3. Ein echter Bücherfreund

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Aaaaaaah!

Ihr Süßis, so viele Votes und Kommentare, ihr überrascht mich total. Damit habe ich wirklich und ehrlich nicht gerechnet!

Gibt es hier oder sonst irgendwo im Netz eigentlich noch andere Stories, die ihr empfehlen könnt?

Und apropos Bücher: Habt ihr seine Biografie gelesen (oder angehört, je nachdem)?

<3

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„I don't care if Monday's blue - Tuesday's grey and Wednesday too - Thursday, I don't care about you - It's Friday, I'm in love"

The Cure – Fridays I'm in love


Zwei Wochen später sortierte ich gerade eine neue Lieferung Bücher ein, als die kleine Glocke über der Ladentür einen neuen Kunden ankündigte.

„Komme gleich!", rief ich, weil die Kochbuchabteilung um die Ecke war, schob den letzten Mälzer ins Fach und richtete mich auf. Die leere Kiste unterm Arm betrat ich den größeren der beiden Verkaufsräume und stellte sie neben den Durchgang zum Lager.

„Kann ich Ihnen helfen, oder möchten Sie sich einfach ein bisschen umschauen?", fragte ich den Mann, der mit dem Rücken zu mir vor unserer Wand mit den aktuellen Spiegel Bestsellern stand, während ich auf ihn zuging.

„Jou, ich suche ein bestimmtes Buch. Es geht um einen Typen, der sein Gedächtnis verloren hat und ne Anzeige schaltet, damit sich alle, die ihn kennen, bei ihm melden. Haben Sie das zufällig da?"

Ich starrte den Rücken, heute in einem hellblauen Sweater, an, bis der Träger sich zu mir umdrehte. Es war wirklich Marcel, ich hatte mich nicht getäuscht. Wieder mit Kappe, wieder mit Jogginghose, heute allerdings ohne Hund. Er grinste verschmitzt und legte den Kopf schief, er schien wirklich auf eine Antwort zu warten. Meinte er das ernst?

Ich blinzelte zwei Mal und straffte dann den Rücken.

„Sie meinen Kennen Sie diesen Mann von Carl Tiller. Sie haben Glück, eine Ausgabe haben wir noch."

Ich konnte mein Lächeln nicht verbergen, auch wenn das gerade ziemlich verrückt war – aber ich spielte mit. Was auch immer er damit bezweckte, eins musste man ihm lassen: Er überraschte mich.

Ich ging um ihn herum zwei Regale weiter, er folgte mir und ich zog das Buch hervor.

„Meinen Sie das hier?", fragte ich und sah zu ihm hoch, er war ein Stückchen größer als ich, das war mir beim letzten Mal gar nicht aufgefallen. Sein Blick wanderte von dem Buch zu mir.

„Sieht gut aus.", bestätigte er und sah sich im Laden um. „Können Sie sonst noch was empfehlen?"

Der Kerl war verrückt. Aber sympathisch verrückt. Etwas aus dem Konzept gebracht sah ich mich um.

„Ähm...Das rote Halsband von Rufin hat mir sehr gefallen, und Der Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman von Diane Setterfield soll ebenfalls gut sein, das habe ich selbst aber noch nicht gelesen." Ich fuhr mit den Fingern die Buchrücken entlang, holte beide Bücher hervor, um sie ihm in die Hand zu drücken und drehte mich dann zum Tisch mit den Sonderangeboten. „Wir haben aber auch gerade einige Krimis runtergesetzt, wenn das vielleicht was für Sie ist..?"

Marcel reckte das Kinn und tat, als würde er scharf nachdenken.

„Ich nehme erstmal Ihre beiden Empfehlungen mit. Für die Krimis komme ich dann nächstes Mal vorbei.", sagte er schließlich und ich konnte nicht anders, als zu lachen. Sowas war mir wirklich noch nie passiert. Er aber blieb ernst und folgte mir zur Kasse.

„Gut. Alles zusammen macht das 40,97€, ich lege Ihnen noch dieses Lesezeichen dazu, ja? Möchten Sie eine Stofftasche für einen Euro?"

„Unbedingt.", sagte er ernst. „Kann ich mit Karte zahlen?"

Ich schob ihm das Lesegerät rüber, packte die Bücher ordentlich in einen unserer bedruckten Stoffbeutel, legte das Lesezeichen und den Kassenbeleg dazu und reichte ihm dann seinen Einkauf. Nach wie vor hatte er mit keiner Sekunde zu erkennen gegeben, dass wir uns kannten.

Er nahm die Tasche entgegen, sah hinein und zog dann das weiß eingebundene Buch von Diane Setterfield wieder hervor. Fragend sah ich ihn an, als er es, das Cover säuberlich zu mir gedreht, auf den Tresen legte.

„Das ist für Sie. Lesen Sie mal rein, soll ganz gut sein, habe ich gehört.", sagte er, grinste mich an und verschwand.

Ich starrte noch einen Moment auf den Fleck, an dem er eben noch gestanden hatte, und dann hinunter zu dem Buch vor mir. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, biss mir auf die Lippe und ging zurück an meine Arbeit. Lächelnd.


„Er ist vorbeigekommen? Und er hat dir ein Buch geschenkt? Wooow Mila, das ist so süß!"

Svenja war schwer begeistert. Ich machte gerade eine Bücherbestellung für eine Schulklasse fertig und hatte meine beste Freundin angerufen, um ihr von dem Besuch zu erzählen, denn das war wirklich irgendwie unglaublich gewesen. Ich hätte ja gedacht, dass er unter Gedächtnisverlust litt, hätte er nicht nach dem Tiller gefragt.

„Naja, süß würde ich ihn jetzt nicht nennen, aber ich muss gestehen, ich bin...beeindruckt. Woher der wohl wusste, dass ich hier arbeite? Oder meinst du, das war Zufall?"

„Der hat bestimmt alle Buchhandlungen in Buxtehude abgegrast, um dich zu finden. Megaromantisch!"

„Red keinen Unsinn, dafür ist er sicher nicht der Typ. Aber arbeitslos ist er dann wohl auch nicht, oder? Er hat spontan Bücher für vierzig Euro gekauft, die er wahrscheinlich nicht mal lesen wird."

„Ist doch egal! Mann Mila, du bist so nervtötend pragmatisch, das gibt's gar nicht. Erzähl doch mal, wie hat er heute ausgesehen? Und mach schnell, meine Mittagspause ist gleich vorbei!" Sie klang sehr viel aufgeregter, als ich mich fühlte.

„Ausgesehen?", wiederholte ich „Ja, wie letztes Mal. Denkst du, ihm ist ein drittes Auge auf der Stirn gewachsen?", fragte ich verwirrt.

„Ich gebs auf.", stöhnte Svenja. „Ich geh wieder an die Arbeit."

Ich tat so, als würde ich mir den neuen Fitzek an die Stirn schlagen, und legte auf. Svenja war meine beste und längste Freundin, wir kannten uns schon seit dem Kindergarten, aber manchmal war sie wirklich eine komische Nudel. Sie überdramatisierte gerne und war auf jeden Fall die flippigere von uns beiden. Ich dagegen war jetzt nicht der langweiligste Mensch der Welt, aber ich hatte lieber meine Ruhe.

Wer mir allerdings keine Ruhe ließ, war Marcel. Wer war dieser Typ? Wieso kam er hier her, führte dieses kleine Theater auf, und verschwand dann wieder? Bücher kaufen...im Leben wollte der doch keine Bücher kaufen. Aber er hatte auch nicht nochmal nach meiner Nummer gefragt, oder sonst irgendwelche Andeutungen gemacht. Und was arbeitete er, dass er sich Gesichtstattoos stechen lassen konnte, und tagsüber frei hatte? Vielleicht war er Türsteher oder so. Oder eben doch kriminell. Wobei Kriminelle wahrscheinlich keine Bücher kauften, um eine Frau zu beeindrucken...falls das sein Plan gewesen war. Ob er wirklich wieder kommen würde? Mein Blick wanderte zu den Krimis. Eigentlich konnte ich es mir nicht vorstellen. Aber ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass er hier her kam, wegen...mir. Irgendwie.

Jedenfalls hatte er wohl sein Ziel erreicht. Ich dachte nach über ihn. Mehr, als ich eigentlich wollte.

A whole new Level (MontanaBlack)Where stories live. Discover now