, mich in das Dorf zu schleichen. Es fiel mir unfassbar schwer, doch ich hielt es lange genug aus, um meine möglicherweise einzige Chance zu entdecken. Denn nach einer gefühlten Ewigkeit kamen verschmutzte und verwundete Dämonen auf direktem Weg auf das Dorf hinzu. Sie gingen auf der steinigen Straße, die zum Dorf führte. Allerdings war es eher ein vernachlässigter Feldweg, als eine Straße. Teilweise war es sogar extrem schwer, den Weg überhaupt zu erkennen! Es war eine Gruppe aus mindestens zwanzig unterschiedlichen Dämonen. Doch alle waren voller dunkler Flecken, zerzaust und deutlich mitgenommen. Einer dieser Dämonen ging zu dem beiden Wächter und redete mit ihnen. Ich hoffte, dass sie nun abgelenkt waren und ich mich ins Dorf schleichen können würde. Doch dies war leider nicht der Fall. Während der griesgrämige Krieger mit dem Sprecher der Gruppe redete, war der Schützer weiterhin aufmerksam und ging seiner Aufgabe nach: Das Dorf mittels einem der bekannten Schützer-Schutzschilde zu beschützten und vor Eindringlingen zu bewahren. Ich schloss einen Moment lang schmerzerfüllt meine Augen. Die unerträglichen Schmerzen an meinem Körper und in meinem leeren Magen wurden immer und immer schlimmer! Als ich sie wieder öffnete sah ich, dass die Diskussion nun sehr hitzig zuging. Sie redeten zwar sehr laut, aber ich war zu weit weg, um das Gespräch mit meinem lächerlichen einfachen Gehörsinn zu verfolgen. Doch als die übrigen Dämonen der Gruppe auf einmal anfingen, ebenfalls den Krieger anzuschreien und die Frauen zitternd und ängstlich ihre Kinder umarmten, wurde es mir sofort klar. Die Gruppe wurde nicht in das Dorf gelassen. Diese hilflosen Dämonen schienen dies absolut nicht akzeptieren zu wollen. Doch was hatten sie schon für eine Wahl?!


Da sich immer noch nichts getan hatte, hatte ich bereits die Hoffnung aufgegeben, durch die Gruppe genug Ablenkung zu bekommen. Ich war kurz davor, erneut zusammenzubrechen. Doch dann löste sich auf einmal ein einzelner gebückter Dämon aus der Gruppe und rannte einfach an den beiden Bewacher vorbei. Natürlich kam er nicht weit und wurde sehr schnell vom Schutzschild abgebremst. Doch er hatte eine Bewegung ins Leben gerufen. Denn unzählige verzweifelten Dämonen folgten nun seinem Beispiel. Sofort hatten der Krieger und der Schützer Schwierigkeiten, ihrer Aufgabe gewissenhaft nachzukommen. Doch als der Krieger seine Waffe zückte, wichen die ängstlichen Dämonen der Gruppe augenblicklich wieder von dem Dorf zurück. Wahrscheinlich hatten sie das gefährliche Funkeln in seinen Augen gesehen. Denn es verriet, dass er seine Aufgabe auf jeden Fall zuverlässig ausführen würde. Und dafür würde er über Leichen gehen, wenn es sein musste. Hier schien kein Platz für die heimaltlosen Dämonen zu sein. Denn sie waren hier alles andere als willkommen. Was dann mit ihnen geschah und wie die hitzige Auseinandersetzung weiterging, bekam ich nicht mehr mit. Denn mit dem Angriff der vielen Dämonen waren die beiden Wachen tatsächlich so sehr überfordert gewesen, dass ich mich einfach unbemerkt an ihnen vorbeischleichen konnte! Ich rannte so schnell ich konnte an ihnen und dem Eingangstor vorbei und immer weiter ins Dorf. Dort hielt ich mich in den Schatten der Häuser und versteckte mich in ihnen. Erst als ich den Marktplatz erkannte, am anderen Ende des Dorfs, hielt ich an. Diese ganze Hoffnung hatte mir viele neue Energie gegeben. Vorsichtig beobachtete ich etwas das Treiben. Unglücklicherweise musste ich feststellen, dass sie hier in der Hölle tatsächlich spezielle Münzen als Währung hatte. Ich stöhnte erschöpft. All den Weg für nichts? All die Anstrengungen, all das Durchhalten. Und jetzt endete alles direkt vor meinem Ziel? Nur, weil ich kein Geld besaß?! Das durfte doch nicht wahr sein! Plötzlich hörte ich direkt hinter mir Schritte und drehte mich um. Ich sah direkt in ein grün marmoriertes Augenpaar.

Die Prinzessin der Hölle - Das Erwachen der FlammeWhere stories live. Discover now