Kapitel 1 - Das Gebüsch

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Hey Sweethearts! Die Songs, die ich hier zum Abhören poste, sind nicht immer hundert Prozent passend zu den Geschichten. Ich finde sie nur wahnsinnig schön und beruhigend. Das hilft mir beim Schreiben. Love ya

Liebes Tagebuch,

zwölf Tage sind nun um. Ob ich mich leer fühle? Kann schon sein. Aber kein Gefühl übersteigt jenes, welches mich schon verfolgt, seitdem ich zurück bin: Andrès.

Ihn sehen. Ihn umarmen. Ihn küssen. Ihn anfassen. Riechen. Mit ihm reden. Ich vermisse ihn. Ich vermisse uns.

Was bleibt mir anderes übrig, als das Kind, dass in mir aufwächst, das von mir ist, von uns ist, auf die Welt zu bringen? Denn A ich liebe ihn und B ich bin moralisch ziemlich verstreut. Abtreiben oder nicht? Das ist hier die Frage.

Heute habe ich wieder öfters auf den Ring geschaut. Ich meine ist das zu fassen? Eigentlich bin ich doch verlobt. Ich bin verdammt nochmal verlobt. Und mein Verlobter hing vor zwölf Tagen in der Luft, weil er sich das Leben genommen hat. Weil er mich im Grunde genommen entführt hatte. Weil er ein Mafiaboss ist.

Aber das sind alles Dinge die von außen tatsächlich so aussehen. Die eigentliche Wahrheit ist: Er hatte ein Komplex. Keine Frage. Er wollte mich für sich. Aber Andrès Mancini war kein Killer, er war kein Psychopath. Er war einfach nur ein Mensch. In den ich mich unsterblich verliebt habe. Dessen Kind ich jetzt in mir trage.

Sorry, mir kamen die Tränen. Jetzt geht es wieder. Noch zehn Tage, dann beginnt die Gerichtsverhandlung. Nervosität ist kein Ausdruck. Ich sterbe.

Einen Anwalt habe ich schon. Gesponsert von meinem Onkel. Hoffen wir, dass ich nicht mitschuldig bin. 

In Liebe,

M. L. 

Ich klappte das kleine Büchlein zu und seufzte. Einige Male ging ich mir durch die Haare, dann schob ich das Buch weg von mir, ganz so, als würde ich erstmal auf eine Distanz hinhoffen. Aber auf dem Tisch war noch ein weiterer Zettel. Ich hob ihn an, engte die Augen zu kleinen Schlitzen ein. Seit Tagen war mein Zimmer verdunkelt und die Jalousien hinunter gezogen. Zum einen, weil mir nicht nach Licht war um zum anderen, weil die Paparazzo keine Grenzen kannte.

Scheiß Paparazzo!

Danke, innere Stimme.

Nur schwer erkannte ich Buchstaben, die vor meinen Augen tanzten und sich zu Worte bildeten.

Einrichtung zur bewussten und anonymen Abtreibung

Ich biss mir auf die Lippen. Tränen wollten sich sammeln, aber ich kniff die Augen zu und gewährte ihnen keinen Ausfluss. Ruckartig stand ich auf und rannte die Treppen hinunter. Näherte mich einem gedeckten Tisch und legte die Arme auf die Stuhllehne, als ich spürte, wie sich zwei Hände auf meine Schultern legten. Ich drehte mich um.

"Du entscheidest, was du willst, Liebes."

Seit Tagen dachte ich nur noch daran. Das wusste sie.

"Danke Mama", wir umarmten uns. Eine gute Sache hatte das alles. Meine Mutter war dabei, besser zu werden. Zu genesen. Das war wie ein Funken Hoffnung in solch schwerer Zeit. Sie durfte noch zu Hause verweilen und würde erst in einem Monat wieder mit der Arbeit beginnen, allerdings Teilzeit. Was gut war, weil ich sie brauchte.

"Essen ist reeeady!", rief Onkel William aus der Küche und meine Mutter kicherte.

"Schrei doch nicht so!" Er kam mit der Auflaufform zum Tisch gerannt und als er sah, dass Mama den Tisch schon gedeckt hatte, grinste er schräg.

If You Love Me Stay With Me [ABGESCHLOSSEN]Where stories live. Discover now