Kapitel 4

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Elenor

Der Ledersitz fühlte sich fantastisch an und machte die Fahrt fast schon zu angenehm. Je mehr gezählte Kilometer mir das Auto präsentierte, desto nervöser rutschte ich hin und her. Seit einem Jahr hatte ich Evan nicht gesehen. Ich war naiv, wenn ich dachte, ich könnte ihm einfach um den Hals fallen. Schon gar nicht vor seiner Schwester.

Aber ich wollte es. Jedenfalls glaubte ich das. Seine Stimme durch mein Smartphone war nicht dieselbe, wenn er direkt vor mir saß. Die Wärme schwang nicht in ihr mit und ich bekam nicht diese angenehme Gänsehaut, wenn seine Stimme noch rau war, weil er gerade er aufgestanden war.

Wie ich mich anhörte. Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. Hier war weit und breit niemand. Die Straße war leergefegt. Es wollte wohl niemand dorthin, wo es mich hintrieb.

Aber da war doch ein Auto. Es raste an mir vorbei und ein Mann starrte in der Sekunde in denen sich unser Blick traf, zu mir. Unheimlich. Ich atmete tief durch. Ich war zu paranoid.

Ich konnte mir unmöglich jedes Mal sorgen machen, wenn jemand auch nur einen Blick in meine Richtung warf. Nach Evan hatte mir meine Tante keinen neuen Bodyguard besorgt. Nachdem mein Vater ins Gefängnis gekommen war und sie manchmal doch noch ihren Bodyguard auf mich hetzte, hatte sie es nicht mehr für nötig gehalten. Und ich war froh drum. Vielleicht schaute ich mich manchmal panisch um und vermisste diese Art Sicherheit, die ich in Evans Nähe gespürt hatte. Doch ich genoss es vielmehr einfach selbst entscheiden zu können, wohin ich ging, ohne dass ich bedenken musste, einen fast zwei Meter großen Mann mitzuschleppen.

Evan hatte sich zwar nie beschwert und der neue Bodyguard meiner Tante sicherlich auch nicht, wenn er seinen Job behalten wollte, aber dennoch war es, hier im Wagen, ganz alleine, ein großartiges Gefühl.

Langsam spürte ich doch den Druck auf meiner Blase, der mit jedem verstrichenen Kilometer schlimmer wurde und mich schließlich anhalten ließ.

Ich hielt an einem Parkplatz mit einer eher unhygienischeren Toilette, aber es war immer hin eine Toilette, und weitere fünfzehn Kilometer bis zum nächsten Parkplatz würde ich nicht durchhalten.

Ein schwarzer Wagen parkte direkt neben mir und ich fühlte mich sofort unwohl. Ich eilte zur Toilette, ohne mich umzuschauen. Ich war wirklich paranoid. Reiß dich zusammen.

Ich wusch mir die Hände und trat raus an die frische Luft. Der schwarze Wagen war verschwunden und ich atmete erleichtert aus.

Ich stieg wieder in meinen Wagen und fuhr weiter. Die Straßen waren heute wirklich nicht voll, und ich konnte das Fenster öffnen, als der Wind ein wenig nachließ und sich langsam die Sonne zeigte.

Nach einer Stunde jedoch, fing es an zu regnen. Erst als ich meinen nächsten Stopp beschloss, hörte es auf. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel und erschrak, als ich erneut den schwarzen Wagen vom Parkplatz hinter mir sah.
Beruhig dich. Bestimmt fahrt ihr einfach nur in die gleiche Richtung. Alles gut.

Jetzt wünschte ich mir Evan als Bodyguard zurück. Er hätte mich beruhigt und zur Not auch einen Kampf mit dem Fahrer des schwarzen Wagens aufgenommen. Ich hingegen war immer noch genauso unsportlich wie auch ein Jahr zuvor.

Ich drückte ein wenig stärker aufs Gas und drehte ein wenig das Radio auf. Noch einmal wagte ich einen Blick und wir fuhren immer noch in die gleiche Richtung.

Ich drehte das Radio lauter und öffnete das Fenster. Immer wieder blickte ich zurück, doch es blieb gleich.

Nach wenigen Minuten entschied ich mich, doch nicht anzuhalten. Zur Sicherheit. Mein Körper hörte auf zu zittern und ich konzertierte mich wieder nur darauf, was vor mir geschah. Ein paar Autos wechselten auf meine Seite und sorgten sofort für ein besseres Gefühl. Der schwarze Wagen war zwar immer noch hinter mir, aber jetzt auch hinter den anderen.

Rescue - Für die Stimme in der DunkelheitWhere stories live. Discover now