Kapitel 6

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Gegenwart

Langsam blinzelte ich, helles Licht scheint aggressiv auf mich hinab. ,,Er öffnet seine Augen." , höre ich jemanden rufen. Ein dauerhaftes piepen ertönt, es ist ziemlich lästig. Ich kann nicht sagen wo ich bin. Kann keinen klaren Gedanken fassen. ,,Kannst du mir sagen wie du heißt?" , die gleiche Stimme ertönt. ,,Nein." , meine Stimme klingt ganz kratzig, als hätte ich tagelang kein Wasser mehr getrunken. Ich fühle mich komisch. So leer. Als hätte man mir etwas weggenommen. Hayden.
Panisch schlage ich meine Augen auf und setzte mich aufrecht hin. Schläuche, die in meinen Armen stecken, hindern mich daran sie zu bewegen. ,,Wo ist sie? Wo ist Haydn?" Ich blinzle, versuche ihr hübsches Gesicht ausfindig zu machen. Aber meine Augen treffen nicht auf ihre. Sie ist nicht hier.
,,Junge du musst mir verraten wie du heißt. Wo sind deine Eltern?" Die Frau im weißen Kittel schaut mich mit besorgten Augen an. ,,Ich hab keine. Lange Tod. Autounfall." , stammle ich vor mich hin und versuche, meine immer hektisch werdende Atmung, in den Griff zu kriegen. ,,Bitte, ich will doch nur zu Hayden. Sie soll meine Hand halten." ,,Beruhig dich." , die Ärztin scheint überfordert zu sein.
Hayden. Hayden. Hayden. ,,Bitte, ich brauch Hay-" , bevor ich ihren Namen ganz aussprechen kann, merke ich wie mir ganz mulmig wird. Meine Augen flattern wild und ich fühle mich ganz komisch, als gehörte dieser Körper ganz einfach nicht zu mir. Einsam. Ich fühle mich so unglaublich einsam. Hektisch versuche ich nach etwas zu greifen, aber da ist nicht an dem ich mich hätte halten können. Nichts das mich auffängt, wenn ich fallen würde.

Und dann ist alles weg.
Ziemlich leer.
Ohne sie.

4 Monate zuvor

Ganz ruhig sitz sie da, keiner hat eine Ahnung von ihr. Keiner nimmt sie wirklich zur Kenntnis. Nur ich schaute sie ununterbrochen an. Bewundere ihr Dasein. Ihr Bein wippt, wie immer. Sie scheint ganz ruhig. Ich betrachte ihr Bein, wie es wippte und schaukelt. Es ist ziemlich faszinierend. Mit einem mal wird es schneller, unkontrollierter. Die Subway hält. Hayden springt auf und ich ihr, ohne nach zu denken, hinterher.
Hayden läuft schnell, rannte nicht aber bedacht, schleunigst aus der Menschenmenge raus zu kommen. Sie nimmt die Treppen. Sie ist an einer anderen Haltestelle ausgestiegen. Das fiel mir auf, denn als wir an den Straßen ankommen, sieht die Umgebung ganz anders aus. Ich versuche mit ihr Schritt zu halten. Ich wusste nicht, ob sie wusste, dass ich ihr gefolgt bin, aber ich hatte das Gefühl, dass sie es tat. Sie ist Hayden. Sie weiß und kann  so einige Dinge. Fest davon überzeugt, dass sie sich meiner Anwesenheit bewusst ist, beschleunige ich meine Schritte und laufe neben ihr her. Als sie mich wahrnimmt verlangsamt sich ihr Schritttempo allmählich. ,,Hey Hayden." Auf ihrem Gesicht erscheint ein Lächeln. Sie wischt sich mit der Handfläche über ihr Gesicht und lächelt weiter gerade aus. ,,Weinst du etwa?" , sie schüttelt den Kopf, wischt sich jedoch ein weiteres Mal über die Wange. ,,Du hast ein hübsches Lächeln." Hayden sieht mich an. Danke sehr." Ich nickte. Stumm laufen wir nebeneinander her. Es ist plötzlich nicht mehr nötig, ein Wort über die Lippen zu bringen. Es ist so angenehm, einfach neben ihr herzulaufen. Es ist so angenehm ruhig. Die Sonne scheint auf uns nieder und der leichte Wind spielt mit den wenigen Blättern am Boden.

An einer Kreuzung bleib Hayden stehen. ,,Du solltest jetzt besser gehen. Man fragt sich sicher schon wo du bleibst." Ich nicke, will eigentlich noch nicht heim. ,,Sehen wir uns wieder?" ,,Mit Sicherheit." Hayden lächelt mir zu und geht dann um die Ecke. ,,Hayden!" , sie bleibt stehen, dreht ihren Kopf leicht zur Seite. ,,Dylan. Mein Name ist Dylan."

617 Wörter

Der Schrei Where stories live. Discover now