Lügenflucht || Mythos Academy ✓

Kapitel 15

Blake Henderson

Endlich war es so weit. Vor nicht mal zwei Minuten hatte ich die Nachricht erhalten, dass alles für meine Flucht vorbereitet war. Durch einen Kontaktmann hatte ich eine Dokumentenfälscherin erreicht, welche mir innerhalb von 48 Stunden alles besorgen konnte, was ich brauchte.

Jetzt musste ich nur noch die wichtigsten Sachen zusammenpacken und konnte dann aus North Carolina verschwinden. Während ich durch mein Zimmer wuselte, dachte ich über Gwen nach. Ich wusste nicht, ob ich mich bei ihr verabschieden sollte, aber es erschien mir als richtig, mich wenigstens zu bedanken. Denn das war bitter nötig.

Gwen war die Einzige gewesen, die mir ansatzweise vertraut hat und dafür gesorgt hat, dass ich nicht dem Protektorat ausgeliefert wurde. Auch wenn Logan kurz davor gewesen war, hatte Gwen ihn davon abgehalten, wofür ich ihr unendlich dankbar war.

Es war schon Abend, aber die Ausgangssperre würde mich keineswegs davon abhalten, heute noch zu verschwinden. In nicht mal 20 Minuten würde ich die Mythos Academy in Cypress Mountain für immer verlassen. So lautete zumindest mein Plan.

Zehn Minuten um die Tasche fertig zu packen, vier um mich von Gwen zu verabschieden und die restlichen sechs, um ungesehen den Campus verlassen zu können.

Mit dem Bus würde ich zu meinem Kontaktmann kommen, welcher mir meinen neuen Ausweis, sowie Reisepass und Führerschein geben würde. Dann würde ich den Staat North Carolina verlassen und mein neues Leben beginnen.

Mein viertes neues Leben, wie ich mit einem gewissen Maß an Reue feststellte. Geboren als Blake Henderson, mit dem falschen Nachnamen Collins auf der Mythos Academy in London, mit komplett neuem Namen als Myla Johnson hier in Cypress Mountain und jetzt als Kate Miller. Mal schauen, wie lange ich diesmal brauchen würde, um mich an den neuen Namen zu gewöhnen.

Ich stopfte meine letzten Klamotten in die Tasche und nahm mir mein Schwert, um die Hülle an meiner Hüfte zu befestigen. Ich ließ meinen Blick ein letztes Mal durch das Zimmer schweifen und atmete tief durch. Das war es also. Ich musste schon wieder fliehen und mir ein neues Leben aufbauen.

Ein lauter Knall ertönte, als meine Tür gewaltsam aufgestoßen wurde und gegen die Wand knallte. Ich fuhr herum und stand Professor Metis gegenüber.
Hinter ihr konnte ich Gwen, Nickamedes und Trainer Ajax sehen. Die Gypsy war die Einzige, dessen Gesicht keinen Hass widerspiegelte, sondern Angst und Trauer.

"Was hast du ihnen gesagt, Gwen?", fragte ich mit rauer Stimme. Es gab keinen anderen sinnvollen Grund für die Lehrer mit solchen Gesichtern in mein Zimmer zu stürmen.

Angesprochene verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse und senkte den Kopf, um meinem Blick auszuweichen. Das war mir auch Antwort genug.

"Blake Henderson", ertönte Trainer Ajax' harte, kalte Stimme. "Du bist verhaftet."

Also wussten sie über alles Bescheid. Zugleich war seine Aussage der direkte Beweis dafür, dass Gwen mich verraten hatte. Ich hatte ihr von allen, die über meine Geheimnisse Bescheid wussten, als einziges vertraut. Ihr Verrat traf mich härter, als er sollte. Aber das war wohl die Konsequenz für mein törichtes und naives Verhalten.

"Leg deine Waffe weg", befahl Ajax, sobald er meine Bewegung der Hand Richtung Schwertgriff wahrnahm. Er und Gwen waren die Einzigen, die wussten, wie gut ich kämpfen konnte. Und das schien ihnen Angst zu machen. Uns trennten knappe fünf Meter voneinander, sodass ich seinen Befehl getrost ignorieren konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass er mich vorher angreifen konnte.

Meine rechte Hand setzte den Weg unbeirrt fort, bis sich meine Finger um den Schwertgriff schlossen. "Sie wissen, dass ich kämpfen kann. Wollen Sie das wirklich riskieren?", ich blickte Ajax kaltherzig in die Augen und probierte meine aufsteigende Angst zu unterdrücken.