Kapitel 31 - Der goldene Ring

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Ich war nass

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Ich war nass. Das Bett war nass. Alpträume hatten mich die ganze Nacht lang geplagt und mir den Schweiß aus den Poren getrieben. Meine Haare klebten an meiner Stirn, mein Schlafanzug ekelte mich. Ohne zu zögern riss ich mir mein Oberteil vom Leib und warf es in den Raum. Meine Achseln versprühten nicht gerade das angenehmste Aroma. 


Ich fuhr mit meiner Hand über meine Wange. Meine Haut fühlte sich weich an, viel zu weich. Die Rinnsale waren inzwischen getrocknet, doch die Tränen sind auch noch in der Nacht geflossen. Das Bett hat meinen Schweiß und die Tränen wie ein Schwamm aufgesogen. Den gesamten gestrigen Tag über habe ich entweder unser Sofa im Wohnzimmer mit dem Augenwasser geflutet, oder aber ich habe versucht zu schlafen und mich dabei, von wirren Träumen geplagt, umhergewälzt. Nico ist kaum von meiner Seite gewichen, während Florian nach Wegen gesucht hat, um die Wasserfälle zum Schweigen zu bringen. Er hat sogar wohlduftenden Apfeltee für mich gekocht, welchen er sonst nur für sich vorbehält - doch es hat eher die Tränenflüsse gestärkt als das es diese gehemmt hätte. Wir drei haben innerlich ein kleines Gebet gesprochen, als die nächtliche Müdigkeit mich in ihre Obhut genommen hat.


Seufzend hievte ich mich nun aus meinem Bett, hob mein Oberteil wieder vom Boden auf und suchte mir passende Kleidung für den Tag aus meinem Schrank. Nachdem ich die Jalousie hochgezogen und mein Fenster zum Lüften angekippt hatte, trottete ich mit hängendem Kopf ins Bad und schloss die Tür. Meine Arme kamen mir vor, als wären sie tot. Leblose Stöcke, die an Fäden hingen und von einem Puppenspieler bewegt wurden. Die Nacht hat mich wie eine reife Zitrone ausgepresst und all die Energie aus mir heraus gequetscht - auch diese hatte das Bett gierig verschlungen.


Lustlos entledigte ich mich noch meiner Hose und warf sie samt Oberteil in den Wäschekorb - so durchnässt und schweißgetränkt wie die waren... Ich stand nackt vor dem Spiegel, welcher über dem Waschbecken thronte. Er war groß, sehr groß, und ich konnte mich beinahe vollständig betrachten. Die schlapp herabhängenden Arme, die helle, fast weiße Brust, der dünne Bauch, der leichte Haaransatz, der vom Bauchnabel hinunter führte zu meinem Heiligtum, das heute anscheinend Urlaub nahm.


Ich blickte mir direkt ins Gesicht. Dicke, dunkle Augenringe verzierten meine Augen, gaben ihnen einen leeren Anblick. Die Augen selbst waren trüb, grau, eine Suppe voller... Nichts. Kein Glänzen, kein Funkeln, nicht einmal mein sonst so stehendes Blau schien durch. Es war verschwunden. Meine Wangen zeigten eine kleinere Vertiefung, genau dort, wo die Tränen die Nacht und den ganzen Tag davor heruntergelaufen sind. Meine Gesichtszüge wirkten müde, obwohl ich eine gefühlte Ewigkeit geschlafen hatte. Meine Haare hatten ihr Leuchten verloren und waren durchnässt, zu Fusseln zusammengepresst. Ich sah scheußlich aus.


Schnell wandte ich mich von meinem Spiegelbild ab und hüpfte unter die Dusche. Das warme Wasser schoss aus dem Duschkopf und prasselte auf mich hinab. Die Wärme fraß sich bald schon in jede meiner Gliedmaßen und strahlte von innen heraus. Das Wasser streichelte sanft meine Haut und umarmte mich. Es floss an meinem Körper herunter und riss auf seinem Weg den Schweiß und den Gestank der Nacht hinfort, stürzte mit ihnen in die Tiefe und zog sie in den Strudel, welcher beide Richtung Abfluss beförderte.

Tanz für mich, Sing für uns!Where stories live. Discover now