Ich schlucke seine Worte runter. Sie ritzen sich in mein Herz, schreiben sich auf meine Seele und lassen sich dort nieder. Meine Lippe zittert, und doch halte ich meinen Kopf oben.

"Du willst mir die Schuld daran geben, dass du mich betrogen hast? Ist das dein Ernst?"

"Ich hab immer gedacht, dass deine Obsession mit diesem Scheiß irgendwann aufhört, aber das hat es nie."

"Das ist keine Rechtfertigung und auch keine Entschuldigung." Ich umklammere meine Schlüssel fester. "Liebst du mich überhaupt? Hast du mich jemals überhaupt geliebt?"

"Na klar hab ich dich geliebt, was redest du denn da." Seine Hände legen sich um meine Wangen, wischen meine Tränen davon. Ich halte inne, genieße einen kurzen Moment seine Berührung. Ich weiß, dass es die letzte ist. Die letzte Berührung für immer. Das hier ist vorbei. Es ist offiziell vorbei. "Ich liebe dich noch immer."

Ich presse meine Augen zusammen. Mehrere Tränen schlüpfen aus meinen Augenwinkeln. Dann öffne ich sie, blicke genau in seine, die ebenfalls glasig aussehen.
Ich atme durch, entziehe mich seinem Griff und gehe einige Schritte nach hinten. Ich höre Reena drinnen bellen.

"Es ist vorbei, Jake."

"Tu das nicht..."

Ich gehe die Treppe nach oben, öffne die Tür mit dem Fliegennetz und schließe die Haustür auf.

"Jade!"

Hinter mir lasse ich die Tür zu fallen. Ich sehe durch die Scheibe nach draußen. Jake sieht mich flehend an, aber ich wende mich wieder ab.
Ich wollte immer stark sein. Schon als Kind hab ich die starken Frauen bewundert, die ihre Männer in den Wind schießen, wenn sie schlecht behandelt werden. Ich wollte immer so stark sein, selbstbewusst und ehrlich. Ich wollte immer vorbildlich sein, besonders für Caroline. Ich wollte so sein wie Viola, weil sie genau zu so einer Frau wurde. Sie sagte Jungs, die sie schlecht behandelten, ihre Meinung und ließ das nicht zu. Ich wollte immer so sein wie meine Schwester.
Jetzt weiß ich, dass so zu sein, -stark, unabhängig...für sich selbst einzustehen-, auch schmerzhaft sein kann.
Ich liebe Jake, aber ich werde nicht weiter seine Trophäe sein. Ich bin kein Preis, den man gewinnen kann. Ich bin ein Mensch.

"Jade!", schreit er wieder von draußen. "Bitte, ich liebe dich! Es tut mir leid!", ruft er, und kurz später höre ich oben ein Fenster, das geöffnet wird, und die Stimme meiner Schwester schreit aufgebracht nach draußen: "HAU ENDLICH AB, KEINER GLAUBT DIR DEN MIST!"

Ich streichle Reena, während ich noch mal zu Jake sehe. Er starrt verdutzt zu dem Fenster meiner Schwester hoch.

"UND AUßERDEM HAB ICH DIR NOCH IMMER NICHT VERGEBEN, DU MISTKERL! ICH WOLLTE DICH HEIRATEN!"

Ein kleines Lächeln erscheint auf meinen Lippen. Jake schüttelt seinen Kopf, steigt in den dunkelroten Wagen seiner Eltern und fährt davon.
Gerade als das Auto den Hof verlässt, höre ich Car's Schritte die Treppe runter kommen. Sie lässt sich vor mir auf das Sofa fallen.

"Alles in Ordnung?", fragt sie. Ich nicke, auch wenn gar nichts in Ordnung ist. "Jake ist ein Arsch."

Sie breitet ihre Arme aus. Ich lasse mich zu ihr fallen, genau in ihre Arme, und auch Reena kommt zu uns. Caroline drückt mich an sich, ihre Wange an meine, und Reena kuschelt sich an meine Beine.
Car's Hände streicheln meinen Rücken.

"Du hast das richtige getan, JJ."

Ich hoffe, dass sie damit recht behält.

▪▪▪

Nach einem Becher Eis, einer Packung Taschentücher und zwei Folgen Topmodel geht es mir schon wieder besser. Car und ich sitzen mit Reena noch immer auf dem Sofa. Es ist draußen am dämmern, der Fernseher zeigt die Magermodels auf dem Laufsteg und ich schiebe mir meinen letzten Löffel Schokoeis in den Mund.

SHADOWSWhere stories live. Discover now