Angel Academy

Kapitel 2

_TheStoryAngel_  gewidmet

Meine Gedanken schweiften vom Gespräch mit meiner Mutter ab. Ich schaute nach draußen in den Himmel, und stellte mir vor, einfach durch diese dicken Wolken zu fliegen, bis ich über ihnen war und auf das schneeweiße Antlitz unter mir schauen konnte. Für ein paar Minuten ganz sorgenlos sein, den Anblick genießen, fernab von allen Lebewesen...

Ich wurde brutal aus meinen Gedanken gerissen, als Mom mit einer unglaublichen Geschwindigkeit um die Kurve raste und ich gegen die Beifahrertür geschleudert wurde. Danach legte sie auch noch eine Vollbremsung hin, nur um festzustellen, dass wir endlich da waren.

„Au, Mom mein Kopf!“

„'Tschuldigung Liebes, ich habe erst im letzen Moment gemerkt, dass wir hier abbiegen müssen. Oh, sieh nur, da vorne ist dieses große Eisentor. Wir sind da!“ sagte sie voller Begeisterung und sprang förmlich aus dem Wagen. Wirklich Nichts konnte ihre alltäglich gute Laune trüben, was manchmal sehr nervig war.

Einmal tief Durchgeatmet, dann stieg ich aus dem Wagen, sodass wir beide zum Tor hinüber gehen konnten. Was als Erstes auffiel, war der hohe Gitterzaun mit ein bisschen Hecke, der sich ziemlich lang hinzog, worauf zu schließen war, dass das Gelände der Akademie geradezu riesig sein musste. Wenn man auf die andere Straßenseite blickte, reihten sich alte verfallene Häuschen aneinander, die niemand mehr zu bewohnen schien.

Mom fand erstaunlicherweise sofort die Klingel, obwohl diese hinter einem zugewachsenen Breifkasten versteckt war. Nach ein paar Augenblicken hörte man, wie das Schloss aufgeschlossen wurde und eine kleine, etwas rundlichere Frau, trat hinaus. Sie hatte braune warme Augen und auf ihrem Kopf einen ebenso braunen Haarwuschel.

„Guten Tag, sind sie die Gracelands?“

„Ja, wir haben einen Termin beim Direktor. Es geht um meine Tochter Celina, die gerne in ihrer Schule aufgenommen werden möchte. Heute haben wir einen Besichtigungstermin.“

Die Augen der Frau begannen zu strahlen und mit einem breiten Lächeln wandte sie sich mir zu.

„Dann bist du bestimmt Celina! Wir freuen uns wirklich sehr, dass du dich für unsere Schule interessierst und... ach ich muss mich doch erst vorstellen: Ich bin Marianne Rosengard, die Sekretärin und Verwalterin der Angel Academy.“ sagte sie, während meine Hand durchgeschüttelt wurde.

„Hallo, ich freue mich auch sehr.“ erwiderte ich leicht unsicher.

Nachdem sie meine Mutter nicht weniger strahlend begrüßt hatte, drängte sie uns hinein und verschloss das Tor wieder. Sie schien sich wirklich richtig zu freuen. Ich mochte sie vom ersten Moment an, allein schon wegen den warmen ehrlichen Augen.

„Wir haben nicht so oft Besuch, also ignoriert manch neugierigen Blick einfach.“ riet sie uns und lief im Eiltempo voran.

Wir befanden uns auf einem geraden Sandweg, der direkt zu einer alten Statue führte. Es sollte eindeutig einen Mann darstellen, jedoch einen, der mir überhaupt nicht bekannt vorkam. Zur linken und rechten Seite war ein saftig grüner Rasen, auf dem ein paar Kastanien standen. Einige Schüler hatten sich unter diese gesetzt und aßen ihr Mittagsessen. Als wir um die Statue herum geschlendert waren, musste ich stehen bleiben, um mir das Schulgebäude genauer anzuschauen.

Es war wie ein kleines Schloss, ockerfarben, mit vielen Fenstern und ja, wieder ein Tor, doch diesmal aus kunstvoll geschnitztem Holz. Zu beiden Seiten ragte jeweils ein Turm aus dem Dach und man konnte erahnen, dass auf der hinteren Hälfte des Gebäudes wieder zwei Türme waren. Die Dachkacheln hatten eine hellbraune Farbe, die mit der ockerfarbenen Wand harmonierte.

Eigentlich waren es nur wenige Sekunden gewesen, die ich brauchte, um die Akademie zu bewundern. Doch in dieser Zeit hatte es die Sekretärin geschafft, bis zum Holztor zu gelangen. Sie war zwar klein, aber hatte anscheinend ein atemberaubendes Tempo drauf. Schnell joggte ich den restlichen Weg entlang und schloss zu den Beiden auf. Frau Rosengard erzählte meiner Mutter gerade etwas über die Geschichte des Gebäudes, während sie die Flügel des Holztores zurückschob. Ehe wir uns versahen, war sie auch schon im Flur und wollte durch die nächste Tür gehen, wobei sie viele geschichtliche Fakten aufzählte.

Der Empfangssaal war relativ schlicht gehalten. Eine große Treppe führte in die nächste Etage und mehrere Bilder hingen an der Wand. Ich vermutete, mir würde es die ersten Tage schwer fallen, mich hier zu orientieren, wenn ich auf diese Schule ging. Ein entloses Gewirr von Fluren und Gängen, die meist zu Treppen führten oder zu verschiedenen Räumen. Hier und da hing ein Bild an der Wand, es gab viele Fenster und die Wand war in einem helleren ocker, als draußen gestrichen. Irgendwann kamen wir an eine Tür, wo die Sekretärin uns bat, kurz zu warten. Kurz darauf wurden wir aber schon hineingelassen, wo uns ein Mann begrüßte.

„Willkommen Frau Graceland und natürlich Celina. Ich bin Direktor Owen, schön sie kennenzulernen.“ sagte er, während er zuerst Mom und dann mir die Hand schüttelte.

Er war ein interessantes Bild... Ehrlich, ich hatte keine Ahnung, wie alt der Typ war. Groß, schlank und ohne sichtbare Alterung, als ob er zwanzig wäre. Allerdings hatte er bereits graues Haar, das komisch funkelte, wie Silber. Außerdem bewegte er sich nicht mehr ganz so energiegeladen und seine Augen versprühten eine gewisse Weisheit... Ich fragte mich echt, wie ich sowas sehen konnte.

„Die Freude ist ganz unsererseits. Vor allem, da wir den letzten freien Platz bekommen haben.“ In ihrer Stimme schwang ein Stück Stolz mit. Schließlich setzten wir uns alle drei und Frau Rosengard ließ uns allein.

„Nun ja, wir vergeben eigentlich nur Plätze für vorbestimmte Kinder. Du bist die Erste, Celina, die nicht auf unserer Liste steht.“

„Auf welcher Liste?“ fragte ich ein wenig irritiert.

„Es gehen nur, wie soll ich sagen, seit ihrer Geburt ausgewählte Jugendliche auf dieses Internat. Doch das wollen wir ändern. Jedes Kind soll eine Chance haben, hier unterrichtet zu werden, aber bisher haben wir noch Probleme mit unseren Vorgesetzten, deswegen sollten wir ersmal nur eine neue Schülerin aufnehmen und gucken, ob alles gut klappt.“erklärte der Direktor.

Seit ihrer Geburt ausgewählt? Was waren denn das für Kinder? Adelige?

„Ah, und diese eine Schülerin ist Celina.“

„Genau.“

„Und was ist, wenn das 'Experiment' fehlschlägt?“ fragte ich nun.

„Das werden wir dann sehen. Doch nun möchte ich ihnen gerne kurz das Schulgelände zeigen.“ erwiderte er und stand schwungvoll auf.

Am frühen Nachmittag fuhren Mom und ich sichtlich zufrieden zurück. Direktor Owen hatte nicht viel Zeit gehabt, deswegen war es eine kurze Rundführung, in der er uns nur das Wichtigste zeigte.

Als Erstes wurde uns der Garten präsentiert, der sich auch sehen lassen konnte. Eine riesige Grünfläche mit Bäumen, Bänken, Blumenbeeten, einem Pavillion und sogar einem Gartenhaus. Danach war die Turnhalle an der Reihe, die fast genauso wie die, in meiner alten Schule ausssah, nur größer. Er zeigte uns den Essenssaal, ein paar Klassenräume und die Schulbibliothek, die schonmal mein neuer Lieblingsraum sein würde.

„Na, was meinst du, Schätzchen?“

„Die gefällt mir von allen am Besten.“

Sie musste grinsen.

„Weißt du, das dachte ich mir schon, als wir das Schulgelände betreten haben.“

Et voilà! 2 . Kapitel, auch hier ist kommentieren ausdrücklich erwünscht ;)