Kapitel 23

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Ein Junge von ungefähr 10 Jahren rannte die Straße hinunter, um vor seinem Freund zu flüchten, der ihn vergeblich versuchte zu fangen. An seinen Augen merkte man, dass er nicht nur Mensch war, sondern zur Hälfte Engel. Seine blauen Augen und die braunen Strähnen, die in sein Gesicht fielen konnte ich so scharf sehen, als würde er direkt vor mir stehen, beziehungsweise rennen. Fast bildete ich mir ein, sogar das regelmäßige Pochen seiner Schuhe auf der Straße zu hören.

Mein Blick ließ schließlich von ihm ab und wendete sich zu einer jungen Frau, die meine Aufmerksamkeit erregte. Sie flocht geschickt dünne Fäden ineinander, die stark an die einzelnen Adern meiner magischen Schutzhülle erinnerte, bevor sie zerstört wurde. Die Fäden leuchteten so stark, dass sie das Gesicht der jungen Frau in einem sanften Goldton anstrahlten.

Ich blinzelte kurz und schon verschwamm die zuvor starke Sicht. Meine Konzentration ließ zusätzlich nach und so glitt ich zurück in die menschliche Sicht. Die einzelnen Häuser und Leute wurden kleiner, undeutlicher und verschmolzen allmählich zu einer Stadt, wie man sie von einem hohen Turm aus sehen würde. Langsam lehnte ich mich zurück, um das Gesamtbild dieser einzigartigen Hauptstadt zu bewundern. Nun konnte ich auch deutlich den typischen Lärm hören, der von ihr ausging, obwohl dieser in der luftigen Höhe so sanft war wie das Rauschen des Windes. Ja, seltsamerweise war hier kaum Wind zu spüren, man könnte meinen, er würde sich verstecken, nur um später mit voller Kraft zuzuschlagen.

Spaßeshalber erfasste ich mit meinem Blick eine kleine Wolke und konzentrierte mich darauf sie schärfer zu sehen, sodass ich das Gefühl hatte, als würde ich dorthin fliegen und sie genauer betrachten. Die watteähnliche Struktur verschärfte sich und auch wenn eine Wolke nicht wirklich Details hatte, so hätte ich in diesem Moment jedes kleinste davon ausmachen können. Diese... Kraft der Engel so scharf zu sehen war einfach unglaublich! Ebenso mein Hörsinn hatte sich extrem verbessert, wodurch ich nun auch einzelne Laute aus der Stadt heraushören konnte. Sogar mein Geruchs- uns ich vermutete auch Geschmackssinn war viel empfindlicher geworden, denn nachdem ich mich angestrengt hatte, roch ich den leichten Schweißgeruch von jedem Menschen aus meiner Familie. Am stärksten Onkel Davids. Aber ich wollte nun auch wieder nicht zu genau riechen...

Zufrieden lächelnd drehte ich meinen Kopf und schaute prompt in die himmelsblauen Augen meines Vaters. Hatte er mich etwa die ganze Zeit über beobachtet?

„Es gefällt dir." meinte er kurz angebunden und ich nickte.

„Es ist einfach fantastisch wie viele kleine Details man jetzt sieht, die man vorher überhaupt nicht beachtet hat! Nur die Umstellung ist etwas komisch. Ich habe immer das Gefühl, als würde ich direkt vor dem Gegenstand oder der Person stehen, die ich gerade beobachte, obwohl ich hunderte von Metern entfernt bin."

„Hm, du gewöhnst dich daran, glaub mir." antwortete er mir mit einem Schmunzeln im Gesicht. Sein Blick schweifte ab und glitt hinunter in das Zentrum, wo sich die Leute auf dem Marktplatz drängten.

„So verschieden ist die Hauptstadtder Engel gar nicht im Vergleich zu anderen Großstädten auf der Erde." murmelte ich leise vor mich hin.

„Auf den ersten Blick vielleicht. Die Tatsache, dass sie im Himmel schwebt, macht jedoch schon einen großen Unterschied, würde ich sagen." Ich musste leise lachen.

„Abgesehen davon natürlich." Auch er schnaubte kurz belustigt, was ich irgendwie als kleines Lachen nahm.

„Zudem wirst du wohl kaum in einer der Erdenstädte Engel und Nephilim finden, die dort leben, Magie praktizieren und an ihre Häuser ständig neue Runen malen."

„Tun sie das?" fragte ich interessiert. Mein Vater hob fragend die Augenbrauen.

„Ständig ihre Häuser mit neuen Engelsrunen bemalen." klärte ich ihn auf und seine Antwort machte mich nur noch neugieriger.

Angel AcademyWhere stories live. Discover now