Ich biege an einem Kreisverkehr, fahre in der dritten Ausfahrt raus und nehme den direkten Weg aufs Land, wo die Polizei nicht so stark vertreten ist. Bloß Wiesen und Felder, Kühe und Pferde und Schafe.

"Wenn wir hier ein Auto klauen, ist das weitaus unauffälliger.", argumentiere ich, nach dem er sich darüber aufregt, wieso ich aufs Land fahre.

"Wenn wir hier ein Auto klauen, bemerkt das wahrscheinlich jemand genau so schnell wie eine fehlende Kuh auf der Weide."

Der Weg wird holpriger, die Schlaglöcher größer und meine Sehnsucht nach zu Hause klettert mir mein Inneres hoch. Ich versuche sie immer wieder zu verschlucken, aber sie überlebt diese Versuche.

"Ich will mein Auto nicht hier zurücklassen."

"Das war dein Vorschlag, du wolltest mitkommen."

"Weil ich dir helfen will!"

"Ich will deine Hilfe aber nicht!"

Ich drücke so ruckartig auf die Bremse, dass er im Sitz gegen seinen Gurt fliegt und sich den Kopf an der Lehne anhaut.

"Du bist ein Arschloch, weißt du das?" Stur sieht er geradeaus. Er schaut mich nicht mal an. "Ich will dir helfen, riskiere meine Zukunft für deine, und du hast nichts besseres zu tun als mir zu sagen, dass ich meine Klappe halten soll, dass du meine Hilfe nicht willst und dass ich selber schuld an allem bin?!"

Er schnallt sich ab.

"Tu nicht so unschuldig, du weißt genau, dass du nicht hier bist, weil ich dir ach so wichtig bin!"

"Ach nein?!"

"Nein!", er wirft mein Handy auf den Rücksitz. "Du bist hier, weil du vor deinem zu Hause wegläufst! Weil du Streit mit deinem Vater hast, weil du wütend auf Jake bist, da du ihn noch liebst, und weil dich alles in dieser Stadt eigentlich abfuckt! Du hast mich nur in dein Leben gelassen, weil du Abenteuer gesucht hast!"

"Vergisst du die Sache mit dem Mord?! Dass jemand mich in seine Finger kriegen will?!"

"Diese Person kriegt dich in seine Finger ganz egal wo du bist! Wenn dich jemand töten will, dann tötet er dich, scheißegal auf welchem beschissenen Planeten du dich befindest!", schreit er. "Du bist nicht wegen mir hier, sondern weil du die Schnauze voll hast von deinem Leben, und du kannst mir noch so oft sagen, dass das eine dreckige Lüge ist - Ich weiß, dass das die Wahrheit ist!"

Er steigt aus, knallt die Tür zu und dreht sich draußen vom Auto weg.
Das kann doch nicht sein Ernst sein. Vom Himmel kommen dicke Regentropfen, als ich auch noch aussteige, und ein Regen wie im Film platzt über uns herein. Er rührt sich nicht von der Stelle, bleibt stur wie ein Esel am Auto stehen - starrt auf ein Maisfeld hinaus.

"Steig wieder ins Auto.", murmelt er, als ich mich neben ihn stelle. Seine Haare fallen ihn nass auf die Stirn. Tropfen bilden sich auf seinen langen Wimpern.

"Sag mir nicht was ich tun soll."
Ich sehe auf den Mais. In dem Feld könnte sich jemand verlaufen. Er schüttelt seinen Kopf, sagt aber nichts weiter. Seine Augen schauen dabei zu, wie der Wind den Mais hin und her wippt. Er atmet in kraftvollen Zügen. Die Schatten unter seinen Augen sind im Morgengrauen deutlich zu erkennen, wahrscheinlich hat er die Nacht kein Auge zu gemacht.

"Dad hatte recht. Ich bin wie meine Mutter."
Ich bin genau so anstrengend wie sie, genau so nervtötend, selbstsüchtig, egoistisch, engstirnig, stur, und ich kann mir nicht eingestehen, dass Tj mit den Dingen, die er gesagt hat, richtig lag. Denn es stimmt. Ich bin hier, weil ich vor meinen Problemen davon laufe.
"Und ich bin genau so abgehauen wie sie."

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