26 | Skepsis

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A I D E N

Am frühen Abend warte ich wie abgemacht in einem abgelegenen Park auf Kyle. Ich habe zwar gar keine Lust mit ihm zu sprechen oder mir gar irgendetwas wegen meines unangekündigten Auftauchens heute Morgen anzuhören, doch ich habe leider keine andere Wahl. Das hat mir Damon vorhin zumindest noch einmal aufs neue klargemacht.

Auch, wenn ich es selbst bereits wusste, war es trotzdem schwer, mich selbst dazu zu überwinden, doch noch hier aufzutauchen. Denn ich will das Ganze nach wie vor nicht tun. Ich empfinde zwar keine Sympathie oder gar Empathie für Kyle, aber ich will Rafael keinen Gefallen tun. Ich will ihm niemanden ausliefern und ihm damit helfen. Am liebsten würde ich diesen Dreckskerl vernichten. Nach allem was war, empfinde ich so einen tiefen Hass für Rafael, wie für niemanden sonst.

Und doch bin ich ihm ausgeliefert...

Ich seufze schwer, als ich einen Stein aus dem Weg kicke. Tja, so ist das eben. Diese Welt besteht aus vielen Leuten, die so sind wie Rafael. Leute, die es gar nicht verdienen, ein gutes Leben zu führen, weil sie Menschen so grauenvolle Dinge antun und dann gibt es Menschen wie Riley, die das schönste Leben verdient hätten, es aber einfach nicht bekommen haben.

Nicht alles ist fair und das Ende ist nicht für jeden ein glückliches.

"Aiden", höre ich plötzlich jemanden meinen Namen sagen und ich schrecke aus meinen Gedanken, als ich mich umdrehe und Kyle erkenne, der auf mich zukommt. Und wie erwartet, sieht er nicht besonders gut gelaunt aus. "Was sollte das heute morgen?"

"Was sollte was?", entgegne ich, obwohl ich genau weiß, worauf er hinauswill.

Kyle verdreht genervt die Augen und das lockt in mir dieses kleine Bedürfnis, ihm eine reinzuhauen. "Stell dich nicht dumm. Du weißt genau, was ich meine. Was hast du an meiner Schule zu suchen gehabt? Ich hab dir doch klargemacht, dass uns niemand zusammen sehen darf."

Ich schnaube, reiße mich dann aber wieder zusammen, da ich nicht vergessen darf, was mein Plan ist. Ich muss mich mit dem Jungen anfreunden, und ihn nicht provozieren. Das Ganze soll nicht länger dauern, als es nötig ist.

Ich will es einfach nur hinter mich bringen und dann meine Ruhe von Rafael haben.

Ich räuspere mich. "Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich mich mit Rafael getroffen habe und wir das geregelt haben." Ich denke an Damon's Worte zurück und muss mich zusammenreißen, um die nächsten Worte schweren Herzens hervorzubringen, "Nochmals, - danke für deine Hilfe."

Kyle sieht ein wenig überrascht aus, als er sich kurz in der Gegend umsieht, um zu überprüfen, dass wir alleine sind, ehe er sich dann wieder zu mir wendet. "Rafael hat dich wirklich gehen lassen?"

Aufgrund seines überraschten Tones kann ich nicht anders, als misstrauisch eine Braue zu heben. "Ja, warum schaust du so überrascht? Du warst doch derjenige, der mich dazu gebracht hat, mich mit ihm zu treffen. Du meintest, dass Rafeal es ernst meint." Und demnach hätte er gar keine Zweifel haben sollen.

Kyle lässt seinen Blick durch den leeren Spielplatz gleiten und ich muss schnauben, als ich realisiere, dass er sich tatsächlich nicht sicher war. Wie es aussieht, dachte er, Rafael würde mich niemals gehen lassen.

Ich schnaube ungläubig und muss mir ein Auflachen verkneifen. Der Junge ist wirklich krasser drauf, als ich erwartet habe.

"Nein, natürlich war ich mir sicher, dass er sein Wort hält. Es überrascht mich aber trotzdem", versucht er sich irgendwie aus der Scheiße herauszureden, doch ich habe ihn bereits durchschaut.

One Last ChanceWhere stories live. Discover now