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Schon seit etwa zehn Minuten saß ich wie gebannt auf meinem Bett und starrte die gepackte Stofftasche zu meinen Füßen an

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Schon seit etwa zehn Minuten saß ich wie gebannt auf meinem Bett und starrte die gepackte Stofftasche zu meinen Füßen an. Als ich mich vor einigen Stunden für den Abend fertig gemacht hatte, wäre mir nie im Leben der Gedanke gekommen, dass dieser so ein Ende nehmen könnte. Ich wusste nicht, ob ich mit meiner Entscheidung, zu verschwinden, einen riesigen Fehler machte oder ob mir dieser Schritt das Leben retten würde.

Um ehrlich zu sein, tat mir bereits der Kopf weh, von all den Gedanken, die ich mir in den letzten beiden Stunden gemacht hatte.

,,Bist du fertig?", holte mich Viano aus meinen Überlegungen und schloss leise die Tür hinter sich. Ich sah zu ihm auf und entdeckte das kleine Bündel in seinen Händen. Er schien meinen fragenden Blick zu bemerken.

,,Ich habe etwas Essen aus der Küche geholt – das sollte wenigstens für ein, zwei Tage ausreichen, wenn du es dir gut einteilst. Ich hoffe, bis dahin hast du aber einen Platz gefunden, an dem du wenigstens fürs Erste bleiben kannst. Hast du einen Plan, wo es hingehen soll?" Er setzte sich neben mich und legte das eingepackte Essen auf meiner Tasche ab.

,,Ich habe an Ciraglis gedacht", zuckte ich mit den Schultern. ,,Und danke für das Essen. Ich werde es brauchen."

,,Das Dorf im Westen?" Überrascht hob Viano die Augenbrauen. ,,Wie kommst du darauf?"

Ciraglis war der einzige Ort, den ich je als Zuhause betrachtet hatte. Bis zu meinem achten Lebensjahr war dieses Dorf wie der Himmel auf Erden für mich gewesen. Jedenfalls war es das, was ich heute über Ciraglis sagen würde. Ob ich damals auch so empfunden hatte, wusste ich gar nicht mehr. Es war schon viel zu lange her.

,,Keine Ahnung", murmelte ich. ,,Ich habe gehört, dort soll es ganz schön sein."

Viano lächelte leicht und legte dann einen Arm um meine Schultern, sodass mich sofort seine angenehme Wärme empfing. Ich wusste auch nicht genau, wie man die Beziehung zwischen uns betiteln sollte. Ich mochte ihn und ich wusste auch, dass er etwas für mich übrig hatte. Ob wir Freunde waren?

Als Xoros mich damals bei sich aufgenommen hatte, war Viano der Erste gewesen, der auf mich zugekommen war. Bei der Erinnerung daran schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Er war voller Selbstbewusstsein zu mir gekommen und hatte mich nach meinem Namen gefragt. Obwohl er ihn schon zig Mal aus Xoros' Mund gehört hatte.

,,Es wird alles gut werden. Das weißt du, oder?", flüsterte er nahe meines Ohres und drückte mir dann einen federleichten Kuss auf die Schläfe. Unwillkürlich schmiegte ich mich an seine Seite und wünschte, ich müsste nicht gehen. Wünschte, ich könnte es noch eine Weile genießen, jemanden bei mir zu haben, dem ich etwas bedeutete.

Viano seufzte, strich mir noch einmal über mein Haar und erhob sich dann. Schlagartig wurde mir kalt und ich musste ein Zittern unterdrücken.

,,Ich werde in einer Stunde wiederkommen, versuch dir bis dahin nochmal alles gut durch den Kopf gehen zu lassen. Du kannst dich immer noch umentscheiden." Er trat an die Tür und legte seine große Hand auf den Knauf. ,,Sperr hinter mir ab. Sicherheitshalber." Dann ging er und ließ mich in dem dunklen, nur vom Mond in sanftes Licht getauchten Raum allein.

Riscéa - Schuld und LügeWhere stories live. Discover now