4 | Keksdieb

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S A R A

Seufzend verlagere ich mein Gewicht auf mein anderes Bein und warte weiterhin ungeduldig auf meine Mutter, die mich nun schon seit einer guten Viertelstunde wie eine bekloppte vor dem Supermarkt warten lässt.

Sie wollte nur eben das Auto parken gehen, doch daraus ist anscheinend nichts geworden. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie so lange braucht.

Gott, ich glaub's einfach nicht.

Erst macht sie bei mir Telefonterror, weil sie ja angeblich so lange gewartet hat und nun ist sie diejenige, die mich stehen lässt.

Ich seufze.

Die heiße Sonne scheint auf mich herab und ich bereue es nun schon eine enge Jeans angezogen zu haben. Verflucht, ich konnte ja nicht wissen, dass es ausgerechnet heute so warm werden würde und das ich gezwungenermaßen auf meine Mutter warten muss.

Das ich deshalb leiden muss, scheint ihr dabei absolut gleichgültig.

Frustriert stoße ich die angestaute Luft aus und spiele mit dem Gedanken, mich einfach auf dem Bürgersteig niederzulassen. Gerade als ich mich also tatsächlich dazu entscheide, dem Vorhaben nachzugehen, werde ich mitten in der Bewegung von einer mir bekannten Stimme unterbrochen.

"Sara, kommst du endlich? Ich habe nicht ewig Zeit.", höre ich meine Mutter schimpfen, die genau in diesem Moment an mir vorbei zum Supermarkt läuft.

Fassungslos drehe auch ich mich um und hole sie mit schnellen Schritten ein. "Bitte was? Das meinst du doch nicht ernst! Ich bin doch diejenige, die eine Ewigkeit auf dich gewartet hat!", rufe ich entrüstet und versuche in ihrem Tempo mitzuhalten, was verdammt schwer ist.

"Du hättest zumindest schonmal vorgehen können. Dann wären wir jetzt wahrscheinlich schon fertig.", kommt es abwertend zurück und nun kann ich die Wut in mir nicht mehr zurückhalten.

Ein Schnauben verlässt meine Kehle. "Du hättest auch einfach schneller parken können, dann wären wir nun sicher schon Zuhause." Mit diesen Worten und einem letzten düsteren Blick, lasse ich sie verdutzt stehen und betrete den Supermarkt, ohne das sie noch irgendetwas erwidern kann.

Die kühle Luft bläst mir entgegen und ich sehe mich einigermaßen zufrieden im Innenleben um. Dieser Supermarkt ist sowas wie mein Heiligtum. Hier ist es zwar nicht besonders groß, doch eine Besonderheit hat dieser Supermarkt, das kein anderes hat: Hier gibt es die Weltbesten Kekse.

Und sie sind wahrscheinlich auch das einzige, von dem ich mich ernähre. Ungelogen, ich würde für diese Teile sterben, denn es sind nicht nur irgendwelche Kekse. Es sind die Kekse. Meine kleinen gute Laune Macher, und das einzige, das mir absolut immer und ohne jegliche Ausnahme ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann.

Und das kann sonst nichts und niemand.

"Hol du die Sachen, ich kümmere mich um den Rest.", ertönt eine Stimme rechts neben mir, die mich aus meinen Gedanken reißt. Keine Sekunde später bekomme ich einen Einkaufszettel in die Hand gedrückt und sehe kurz noch meiner Mutter hinterher, die im zweiten Gang verschwindet.

Nicht einmal ein bitte... pah.

Allein stehe ich also zehn Minuten später, - nachdem ich all die Lebensmittel der Liste abgearbeitet habe, - in der Süßigkeitenabteilung. Meine Lieblingskekse am Ende des Ganges sind im Moment das einzige, woran ich denken kann. Sie ziehen mich magisch an, sodass ich keine andere Wahl habe, als auf sie zu zulaufen und meine Hand nach der letzten Packung auszustrecken.

Als ich jedoch gerade glücklich danach fassen möchte, kommt mir jemand anderes zuvor.

Verdattert halte ich in der Bewegung inne und lasse meinen Blick nach links schweifen.

One Last ChanceWhere stories live. Discover now