Kapitel 14

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Gegenwart

Ich bin ein offenes Buch für Hayden gewesen. Sie kannte meine Gedanken, ist die Sache, an die ich am meisten gedacht habe. Sie ist alles gewesen.
Im Gegensatz zu mir, ist Hayden verschlossen gewesen. Eine schwarzhaarige Schönheit, wie aus dem Bilderbuch entrissen, so atemberaubend, so begehrenswert.
Letztendlich brachten ihre Geheimnisse sie um. Und ich bin der Grund gewesen. Ich bin Haydens Schwachstelle, ihr größtes Geheimnis, ihre schlimmste Sünde gewesen. Ich gehörte ihr.
Ich habe nie eine offizielle Bestätigung von ihr bekommen, dass sie mich genauso liebte, wie ich sie. Hayden kannte meine Gedanken, also wusste sie auch, wie ich für sie empfand, was sie mir bedeutet. Bedeutet hat.
Haydens Tod ist der Beweis, dass sie mich ebenfalls bedingungslos und unwiderruflich liebte.          Noch immer liebt.

Die Nacht leuchtet schwarz, raubt mir seit Tagen den Schlaf. Sie raubt mir den Schlaf.
Ich hätte zittern und vor Angst umkippen müssen, als ich die Eisenstangen umfasste und mich am Gelände der Brücke hochzog. Ich tat es nicht. Ich zitterte nicht, hatte keine Angst.
Ich habe keine Angst davor zu sterben, hatte sie noch nie gehabt. Ich habe viele Theorien über den Tod, stellte mir oft vor wie meiner wohl aussehen würde. Das ich auf eine Brücke kletterte, habe ich mir jedoch nie vorgestellt.
Am Ende würden wir alle sterben, jeder einzelne von uns. Niemand kann den Tod aufhalten. Ist es da nicht schön, sich seinen Tod selbst aussuchen zu können? Wann, wo, wie, weshalb. All dass sind Entscheidungen die du treffen kannst, kannst es selbst bestimmen. Es ist schön zu sterben.
Ich hebe den Kopf, schaue mir die Dunkelheit an. Ich habe Sehnsucht nach Hayden, vermisse sie, als währe sie ein Teil von mir gewesen. Ich werde sie wieder sehen. Ich grinste, der Gedanke an sie spornte mich an. Mutig und völlig überzeugt lasse ich das Geländer los, stehe nun frei dort oben auf der Brücke.
Ein Windzug kommt, ich atme tief durch.
Lasse mich fallen, in die Tiefe stürzen.
Kaum erreicht mich das Wasser, nimmt mich die Kälte von Kopf bis Fuß ein, wird ein Teil von mir.
Ich dachte an Hayden, an ihre Schönheit, ihre Einzigartigkeit.
Mein letzter Gedanke gilt dem mirakulösen Mädchen, dann wird alles Eiskalt, meine Gedanken frieren ein.
Denn er hat sie getötet und ich habe ihn getötet.

360 Wörter

Der Schrei Where stories live. Discover now