Kapitel 12

75 5 0
                                    

Elenor

Rodrigo. Ein alter Bekannter meines Vaters. Ein Mann, der als ich noch klein war und meinen Vater noch gesehen hatte, oft bei uns zu Besuch gewesen war. Damals hatte ich nie verstanden, um welche Geschäfte es sich handelte, und heute hatte ich somit auch keine Ahnung. Sie hatten sich immer die Hand gegeben, ein strenge Miene aufgesetzt und waren sofort in das Büro meines Vaters verschwunden. Manchmal, wenn ich durch den Türspalt spickte, hatte ich sehen können, wie sie sich stritten.

Dabei hatten sie darauf geachtet, nicht zu laut zu sprechen. Mein Vater war immer übervorsichtig gewesen, wenn es um die Arbeit ging. Jetzt verstand ich auch warum.

"Elenor!" Er sagte es voller gespielter Freude. Und ich verspürte nur, wie langsam aber sicher etwas in mir loderte, dass mich anspornte, ihn anzuspringen und ihm den Hals umzudrehen.

Wie konnte er es wagen, mich hierher zu verschleppen? Welches Puzzleteil fehlte mir, um dieses Bild zu verstehen?

"Du fragst dich bestimmt, warum die hier bist." Er bat mir nicht mal ein Glas Wasser an. Dabei fühlte sich mein Hals so trocken an wie eine Wüste.

"Was ist das hier?", fauchte ich. Ich war nicht in der Lage, mich zu beherrschen. Nicht mehr. Ich war keine Marionette, mit der er machen konnte, was er wollte. Ich war nicht seine Gefangene.

"Ich habe eine wichtige Aufgabe für dich", erwiderte er, stieß sich vom Tisch ab und kam einige Schritte auf mich zu. Ich machte einen Schritt zurück und musterte ihn kurz. Er war so groß wie Evan.

Ich legte die Stirn in Falten und ließ ihn auf mich zukommen.
"Ich werde sie aber nicht erledigen", entgegnete ich leicht wütend. Ich war müde, durstig und wollte einfach nur gehen.

Sein Gesicht lief leicht rot an. Er wurde wütend und es gefiel mir. Sollte er sich ärgern so viel er wollte.

"Wir kennen uns schon sehr lange. Du weißt wozu dein Vater fähig war. Ich bin schlimmer. In jedem Bereich." Seine Worte sollten mir Angst einjagen, aber es fiel mir schwer zu glauben, dass man schlimmer als mein Vater sein konnte. Allein die Vorstellung war beängstigend. Doch trotzdem verspürte ich nicht die bekannte Furcht.

"Tut mir leid, dass ich dich entführen musste. Dein Liebster wartet bestimmt auf dich. Aber keine Sorge, meine Männer passen gut auf ihn auf." Er drohte mir. Mit Evan und Lou.

Evan war stark, aber gegen eine Horde Männer war selbst er nicht unbesiegbar. Ich wollte einfach nur nicht, dass jemand leiden musste. Und leiden taten in diesem Moment viele. Ich konnte niemandem ein Lebenszeichen von mir geben und wer wusste schon, wie sehr Evan gerade am Durchdrehen war.

"Also, was tue ich hier?" Ich wollte endlich wissen, was der Grund für das hier war. Was sollte ich tun?

"Nicht so schnell. Bevor ich weiß, ob ich dir diese Aufgabe auch wirklich übertragen kann, müssen wir noch einiges besprechen."

Evan

Ein Plan, so groß und riskant wie kein anderer. Die Entführung und Tötung einer Familie. Wenn die Sonne aufgeht und das Gras grün leuchtet, wird der Tag gekommen sein. Ein Weg über mehrere Stunden, ein Versprechen und ein Wagnis, auf das ich mich freue.
Es wird waghalsig und ich kann es kaum erwarten. L, wird entführt. Er hat mir meine Tochter genommen. Meine Frau. Jetzt wird er büßen. Aber nein, ich werde nicht ihn büßen lassen.
Er wird sterben.

Worte, die das voraussagten, was schon längst vorbei war. Mein Körper zitterte und mein Atem ging schwer. Ich wollte schreien und trotzdem konnte ich nicht. Ich war davon besessen, zu erfahren, wie seine Gedankengänge waren. Wie er den Mord an meinen Eltern geplant hatte. Diese Worte stammten aus dem Büchlein, das wir im Auto gefunden hatte. Das Buch, das wir im Haus des Verdächtigen gefunden hatten, beinhaltete ähnliche Worte, aber kein Verbrechen, das darin verschlüsselt zu Papier gebracht wurde, war dermaßen voller Wut geschrieben worden, wie der Plan, meine Familie leiden zu lassen. Doch woher hatte dieser Kerl das Buch von Todd?

Kannten sie sich? So viele Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Ich hörte leise Schritte, die von der Treppe kamen. Lou rieb sich müde über das kleine Gesicht und lief zu mir. Ich war schon vorhin, direkt nachdem ich nach Hause gekommen war, zu ihr ins Zimmer gegangen, hatte mich bei Isaac fürs aufpassen bedankt und war wieder gegangen, um sie weiterschlafen zu lassen.

"Was ist das?" Sie wollte das Buch in die Hand nehmen, doch ich legte es hinter mich. Sie schmollte daraufhin, ließ aber locker, als sie meinen Gesichtsausdruck sah. Dieser Tag war furchtbar und wollte nicht enden. Und doch war ich am Ende.

"Konntest du nicht mehr schlafen?" Ich zog sie an mich und sie legte ihren Kopf auf meinen Arm, um sich anzuschmiegen und die Augen zu schließen.

"Ich weiß, wie Elenor sich gerade fühlt. Und es geht mir nicht aus dem Kopf", sagte sie leise. Ihre Worte ließen mich keineswegs kalt. Es war dieses Gefühl der Hilfslosigkeit. Ich hatte damals weder meine Schwester noch jetzt Elenor vor diesem Gefühl bewahren können.

Nervös fuhr sich Lou über ihren Pyjama und hob ihren Blick nicht von den kleinen Blüten, die darauf gedruckt waren.

"Du musst sie finden, Evan." Wie sie die Worte aussprach. Eine Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper. Sie hörte sich so erwachsen an.

"Ich verspreche es. Und jetzt ab ins Bett." Unfreiwillig erhob sie sich und trottete nach oben. Aber nicht, ohne mir noch einen Blick zu zuwerfen und mich dieses Glückgefühl verspüren zu lassen, dass ich wenigstens sie hatte und sie sicher Zuhause war.

Am nächsten Morgen, wachte ich auf, nachdem ich für wenige Minuten eingeschlafen war. In einer eher ungemütlichen Position im Sessel, während ich immer noch eines der Bücher in der Hand hielt, in dem ich die ganze Nacht gelesen hatte. Mein Nacken schmerzte und meine Beine kribbelten. Rasch erhob ich mich und setzte meinen Gedanken in die Tat um. Ich griff nach dem Telefon und machte einen Termin aus. Auch wenn ich mir geschworen hatte, niemals dort hinzugehen, war der Tag gekommen.

Die Wände waren schrecklich dreckig und es roch nicht besonders angenehm. Ich wurde ausgiebig durchsucht, mehrere Male betatscht und musste all meine Sachen abgeben.

Der Mann in Uniform führte mich dann durch einen breiten Gang. Ich spürte ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Und es wurde mit jedem Meter schlimmer.

Mir wurde ein Stuhl gewiesen, auf den ich mich setzen konnte. Eine Scheibe direkt vor mir und ein Telefonhörer direkt neben mir. Und da sah ich ihn. Hinter der Scheibe warf er mir einen überraschten Blick zu und nahm Platz. Todd Wesley sah aus, als würde er ein Gespenst sehen.




Evan und Todd, ob das gut geht?

Ich hoffe jedenfalls, dass es euch gut geht und ihr noch immer Spaß an der Story habt, obwohl ich so selten update.

Ich habe heute den zweiten Teil von Elias und Laia gekauft. Kennt jemand das Buch? Ich fand den ersten Teil sehr gut




Rescue - Für die Stimme in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt