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Prijan wirkte äußerst entspannt, vielleicht sogar ein wenig zu entspannt für meinen Geschmack

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Prijan wirkte äußerst entspannt, vielleicht sogar ein wenig zu entspannt für meinen Geschmack. Ich dagegen sah mich immer wieder um, während wir die Treppe ansteuerten, die uns nach unten zum Verlies führen würde. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und mit Sicherheit schliefen die meisten noch, aber ich hatte den Drang, mich abzusichern. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass Eath oder jemand anderes uns einen Strich durch die Rechnung machte. 

„Du wirkst ... na ja, angespannt", sagte Prijan, als wir die ersten Stufen nach unten liefen. „Ich dachte, du willst einfach nur kurz mit ihr reden?"

„Ja, daran liegt es nicht", entgegnete ich und schüttelte den Kopf. Und das war auch die Wahrheit – natürlich war ich ein wenig aufgeregt, nach all der Zeit wieder mit Kirani sprechen zu können, aber meine innere Anspannung hatte einen anderen Grund.

„Kennst du das, wenn eigentlich alles in Ordnung ist, aber du trotzdem ein blödes Gefühl bei der Sache hast?"

„Wie eine schlechte Vorahnung?", tippte Prijan und brachte es damit genau auf den Punkt. 

„Ja", seufzte ich, „wie eine schlechte Vorahnung."

Vielleicht hätte das der Moment sein sollen, in dem ich die ganze Aktion wieder abblies. Vielleicht hätte ich einfach auf mein Gefühl hören und wieder umdrehen müssen. Aber noch bevor ich das tatsächlich hätte in Erwägung ziehen können, waren wir auch schon unten angekommen und begegneten zwei Wachen, die sich direkt vor uns positioniert hatten und den Durchgang versperrten. 

Ich sah, dass der Gang hinter ihnen nur noch spärlich beleuchtet war und fragte mich, ob die Gefangenen wohl überhaupt Licht abbekamen oder ihre Zeit in Dunkelheit absitzen mussten. 

„Was wollt ihr?", fragte eine der Wachen und an ihrem Ton hörte ich bereits, dass keine Begeisterung über unsere Anwesenheit hier unten herrschte. 

Prijan deutete mit einer kurzen, flüchtigen Geste auf den Gang hinter ihnen. „Wir wollen nur kurz mit einer der Gefangenen reden. Danach sind wir wieder weg."

„Mit welcher Gefangenen?", fragte nun der andere Mann. 

„Mit der Glyth, die gestern hergebracht wurde", antwortete ich an Prijans Stelle. Ich sagte absichtlich nicht ihren Namen, wollte nicht den Eindruck erwecken, dass wir ein enges Verhältnis hätten. Sie war die Gefangene und ich einfach nur jemand, der ein kurzes Gespräch führen wollte. Nicht mehr und auch nicht weniger. Das war es, was die Wachen denken sollten.

„Wer hat das angeordnet?", kam direkt die nächste misstrauische Frage. Ich wusste nicht, ob das jedes Mal so ablief, wenn man hier runter wollte, oder ob sie diese Fragen nur bei uns stellten. 

„Ich", sagte Prijan nüchtern. „Es geht um Informationen bezüglich der Sicherheit der Königsfamilie. Es ist vertraulich. Mehr kann ich euch dazu nicht sagen."

Ich bemühte mich, mir nicht anmerken zu lassen, wie beeindruckt ich von Prijans Lüge war. Ich spürte natürlich, dass er nicht die Wahrheit sagte, aber die anderen beiden würden nie im Leben ahnen, dass er ihnen gerade nur Schwachsinn auftischte. Dazu war ihm das alles viel zu leicht über die Lippen gekommen. 

Riscéa - Schuld und LügeWhere stories live. Discover now