Kapitel 22

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Tag 4 Freitag von 365

Sicht Stegi

"Das ist nicht dein Ernst? Erst heulst du rum das Sasha nichts erfahren soll und jetzt forderst du mich auf dich zu küssen? Du kannst meinen Arsch küssen!" Ich war sauer und zwar sehr. Erst schüttete ich ihm mein Herz aus und jetzt reagierte er so darauf. Tim nahm meine Worte nicht ernst und stellte mich als lächerlich hin. Es war ein großer Schritt für mich, dies einem Typen so ins Gesicht zu sagen. Und Tim? Er hatte nichts besseres darauf zusagen als eine wirklich schlechte Anmache. Ich stand auf und ging auf ihn zu, erst wollte ich ihm eine klatschen, doch, Nein, ich hatte es verstanden, ich hatte ihn hinterschaut. Er nutzte mich und diese Situation gerade aus. Für ihn war dieses Outing gerade eben nichts unerwartetes gewesen, er hatte es sich wahrscheinlich schon denken können, das ich schwul war. Ich kam mir blöd vor, verdammt blöd. Ich musste mir jetzt schnell etwas gutes überleben, um diese Situation nicht awkward enden zu lassen. Tim war in einer unglaublich belastenden Beziehung gefangen und deshalb nutzte er mich gerade um etwas Befriedigung und Anerkennung zu spüren. Ich musste mir genau das zu nutzen machen, also ging ich auf ihn ein, er sollte zappeln und dieses mal werde ich mit ihm spielen. Langsam beugte ich mich zu ihm runter und sofort sah ich den Glanz in seinen Augen. Er freute sich das ich genau das tat, was er wollte. Man sah das er fest davon überzeugt war einen Kuss auf seinen Lippen spüren zu werden, denn er löste seine arrogante Sitzhaltung und kam mir entgegen, dabei schloss Tim sogar seine Augen.

'Ich habe ihn an meiner Angel.', dachte ich hinterlistig. Vorsichtig beugte ich mich soweit zu ihm, so dass ich meine Hand auf seine Schulter abstützen musste, um nicht komplett auf ihm zu landen. Ich war ihm nun so nah, dass ich schon fast seine Gedanken hören konnte.

'Nicht mit mir Tim, so einfach bekommst du mich nicht!' Meine Lippen bewegte ich ganz vorsichtig in die Richtung seines Mundes, doch wenige Zentimeter bevor ich sie berühren konnte, wendete ich mich ab. Einen Kuss würde Tim heute nicht von mir bekommen, dabei hatte er sich gewaltig geirrt. Mein Gesicht wendete sich hingegen zu seinem Ohr. Ich musste mir jetzt sicher sein, bei dem was ich sagte, denn ich wollte ihn nicht verunsichern und auf keinem Fall verärgern. "Ich weiß was du hier gerade versuchst.", ich musste ungewollt bei dieser Aussage schmunzeln. Ich freute mich viel zu sehr über meine eigene hinterhältige Art. Er zuckte leicht zusammen und schaute mir erschrocken in meine Augen. Ich durfte jetzt keine schwäche zeigen und musste meine Position, sowie den Augenkontakt halten. Wir waren uns ungewöhnlich nah, irgendwie gefiel es mir. Tim war in einer Beziehung und in diese wollte ich mich auf keinen Fall einmischen, denn Sasha hatte es mir schon deutlich klar gemacht das Tim ihm gehörte und Emanuel hatte es mir ebenfalls noch einmal erklärt das man lieber die Finger von Sashas Sachen lassen sollte. Das wusste ich und war mir sicher, doch ich war mich nicht sicher ob ich ihn ohne diese komplizierte Situation, ohne Sasha, ebenfalls nicht geküsst hätte. Für mich war ein Kuss etwas Großes, das ich nicht einfach so tat, ich hatte nicht viele Menschen in meinen 16 Jahren geküsst, vor allem nicht Jungs. Ich musste der Person vertrauen können und Tim hatte dieses Vertrauen noch nicht gewonnen. Also hauchte ich ganz vorsichtig, "Entweder du macht mit Sasha schluss oder es gibt keinen Kuss.", an sein Ohr. Tim musste schmunzeln und nickte. Nur zu gerne hätte ich jetzt seine Gedanken gehört, um zu wissen wie sehr er sich gerade in in Arsch biss. Ich distanzierte mich wieder von dem braune haarigen und stolzierte selbstbewusst aus dem Gemeindehaus. Ich hatte mich wahrscheinlich noch nie so cool in meinem Leben gefühlt gehabt.

Tag 5 Freitag von 365

Sicht Stegi

Gestern war nicht mehr viel gewessen, nach der Situation mit Tim konnte ich nicht mehr aufhören zu lächeln und es ging soweit, dass sogar Tobi mich beim Abendessen darauf angesprochen hatte. Ich sah das Tim auf diese Frage ebenso lachen musste, das Passierte freute scheinbar uns beide. Doch ein Harken gab es, meine Angst dabei war, das Tim sich wirklich Hoffnung machte, eigentlich wollte ich keine Beziehung, das passte nicht zu meinem Plan. Und genau diesem Plan wollte ich heute vielleicht nach gehen, denn heute Abend war der Geburtstag von T. und er hatte schon im Rewe gesagt, es würde ein Besäufnis werden. Klar, musste ich bei meinem Plan auch Rücksicht darauf nehmen ihm den Geburtstag nicht zu versauen und wichtiger war es, dass ich mich nicht unbeliebt machte. Beim Frühstück suchte ich kurz nach T. oder besser gesagt, nach der Gruppe von Julia. Ich setzte mich dieses mal nicht zu Tim und den anderen, sondern ging mit meinem Essen zu deren Tisch rüber. "Na, wen haben wir den hier?". lachte T. mich an. Ich schmunzelte nur und setzte mich auf den Stuhl, auf diesen Julia schlug während sie mich betrachtete. "Und wie hat Emanuel gestern gespielt?", fragte mich Julia. Ich lachte gespielt darauf, "Haha. Ich weiß es nicht, bin wieder gegangen bevor sie angefangen haben.", darauf hin biss ich von meinem Brötchen ab. "Wieso? Was war?", fragte sie mich mit verwirrten Unterton, doch bevor ich nur zu einer Antwort ansetzten konnte, lachte Vik schon los. "Er hat ihn als Hündchen bezeichnet und das war Stegi dann zu dumm und er ist wieder gegangen." Vik hatte es auf den Punkt gebracht. "Als ob!", kam es von T. "Doch, ich habe keine Ahnung, was ich ihm angetan habe. Wir haben einmal zusammen gechillt, als ob ich ihm jetzt schon hinterher rennen würde?" Ich fand meine Frage berechtigt, denn ich kannte Emanuel nicht und dieser mich nicht, dass er den Anstand hatte mich also als ein Hündchen zu bezeichnen, war unterste Schublade. "Du kannst ihn ja heute Abend, also wenn du noch kommen möchtest, darauf ansprechen.", bot mir T. an. "Klar möchte ich noch kommen, wann beginnt es den?", stellte ich nun die Frage, wegen dieser ich mich grundsätzlich auch zu ihnen gesetzt hatte. T. erklärte mir das es circa um 20 Uhr anfangen würde aber wenn ich helfen möchte, könnte ich auch schon um 19 Uhr kommen. Also fing ich an, kurz vor 19 Uhr, mich fertig zu machen. Ich suchte mir einen coolen vintage Pulli aus meinem Schrank und kombinierte diesen mit einer schwarzen Jeans mit löchern an den Knien. Danach ging ich in unser Badezimmer und richtete mir meine blonden Haare. "Was machst du den?" Ich zuckte zusammen und schaute Tim an. Ich hatte nicht gehört wie er das Zimmer beitreten hatte. Ich antwortete nur mit einem Stumpfen, "Ich mach mich fertig für die Feier später.", und wendete mich dann wieder meinem Spiegelbild zu. "Jetzt schon? Das fängt doch erst in einer Stunde an."lachte Tim darauf hin. "Ich weiß. T. hat mich gefragt ob ich helfen möchte und da ich eine nette Person bin, mach ich das auch." Ich wusch mir das übrige Gel von den Hände und ging dann an Tim vorbei. "Kann ich mitkommen?", fragte dieser mich. Ich drehte mich mit gerunzelter Stirn um, "Was weiß ich? Kannst du?" Tim rollte mit seinen Augen. "Du weißt was ich meine." Ich nickte darauf hin nur, denn schlußendlich war es mir egal ob er mit kam oder nicht. Ich setzte mich so lange ich warten musste auf mein Bett und sah Tim zu, wie dieser sich einen Schwarzen schlichten Pullover, eine graue Jeans und blaue Convers an zog, dieses Outfit kombinierte er dann noch mit einer Schwarz-blauen Cap, anschließend nickte er mir zu, um mir zu signalisieren das wir gehen können. Auf dem Weg raus, trafen wir dann auf Felix, dieser auch Richtung Party war. "Denkst du es wird viel zu Helfen geben?", fragte ich diesen. "Also etwas helfen können wir schon." Er stockte und lachte daraufhin, "Am Ende wird das jetzt ein Vorglühen für das eigentliche betrinken." Der Gedanke daran brachte mich zum schmunzelte. "Jaja, am Ende bist du der, der als erstes in der Ecke liegt.", stichelte Tim Felix an. "Was? Wetten ich halte mehr aus als du?" Ich sah schon worauf das nun hinaus laufen sollte, mischte mich jedoch nicht in diese Wette mit ein. "Ich nehme die Wette an.", gab Tim zurück und hielt Felix seine Hand hin. Er nahm sie natürlich und schüttelte diese. "Stegi, steigst du mit ein?", fragte mich der Größte. Ich verneinte jedoch, da ich mich kannte. Schon damals, auf Partys meiner alten Klasse, hatte ich schon nicht viel ausgehalten und deshalb hatten sie sich über mich lustig gemacht, ich wollte es hier nicht so weit dazu kommen lassen, dass ich am Ende des Abends wirklich in irgendeiner Ecke lag. "Gut, dann bist du der Schiedsrichter. Deine Aufgabe wird es sein unsere Getränke zu zählen und am Ende der Party zu urteilen, wer gewonnen hat.", sagte Felix. "Klar, das werde ich schaffen.", lachte ich darauf hin. Als wir am Haus von T. angekommen waren, klopften wir und gingen anschließend rein. "Wo ist T.?", fragte ich Ardy, dieser und die Tür aufgemacht hatte. Er zeigte nur mit seinem Daumen nach hinten, also ging ich Richtung Küche, dort sah ich T. und Julia vor dem Waschbecken stehen. "Alles Gute!", brabbelte ich zu T., dieser nur als Antwort, "Sagt das nicht zu laut.", zurück gab. "Was macht ihr da?" Ich sah wie sie eine durchsichtige Flüssigkeit in eine Wasserspritzpistole füllten. "Das ist für ein Trinkspiel später." Ich war sichtbar verwirrt, da mir kein Trinkspiel einfiel, das mit einer Wasserspritzpistole zu tun hatte. In diesem Moment kam Felix in die Küche gestolpert und stellte sich zu uns. "Geil! Spielen wir dann Glück oder Shotgun?", sagte Felix, während er über die Schulter von Julia blickte. Er nahm sich eine der zwei, auf dem Tresen liegenden, Wasserpistolen und spritzte sich in den Mund. "Uff! Das war Vodka." Felix verzog sein Gesicht und hustete kurz auf, worauf Julia, T., und ich lachen mussten. "Wie geht das Spiel?", fragte ich neugierig. Julia fing gleich an es mir zu erklären. "Also für dieses Spiel braucht man zwei gleich aussehende Wasserpistolen, eine mit Wasser und eine mit Alkohol und natürlich noch eine Flasche. Die Flasche wird dann gedreht und die Person, auf diese die Flasche zeigt, muss dann eine Wasserpistole aussuchen und sich in den Mundschießen. Wenn es die Pistole mit dem Vodka war, passiert nichts, wenn es die Pistole mit dem Wasser war, muss die Person eine Zahl sagen, diese entweder eine Pflicht oder eine Wahrheit entscheidet. Die schreiben wir dann noch auf ein Blattpapier." Ich entgegnete Julia nur mit einem interessierten, "Cool." Das Trinkspiel hörte sich lustig an und ich wollte Julia unbedingt helfen die Wahrheiten und Pflichten aufzuschreiben, denn dann wusste ich zumindest welche Zahlen, die schlimmen waren. Felix stieß mir an die Schulter und schaute mich lächelnd an. "Merk es dir ich hatte jetzt schon einen Shot.", bemängelte er. Ich notierte es mir in Gedanken und lachte daraufhin. Felix half T. einige Flaschen und Gläser in den Keller zu tragen, ich hingegen setzt mich gegenüber von Julia an den Tisch in der Eingangshalle und wir überlegten uns böse Aufgaben. Wohin Tim gegangen war, wusste ich nicht, doch ich glaubte ihn mit Vik gesehen zu haben. Julia und ich fingen also an zu schreiben und uns fielen wirklich unangenehme Bestrafungen ein. Die Regel: Ohne Ausziehen und Küssen, haben wir dabei gut übersehen. Nach einer dreiviertel Stunde kamen dann schon ein paar Schüler, da wir zwei jedoch noch nicht fertig waren, schickten wir alle schon mal in den Keller runter. Zwei der Schüler die gekommen waren, gingen jedoch nicht runter, sondern setzten sich neben uns. Es waren Emanuel und Sasha. Erst wunderte ich warum sie gemeinsam gekommen waren, doch dann fiel mir wieder ein das sie Zimmergenossen waren. Emanuel würdigte mir keinen einzigen Blick und setzte sich neben Julia, Sasha hingegen grinste mich grimmig an und setzte sich dann neben mich. "Was macht ihr da?", fragte Sasha und riss mir das Blattpapier unter meinem Kugelschreiber weg. Julia stand deswegen ruckartig auf und ging lachend zu ihm rüber, um Sasha das Blatt wieder weg zunehmen. Ich hätte das auch selbst machen können, doch ich wollte jede mögliche Interaktion mit Sasha vermeiden und sah deshalb nur schweigend Julia zu. "Ich schwöre dir Sasha, wenn du später mit spielen willst, gibst du mir lieber das Blatt zurück." Sie stand neben ihm und hielt Sasha ihr Hand hin. Er sah es jedoch lustiger aufzustehen und um den Tisch zu laufen, so dass Julia nicht ans Blatt kommen konnte. Dabei fing er an ein Paar Punkte vorzulesen. "Aha. Nummer 13: Tausche das Shirt mit deinem Linken Nachbarn oder Nummer 17: Welche Person aus diesem Raum, deines eigenen Geschlechte, findest du am heißesten?" Sasha stockte kurz, "Und Stegi? Deine Antwort darauf wäre bestimmt Emanuel." Ich zuckte etwas zusammen und wusste nicht was ich darauf sagen sollte. Geschickt umging ich den Blick von Emanuel, da es mir gerade peinlich war, er hatte mich grundlos Beleidigt, also nein, er wäre nicht meine Antwort darauf gewesen. Trotzdem wollte ich ebenso einen dummen Kommentar dazu abgeben, deshalb wusste ich nicht wie mir geschah, denn ohne zu überlegen, entgegnete ich Sasha schnippisch, "Ja und deine Antwort wäre sicherlich Tim oder?", darauf hin verwandelte sich Sashas lächeln zu einer ernsten Miene. "Wie war das?", seine Stimme war ungewöhnlich ruhig, das hatte ich nicht erwartet. Man konnte hören das sich Emanuel und Julia ein lachen verkneifen mussten und mich erstaunt musterten. Ich antwortete ihm darauf jedoch nicht und blickte nur gelangweilt in sein Gesicht. Sasha lief langsam, mit fokussiertem Blick, um den Tisch herum, bevor er mich erreichten konnte, sprang ich perplex von meinem Stuhl auf und schob diesen vor mich. Er versuchte in diesem Moment nach mir zu greifen, jedoch wegen meinem Stuhl, vor seinen Füßen, stolperte er und stieß, wie in einer Kettenreaktion, in die restlichen Stühle. Julia und Emanuel konnten ihr lachen jetzt nicht mehr zurückhalten und brachen aus. Ganz schnell schnappte ich nach dem Zettel und rannte die Treppe nach unten. Von oben konnte ich noch ein lautes, "Dich kleinen Spasten bekomme ich noch!", hören, bevor die Musik vom Keller alles Übertönte.

Stexpert | So anders bin ich nicht!Where stories live. Discover now