2. Döner und Pudding

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Ich fragte nicht, was er beruflich machte. Ich ging davon aus, dass er arbeitslos war und wollte ihn nicht in die für ihn vielleicht unangenehme Situation bringen, das zugeben zu müssen. Mein Papa war auch mal ein halbes Jahr ohne Job gewesen, und ihn hatte das damals sehr runtergezogen.

Wir plauderten ein wenig über belanglose Themen, als zwei Jungs das Lokal betraten und sich an die Theke stellten. Sie waren eine Ecke jünger als wir, doch als sie zu uns hinüber schauten, begannen sie zu tuscheln. Verwirrt sah ich mich um und dann an mir herunter, konnte aber nichts auffälliges entdecken. Marcel sah ebenfalls nicht übermäßig aufsehenerregend aus, er hatte den Kopf über seinen Teller gesenkt und schien sehr vertieft in sein Essen zu sein. Ich zuckte mit den Schultern. Teenies waren eben einfach komisch.

Doch beim Verlassen des Ladens, jeder der beiden Jungs hatte einen in Alufolie gewickelten Döner in der Hand, riefen sie „Hey, Monte!" in unsere Richtung, obwohl niemand außer uns hier saß.

Marcel sah zu ihnen hinüber, nickte und hob halb die Hand zum Gruß, schien aber nicht an einem weiteren Gespräch interessiert zu sein. Breit grinsend verließen die beiden das Restaurant und ich sah mein Gegenüber fragend an.

„Das, äh...der kleine Bruder von nem Kumpel.", sagte er, als er meinen Blick bemerkte.

„Ach so, ich hab mich schon gewundert. Und der nennt dich Monte? Wie diesen Pudding?"

Den hatte ich als Kind manchmal gegessen, aber nicht in besonders leckerer Erinnerung.

„Haha ja, wie das mit Spitznamen immer so ist."

Ihm schien es unangenehm zu sein, darüber zu reden. Ich zuckte die Schultern. Vielleicht inhalierte er das Zeug und war so zu dem Namen gekommen.


„Ja, dann...", sagte ich schließlich, als wir beide aufgegessen hatten und es für uns eigentlich keinen Grund mehr gab, noch länger gemeinsam hier sitzen zu bleiben. Es wäre ziemlich unfreundlich von mir gewesen, jetzt einfach aufzustehen und zu gehen, aber ich musste noch einkaufen, und so nett ich die Begegnung mit Marcel ja auch fand, ich sah keinen Grund, die Bekanntschaft zu vertiefen. Zum Glück verstand er den Wink und schob die Teller zur Seite.

„Ja, du musst sicher weiter. Wenn du mir deine Nummer gibst, kaufe ich dir das Buch neu oder so, was für dich am besten passt."

Ich räusperte mich verlegen. Daher wehte der Wind also.

„Du, äh...danke für das Essen und so, aber das mit dem Buch ist schon okay." Ich stand auf und er erhob sich ebenfalls. Immerhin schien er nicht eingeschnappt zu sein, zum Glück. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich Männer abwies – nicht, dass ich so häufig angesprochen wurde, aber ich fand diese Situationen immer wahnsinnig unangenehm. Aber er lächelte nur und offenbarte dabei zwei Grübchen.

„Dann machs gut. Bis irgendwann mal."

Ich nickte freundlich.

„Klar, bis dann."

Dann griff ich nach meinem Korb, beugte mich kurz zu Kylo hinunter, um ihm zum Abschied noch einmal über den Kopf zu streicheln und verließ dann das Lokal. Vor der Tür schaute ich noch einmal zurück zu Marcel, der immer noch an dem Tisch saß und mir mit einem nachdenklichen Ausdruck nachsah.


Am nächsten Morgen saß ich mit Svenja in unserem alten Stammcafé in Stade und frühstückte.

„...war ja nett und alles, aber irgendwie auch komisch.", erzählte ich gerade meine gestrige Begegnung fertig, und Svenja verdrehte die Augen.

„Du bist echt spießig. Wenn er nett war, hättest du ihm deine Nummer doch geben können! Oder war das ernsthaft nur wegen der paar Tattoos?"

Ich nippte an meinem Cappuccino.

„Ja...nein...ach, ich weiß nicht. Ist ja auch egal, jetzt ist es eh zu spät. Hier, nimm." Ich schob ihr meine übrig gebliebene Marmelade rüber, die sie schon das ganze Gespräch über beäugt hatte.

„So bleibst du auf jeden Fall für immer und ewig allein mit deinen Büchern. Du bist 26, was soll das werden, mhm?", fragte sie, während sie die Marmelade auf ihr Frischkäsebrötchen strich. Sie hatte immer viel mehr Angst davor, dass ich ein ewiger Single blieb, als ich selbst.

Nun war es an mir, die Augen zu verdrehen.

„Also ich kann dir versprechen, dass der Typ jedenfalls nicht der Mann fürs Leben war, so viel ist sicher. Und ein Buch kann ich wenigstens einfach zuklappen und weglegen, wenns mir nicht mehr gefällt."

Svenja schüttelte den Kopf.

„Du bist unverbesserlich, echt."

Aber ich streckte ihr nur die Zunge raus. Ich war zwar seit drei Jahren single, dafür aber glücklich. Keine nervigen Männergeschichten, kein Stress, kein Ärger. Und von mir aus konnte das auch noch eine ganze Weile genau so bleiben.

A whole new Level (MontanaBlack)Where stories live. Discover now