Carpe diem... 24

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Kapitel 24: Von Möglichkeiten und männlichem Charme...

Weihnachten kam und ging wieder. Onkel Tim und ich sind über die Feiertage zu meiner Familie gefahren, aber ich konnte mich einfach nicht dazu durchringen sauer auf irgendwas zu sein, dass mein Vater mir an den Kopf warf, denn Tatsache war nun mal, dass Mitch immer noch nicht mit mir redete und dagegen wirkte der Rest irgendwie unwichtig.

Naja, bis auf meine Arbeit mit der Stiftung. Nach der Schule arbeitete ich jedes Mal ein paar Stunden und am Wochenende den ganzen Tag. Zuerst ging's mir dabei nur um diese ganzen Optimierungsmaßnahmen, aber dann war ich eines Tages im Büro auf dem Schreibtisch eingepennt und geweckt hatte mich ein Mädchen, dass täglich in die Stiftung kam. Sie war fünfzehn, hatte große, traurige Augen und ungesunde blasse Haut. Außerdem konnte man die Schnitte an ihren Handgelenken deutlich erkennen und auch die entzündeten Einstichstellen an ihren Armen, wo sie sich spritzte.

"Du musst das mal von den Ärzten abchecken lassen. Das sieht nach Blutvergiftung aus." Hatte ich zu ihr gesagt und daraufhin hatte sie schnell den Ärmel darüber gezogen.

"Ich hab dir einen Kaffee gebracht." Meinte sie nur und verschwand dann wieder aus dem Zimmer.

Aber war ja klar, dass wenn man unsterile Nadeln verwendete um sich Heroin zu spritzen, dass man dann Blutvergiftungen bekam.

Und das hätte ich sein können, denn hätte ich nicht meinen Onkel und Mitch und die anderen gehabt, dann würde ich jetzt genau da sein, wo das Mädchen war. Nur im Gegensatz zu mir hatte sie niemanden der ihr da wirklich raushalf. In der Stiftung ging es bloß darum, dass die Kinder die Chance hatten zu Überleben, aber ihnen half halt niemand wirklich dabei ein Leben zu führen.

Also stand ich am nächsten Tag bei Elija auf der Matte und hatte mit ihm darüber diskutiert, was man verändern musste. Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, mit der Polizei und mit Psychologen.

Außerdem hatte ich mir einen wirklich coolen Typen geangelt. Bill hatte in seinem Leben schon jede Scheiße durch, die man nur durch haben konnte. Er war beim Militär gewesen, wurde im Irak angeschossen, dann rausgeschmissen und landete auf der Straße. Alpträume, Halluzinationen, Alkoholsucht, Drogenabhängigkeit. Und er ist da nur wieder rausgekommen, weil er irgendwann seiner Schulfreundin über den Weg gelaufen war und die ihm geholfen hatte. Jetzt wollte er anderen Menschen helfen, denen es genauso geht wie ihm damals. Die beiden heiraten dieses Jahr im Sommer.

Außerdem war er ein Schrank, hatte eine Menge Tattoos und ließ sich nicht von irgendwem auf der Nase rumtanzen. Genau der Richtige um mit den Kids fertig zu werden. Denn mal ehrlich, was wollte irgendein O'Brian der sein ganzes Leben wohlbehütet in der Vorstadt bei seinen katholischen Eltern aufgewachsen war, diesen Kids denn erzählen? Das sie Gottglauben haben sollten, wenn sie nachts auf einer verpissten Bahnhofsbank einschliefen?

Naja, Bill hatte sich zunächst mal Respekt dadurch verschafft, dass er reinkam, den Kids gesagt hatte, dass die Fresse halten sollen und dann hatte er ihnen erzählt, was er schon durchgemacht hat. Die Jungs und Mädchen haben seine Geschichte aufgezogen, wie ein Verdurstender in der Wüste auf Wasser reagierte und respektierten ihn, denn in ihren Augen war er einer von ihnen, der die Stärke gehabt hatte, aus diesem Leben auch wieder rauszukommen.

Wir arbeiteten zusammen daran eine Art von Programm zu entwickeln, wobei wir aber weder vor noch zurück kamen. Das Ganze war zum Verrückt werden...

"Taylor? Ty? Ist irgendwas los?" Fragte Leah mich. Ich war gerade bei ihr um mich von ihr zu verabschieden, denn mein Flieger würde in ein paar Stunden gehen.

"Nein... Ich hab nur gerade über die Kids in der Stiftung nachgedacht."

"Schon wieder Arbeit?" Fragte sie genervt nach. "Irgendwie denkst du in letzter Zeit an nichts anderes mehr..."

Carpe diem...Where stories live. Discover now