Carpe diem... 2

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2. Kapitel: Von Plänen und Hexen

Es war vier Uhr nachmittags, als ich aufwachte. Was nicht verwunderlich war, denn ich bin ja auch erst um sechs heute Morgen ins Bett gekommen. Tims Haus kannte ich bereits von einigen Besuchen. Es war eine verdammt große Villa, direkt am Strand mit Bootsanlegesteg. Alles war aus hochwertigem Holz, dunklem Marmor oder Chrom. Es war eigentlich ganz cool, einfach weil es nicht so snobistisch war, sondern lässig. Ledersofas, Plasmafernseher, Stripperstange im Schlafzimmer und eine stets gefüllte Bar.

Ich war in einem Gästezimmer untergebracht, mit eigenem Bad und begehbarem Kleiderschrank, das ab jetzt wohl mein Zimmer war. Meiner Meinung nach war es zu unpersönlich, vor allem da meine ganzen CDs fehlten, aber will man sich wirklich beklagen, wenn es dafür einen Jacuzzi gibt? Nein.

Den benutzte ich auch gleich mal eine halbe Stunde lang. Das hier würde wie Urlaub sein. Ernsthaft. Ich zog mir Badehosen an, da ich eine Runde im Pool schwimmen wollte. Im Wohnzimmer lief ich Tim über den Weg, der wohl gerade von der Arbeit kam. Er hatte keine Minute geschlafen und sah trotzdem frisch und munter aus.

„Hey Ty. Komm her. Wir müssen reden." Er winkte mich heran und ich ging stöhnend auf ihn zu und ließ mich ihm gegenüber in einen Sessel fallen. Außerdem legte ich wie er meine Beine auf den Tisch.

„Was gibt's?" Ich war jetzt schon gelangweilt, denn ich wusste, was kommen würde. Eine Rede. Sei brav, bau keinen Mist, trink nicht, nehm keine Drogen, verprügele niemanden.

Tim grinste mich an. „Also, es gibt eine Regel und zwar die, dass du dir Dinge erarbeiten musst."

„Was meinst du damit?" Fragte ich ihn, denn so ganz verstand ich seine Logik nicht.

„Du fängst bei null an. Kein Auto, kein Taschengeld, kein gar nichts. Keine Privilegien, keine Rechte. Baust du Mist, werde ich dich bestrafen. Hausarrest zieht bei dir sowieso nicht, also gibt es kein Telefon, kein Internet, keine Musik." Er faltete die Hände im Schoß. „Du erarbeitest dir diese Dinge, indem du..." Jetzt begann er an seiner Hand abzuzählen. „Erstens. Schule. Ich habe dich angemeldet, in zwei Wochen fängt sie an. Du wirst gute Noten schreiben und die Entschuldigung, dass du es nicht kannst, gibt es nicht. Ich weiß wie intelligent du bist und mich verarschst du mit der Scheiße nicht. Kein Schwänzen. Der Schulleiter wird mich sofort benachrichtigen und ich werde dich bestrafen." Der nächste Finger. „Du hast mir für jeden Scheiß den du baust, einen Grund vorzubringen. Heißt, wenn du einen Typen halb tot schlägst, dann ist er entweder mit einem Messer auf dich losgegangen oder so was. Nimmst du Drogen, gibt es keinen Grund. Rauchen ist erlaubt, wenn du das Geld dazu hast. Alkohol in Maßen. Sturzbetrunken nur wenn deine Freundin gerade mit dir Schluss gemacht hat." Der dritte Finger. „Du wirst die Psychologin und einen Antiaggressionskurs besuchen. Du bist pünktlich und arbeitest mit. Höre ich von schlechtem Benehmen, wirst du bestraft." Ein weiterer Finger. „Gehst du auf Partys, oder kommst nicht nach Hause oder sonst was, schreib mir wenigstens eine SMS. Feierst du hier eine Party, rufst du am nächsten Tag den Putzdienst."

„Wie kann ich dir eine SMS schreiben, wenn ich kein Handy habe?" Fragte ich bissig. Obwohl ich sagen musste, dass... es nicht mal halb so schlimm war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mal ehrlich, was für eine elterliche Predigt endet denn bitte mit: Ruf den Putzdienst, nachdem du das Haus in Schutt und Asche gelegt hast.

Onkel Tim zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Lass es einfach nicht soweit kommen, dass das Handy wegkommt."

„Du sagst mir also, wenn ich ein braver Junge bin, dann schenkst du mir ein Auto und gibst mir Taschengeld?"

„Nicht direkt. Du arbeitest dich hoch. Umso mehr Vertrauen ich dir entgegen bringen kann, umso besser wirst du von mir behandelt. Das höchste Ziel ist natürlich, dass ich deine Mutter dazu überrede dich wieder zurück zu nehmen. Oder vielleicht, dass ich deine Freundin übers Wochenende einfliegen lasse. Oder, oder, oder... Dem Ganzen sind keine Grenzen gesetzt."

Carpe diem...Where stories live. Discover now