Kapitel 32

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„Wenn du ein Geheimnis bewahren willst, musst du es auch vor dir verstecken." - George Orwell

Für mich schienen Minuten verstrichen zu sein, in denen ich einfach nur regungslos da stand und in die Augen des Mannes blickte, den ich abgrundtief verabscheute.

Keiner von uns beiden dachte auch nur im Entferntesten daran, diesen unheimlichen Blickkontakt abzubrechen. Ich hatte Angst, dass er verschwinden oder mich angreifen könnte, wenn ich ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen sollte.

Ich schluckte. Erst nachdem Ana mich auf dem Rückweg von ihrem Tisch kurz in die Seite rempelte, um den jungen Mann endlich zu bedienen, riss ich mich von der gefährlichen Gestalt meines Exfreundes los.

Am liebsten würde ich zu meinem Handy sprinten und Oliver anrufen, aber würde er mir überhaupt helfen wollen? Alvin zog abwartend eine Augenbraue nach oben. Okay Feya, reiß dich zusammen. Vor den vielen Menschen würde er mich doch nicht angreifen oder?

Langsam und vorsichtig ging ich auf den Mann zu, vor dem ich die meiste Angst verspürte. Je näher ich kam, desto enger und kälter wirkte der Raum. Wahrscheinlich hatte er die dunkle Ecke, abseits von der größeren Besuchermenge mit voller Absicht gewählt.

„Einen wunderschönen guten Tag!", begrüßte er mich, als wäre es das normalste auf der ganzen Welt. Ich traute ihm absolut nicht.

„Was willst du hier?", fragte ich auf direktem Wege. Man konnte sich sicher sein, dass er auf gar keinen Fall wegen des mittelmäßigen Kaffees hergekommen war oder um eines der Tortenstücke zu probieren.

„Na, na", schnalzte er, „Nicht so unfreundlich. Denk an deine Manieren, meine Liebe." Mir wurde beinah schlecht unter seinem komischen Blick, den er schon wieder aufgesetzt hatte. „Was. Willst. Du. Hier?", wiederholte ich meine Worte noch einmal mit einem deutlichen Nachdruck. Er sollte nicht den Eindruck bekommen, dass er über mich bestimmen konnte.

„Ach ... Ich bin nur mal vorbeigekommen, um zu sehen, wie es dir so in deinem neuen Job ergeht", sagte er beinah schon beiläufig klingend und sah dabei durch das gut gefüllte Café. „All die unschuldigen und jungen Gesichter", bemerkte er und in seiner Stimmlage schwang eine komische Melodie mit.

„Was hast du vor?", stellte ich ihm erneut eine Frage, wobei ich mir aber schon sicher war, dass mir auch diese unbeantwortet bleiben würde.

„Außerdem wollte ich wissen, wie es dir so ergeht, wegen Oliver." Auf einmal schien mein Herz still zu stehen. Alvin wusste von der Sache mit Oliver, was nur bedeuten konnte, dass er mich schon länger beobachtet haben musste. „Was...?", wollte ich gerade nachfragen, da unterbrach er mich jedoch schon. „Ich habe es gespürt, meine Liebe", seine Stimme klang auf einmal nicht mehr so gefälscht fröhlich. Nun klang sie eher voller Wut und Abneigung, fast schon gefährlich. „Als du mit ihm geschlafen hast", wütend ließ er seine Faust auf den Tisch fallen, was uns definitiv ein paar Blicke der umliegenden Tische sicherte.

„Alvin, Alvin", panisch versuchte ich ihn mit meinem Körper vor den Blicken der anderen Gäste abzuschirmen. „Sag mir was du willst und verschwinde von hier!", versuchte ich es nun noch einmal bei ihm. „Ich denke, dass du ganz genau weißt, was ich will", flüsterte er nun plötzlich verdächtig sanft. Seine Gesichtszüge wurden weicher, als er seine Hand, die noch eben auf den Tisch geknallt war, lockerte und nach meiner Griff, die schlapp nach unten hing.

Ich konnte mich gerade noch beherrschen, meine Hand unter seiner Eiskalten nicht einfach weg zu ziehen. „Verschwinde von hier du Bastard!", forderte ich ihn auf. Schon in der nächsten Sekunde hatte er seine kalte Pranke so um mein Handgelenk gefasst, dass es schmerzte. Gewaltvoll zog er mich zu sich nach unten.

Arrow's BubbleOù les histoires vivent. Découvrez maintenant