Kapitel 10

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Und wieder lag diese angespannt Stille über uns, in der jeder seinen eigenen Gedanken nachging. Offenbar erwarteten sie nun eine Reaktion meinerseits, doch alles was ich tun konnte, war die Augen zu schließen und tief durchzuatmen. Besser konnte es nicht mehr kommen, oder? Mein verschwundener Vater war nicht nur ein Engel, sondern auch noch der Sohn von einem Erzengel. Langsam fragte ich mich, ob meine Mutter nicht von dem ganzen Engel-Kram wusste und mich absichtlich auf diese Schule gebracht hatte. Musste sie nicht gemerkt haben, dass ihr Geliebter und Vater ihrer Tochter etwas anders war? Aber irgendwie konnte ich mir das bei ihr nicht vorstellen...

„Und woher kennst du nun den Namen?" fragte Alyssa neugierig. Es war für mich schwer mit der Wahrheit herauszurücken, denn ich hatte keine Ahnung, wie sie reagieren würden. Deswegen musste ich die ganze Zeit über auf den Boden blicken.

„Nun ja, also es könnte so... vielleicht sein,... dass jemand mir mal gesagt hat, er... wäre mein Vater?" In diesem Moment fielen einige Bücher auf den Boden, die Frau Rosengard zuvor noch in den Händen gehalten hatte. Niemand machte auch nur Andeutungen diese aufzuheben. So langsam hatte ich es satt, von allen angestarrt zu werden, wenn sie erfuhren, dass Leliel mein Vater war. Genau wie der Rat, bei dem ich mit dem Direktor und Herr Dewsa gewesen war, starrten mich meine Freundinnen mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen an.

„Ich denke, du bist ein Mensch?" sagte Chenoa und blickte mir dabei prüfend in die Augen.

Anscheinend musste ich ihnen den heutigen Tag genau erklären, denn so wie es aussah, hatte der Direktor auch unserer Sekretärin verschwiegen, dass ich eigentlich ein Nephilim war. Oh Gott, ich war ein Nephilim, halb Mensch, halb Engel! Ich würde wahrscheinlich etwas länger brauchen, um das zu glauben...

Also erzählte ich ihnen die ganze Geschichte, nur meinen Traum mit Leliel und dem Erzengel ließ ich aus. Sie machten zwar erstaunte Gesichter, doch in ihren Augen spiegelte sich Sorge wieder. Hailey begann sofort auf und ab zu laufen, ein Zeichen dafür, dass sie sehr angestrengt nachdachte. Insgesamt verbreitete meine überrschende Kunde mehr Sorgen als Entsetzen. Ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.

„Okayyy, dann hätten wir jetzt ein kleines Problem. Also wenn es wirklich stimmt, was dir diese Frau gesagt hat." meinte Alyssa.

„Die magischen Schilde können unmöglich zu umgehen sein, vor allem bei Erzengel Rafael!" Hailey setzte ihre Bewegung fort.

„Diese Frau hieß?"

„Anafiel." sagte ich mit bestimmter Stimme. Frau Rosengard seufzte tief.

„Nun gut, dann ist es wirklich wahr. Nephilim Anafiel ist berüchtigt dafür, alle möglichen Geheimnisse und Erlebnisse in deinem Kopf zu finden."

„Und was daran genau ist jetzt das große Problem?" fragte ich wiedereinmal ahnungslos.

„Du bist die Enkelin eines Erzengels! Du hast unglaubliche Kräfte, die wahrscheinlich über die, von jedem anderen Nephilim liegen. Als kleines Kind hättest du diese Kräfte unmöglich in der Welt der Engel kontrollieren können, weswegen du mit deiner Mutter zurück auf die Erde geschickt wurdest und hier einen... so eine Art Schutzschild für deine Magie bekommen hast. Erst wenn irgendein Zeichen, frag mich nicht welches, es gibt immer für alles ein Zeichen, erschienen wäre, dürftest du zurück."

„Kam denn so eine Erscheinung?"

"Nein, eben nicht. Du warst heute schon in Alamae, ohne Erlaubnis von einem der Ältesten. Das eigentliche Problem ist jetzt aber, dass deine ganzen magischen Schutzschilder sich automatisch auflösen, weil du in dieser Welt warst... und auch die, von deiner Mutter." beendete Chenoa ihre kurze Erklärung. Ich versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen und ordnete meine Gedanken, um schon die nächste Frage zu stellen.

Angel AcademyWhere stories live. Discover now