Kapitel 23

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Meine liebe Vicky,

bestimmt ist es ein kleiner Schock für dich, diesen Brief zu finden. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht persönlich geben konnte, aber ich wollte nicht, dass es irgendjemand mitbekommt.

Wenn du diesen Brief liest, bin ich schon tot. Denk an unsere schöne gemeinsame Zeit. Ich habe jede Minute mit dir genossen. Ich bin so stolz auf dich, auf alles was du schon erreicht hast und vorallem auf das, was du bist. Vergess nie, dass ich dich liebe und lasse niemals dein Kopf hängen. Gib nie auf und kämpfe immer weiter, egal was kommt. Du bist stark, auch wenn du mal daran zweifelst. Trauer mir nicht lange nach, denn jeder muss mal sterben und jeder macht das durch, was du jetzt durchmachst, denke an unsere schöne Zeit miteindander, an alles was ich dir beigebracht habe und du hast mir auch oft was beigebracht.

Setz dir viele Ziele im Leben, aber solche, die du auch erreichen kannst, dann wird es keine große Enttäuschung, wenn es mal nicht klappt. Lasse dir von niemandem sagen, wie du sein sollst, wie du zu leben hast, denn du bist so gut wie du bist. Wenn dich jemand liebt, soll er dich so lieben, wie du bist und nicht, wie er es will.

Ich hätte so gerne meine Enkel kennengelernt, aber leider, werde ich sie nicht sehen. Ich bin mir sicher, du wirst eine gute Mutter und später Großmutter. Bitte sei öfters für deine Kinder da, nicht so wie ich für meine und deine Eltern für dich. Wenn du nicht mehr weiter weißt wie du deine Kinder erziehen sollst, denke daran, was du als Kind gemocht hast und was nicht. Dann wirst du wissen was du machen sollst. 

In dem Briefumschlag ist die Rosenkette noch mit drinnen. Ich gebe sie dir,  denn ich habe sie auch von meiner Oma bekommen und jetzt sollst du sie dann tragen. Sie ist mein wortvollster Schmuck und ich habe es am Liebsten gehabt. Die Kette sollst du auch an dein Enkelkind weitervereerben. Du wirst schon wissen welches, wenn du mehrere hast.

Schaue mal in das andere Buch, das wir zusammen gelesen haben. Erst danach weiterlesen.

Ich stehe auf und wische meine Tränen weg, die mir während des lesens gekommen sind. Dann gehe ich zum Bücherregal und nehme das genannte Buch raus. Damit setze ich mich auf das Bett und lese weiter.

Wenn du das Buch hast, dann schlag es auf der Seite 99 auf.

Ich schlage die Seite auf und was ich sehe, verschlägt mir die Sprache.

Hier sind 10.000 Euro für dich. Ich habe sie gespart, damit du eine kleine Unterstützung hast. Bewahre die Sachen gut auf, die ich dir gegeben habe, denn sie sind wertvoll.

Die Bücher, die jetzt vor dir liegen, sind alt. Les deinen Kindern und Enkelkindern daraus vor, denn denke daran, wie sehr du sie gemocht hast. Gebe deinen Kindern und Enkelkindern eine ebenso schöne Zeit, wie ich mit dir hatte.

Bitte, mach was aus deinem Leben und glaub an dich, genauso, wie ich an dich glaube und lasse dich von keinem runterkriegen.

In Liebe, Oma.

P.S: Vergesse nie, dass ich dich liebe und immer bei dir bin.

Meine Tränen fließen über mein Gesicht und sie wollen nicht weniger werden. Meine Oma war immer mein großes Vorbild und ich will auch so sein werden wie sie. Sie hat mir in irem Brief so gute Tipps gegeben und Selbstvertrauen.

Ich liege noch eine Zeit lang in meinem Bett und weine. Als ich mich beruhigt habe, gehe ich ins Bad und wasche mein verheultes Gesicht. Im Zimmer verstaue ich den Brief und das Geld sorgfälltig in meinem Tagebuch und das Tagebuch in eine kleine Holzkiste und die dann in meine Nachttischschublade. Ich lege mir die Kette um und betrachte sie so im Spiegel. Sie ist so schön und irgendwie passt sie zu mir. Jetzt höre ich, wie jemand die Tür aufmacht. Wahrscheinlich ist es Sally. Ich verstecke die Kette unter mein Oberteil, sodass es nicht auffällig ist.

Schnell nehme ich mein Handy und frage Nina, ob sie Zeit hat, etwas mit mir zu machen. Sie sagt zu und eine viertel Stunde später sitzen wir in unserem Café und schlürfen unsere Getränke. "So was ist los?" sie schaut mich fragend an. "Naja, du weißt ja, dass meine Oma gestorben ist" "Ja". Ich erzähle ihr alles vom Brief und zeige ihr die Kette. Sie bewundert sie und staunt, dass ich so einen Brief bekommen habe. Wir reden noch eine Weile und ich schaffe es mich bisschen abzulenken, denn die Trauer ist wieder an die Oberfläche gekommen. "Was wünscht du dir eigentlich zum Geburtstag?" fragt Nina mich nebenbei. "Keine Ahnung. Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht. Außerdem weißt du ja, dass du mir nichts schenken musst." "Stimmt, aber der besten Freundin schenkt man halt was. Naja, dann lass dich überraschen. Mir ist gerade eine Idee gekommen." "Echt? Was denn?" "Tja, würdest du gerne wissen!" neckt sie mich, woraufhin ich ihr die Zunge rausstrecke und sie fängt an zu lachen.

Als ich zu Hause bin, gehe ich in die Küche und hole mir was zum Knabbern und ein Glas Wasser. Damit setze ich mich vor die Glotze und zippe durch die Kanäle, aber es kommt nichts interessantes. Nach einer halben Stunde habe ich es aufgegeben und gehe in mein Zimmer und höre Musik. Nach einer Zeit gehe ich in die Küche, um die Sachen aufzuräumen. Natürlich muss ich Sally begegnen. "Verrätst du mir jetzt, wieso du so komisch bist?" frägt sie. Eigentlich kann ich es ihr ja verraten. Also zeige ich ihr die Kette, aber von dem Brief und den 100.000 Euro sage ich ihr vorerst nichts. Sie schaut die Kette mit großen Augen an und plötzlich sagt sie, dass sie auch was von unserer Oma bekommen hat. "Echt was denn?". Zusammen gehen wir in ihr Zimmer und sie nimmt ein Silberanhänger raus. Es ist relativ klein und hat die Form eines Schlüssels. "Außerdem habe ich auch noch 100.000 Euro bekommen." sagt sie. "Ich auch." sage ich. Von einem Brief hat Sally nichts gesagt, wahrscheinlich aus dem gleichen Grund wie ich, denn dort stehen Sachen drin, die sie nur für mich geschrieben hat und keinem anderen.

Es ist schon später Abend und ich lege mich müde ins Bett. Ich denke noch an den Brief und schlafe schließlich zufrieden ein.

Meine Erste Große LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt