Fahrstunden

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Vor Ben eröffnete sich der Blick auf eine gesamte Kart-Bahn und das unter der Erde. Eine sehr kurvige Straße mit mehreren Hindernissen bahnte sich von Reifen umschlossen den Weg durch diesen Abschnitt der Halle. Roy führte Ben zu einem abgelegenen Abschnitt der Strecke, auf dem mehrere Autos standen, darunter ein SUV, ein Van und andere Autos von der Schrottkarre bis zum Luxusschlitten. Ben fiehl vor staunen die Kinnlade herunter als er die vielen Fahrzeuge vor sich erblickte. Roy musste über Bens erstauntes Gesicht lachen und trat dann an ein durchschnittliches Auto: "Hier, das hier dürfte für den Anfang ganz gut sein!" Sagte er und blickte prüfend in den Innenraum. "Es hat eine Automatikschaltung, was schonmal eine Sorge weniger für dich bedeutet Kleiner!" Darüber dass Roy ihn 'Kleiner' genannt hatte hinwegsehend trat auch Ben ans Auto, öffnete auf eine Geste Roys hin die Tür und setzte sich auf den Fahrersitz. Roy ging zur anderen Seite und setzte sich auf den Beifahrersitz. "Bist du sicher, dass du das mit mir machen willst, ich bin noch nie gefahren!?" fragte Ben skeptisch aber sein Trainer schlug diese Bemerkung mit einer lässigen Handbewegung beiseite: "Ach was, ich denke eher, dass es richtig ist, wenn du alles einmal ausprobierst, damit wir von vornherein wissen, woran wir am meisten und längsten arbeiten müssen. Wir haben schließlich weniger als ein Jahr Zeit!" Roy und Ben schnallten sich an, dann löste der Trainer die Handbremse und bedeutete Ben nach einer kurzen Einweisung in die Pedale loszufahren. Als er auf das Gaspedal trat, machte der Wagen einen Satz nach vorne, fuhr dann aber ruhig vorwärts. "Ach in dem Tempo überholt uns jede Omi am Rollator! Mach ma schneller!" Das ließ sich Ben nicht zweimal sagen und trat das Pedal bis zum Anschlag durch. Der Wagen beschleunigte und er hatte immer größere Probleme dem Wagen gerade zu halten oder in eine Kurve zu bringen. "Wenn du gerade aus fahren möchtest lass das Lenkrad los, es rutscht alleine wieder in die richtige Position! Sei nicht so verkrampft und arbeite mit dem Auto und nicht dagegen!" Rief Roy über den heulenden Motor hinweg. Ben löste darauf hin seinen verkrampften Griff um das Steuer und ließ den Wagen nach jeder Kurve von alleine wieder in die richtige Richtung gleiten. Nach einigen Runden auf der Kartbahn hatte er den Bogen raus und hielt schließlich wieder bei den anderen Autos. "Gut gemacht Kleiner!" Applaudierte Roy, als sie ausstiegen. "Aber trotzdem denke ich, das reicht für heute ersteinmal! Wir machen morgen weiter und sehen uns dann deine Parkour und Kampfsport Fähigkeiten an! Iss jetzt was, geh duschen und dann ins Bett, damit du morgen fit bist!" Ben nickte und verließ mit einem unglaublich gutem Gefühl und einer großen Vorfreude auf den kommenden Tag die Halle. Im Zimmer saßen schon Clint und Michael, von Johny fehlte jede Spur. Kaum hatte Ben jedoch das Zimmer betreten konnte sich Clint nicht mehr zurückhalten und plapperte drauflos: "Das ist sooo irre hier! Jason hat mir gezeigt, wie man mit einer Pistole umgeht und mir beigebracht eine Waffe aus Einzelteilen zusammenzubauen! Und Michael hat mit Josh das Nahrungsbeschaffen in der freien Wildnis geübt! Aber am krassesten scheint es Ally zu haben! Ich hab sie zwischendurch mit Marcus auf einem Motorrad gesehen!" "Also wenn das schon unglaublich für dich war, dann wirst du mir nicht glauben, was mir Roy gezeigt hat!" Fing Ben triumphierend an und erzählte von seinem ersten Trainingstag mit den neuen Trainern. Irgendwann später, als alle wichtigen Sachen ausgetauscht worden waren, legten sich die Jungen in ihre Betten und schliefen. Auch Johny war im Laufe des Abends noch gekommen, hatte sich jedoch nicht aktiv am Gespräch beteiligt. Generell lebte er sehr zurückgezogen seit dem Konflikt in der Mensa und hatte auch seitdem kaum ein Wort mehr mit den Anderen gewechselt. Am nächsten Morgen trafen sie sich zusammen mit Ally beim Frühstück und konnten es alle kaum erwarten mit der nächsten Trainingseinheit fortzufahren um der Abschlussprüfung wieder einen Schritt näher zu kommen.
Nach dem Essen wartete Roy schon in der Halle auf Ben. Er hatte einen Parkour aufgebaut, der schier endlos lang zu sein schien. Er bestand aus Kästen, Netzen, Seilen zum schwingen, klettern oder balancieren, schmalen Wegen, Kletterwänden und vielen weiteren Hindernissen. "Zuerst einmal ist es wichtig, dass du den Parkour ohne Angst schaffst. Ich werde für den Anfang noch keine Zeit messen. Das wichtigste ist wie gesagt, dass du mit den Hindernissen und vorallem auch den Höhenunterschieden klar kommst, ohne zu kneifen. Jetzt wo das gesagt ist, auf geht's!" Eröffnete Roy ohne großes Herumreden und schob Ben an den Anfang des Hindernisparkours. Ben setzte den Fuß auf den ersten Kasten und dann ging es los: Ben schwang sich mit Seilen, kletterte, kroch, sprang und überwand so ein Hindernis nach dem anderen. Die Höhe spielte für ihn dabei keine Rolle. Irgendwann stand er in circa zwölf Metern Höhe vor einem schmalen Balken, der auf eine Länge von mindestens zwanzig Metern den nächsten Kasten mit diesem hier verband. Kurz stockte Ben, dann atmete er tief durch und machte den ersten Schritt auf dem Balken. Er schwankte zuerst ein wenig, als er schließlich mit beiden Füßen auf dem Holz stand, fand dann jedoch sein Gleichgewicht wieder. Wieder setzte er einen Fuß vor den nächsten und gelangte so bis zur Mitte des Schwebebalkens. Dann hielt er inne und sein Blick fiel auf den Boden, der viel weiter unter ihm zu liegen schien als es eigentlich der Fall war. Unter dem Balken waren zwar Matten ausgelegt worden aber Ben bezweifelte, dass diese einen Sturz verletzungslos abfedern würden. Er wollte sich gerade davon abwenden und wieder dem Parkour widmen, als er auf einmal das Gleichgewicht verlor, anfing zu schwanken und dann mit einem Fuß über den Balken hinaus ins Leere trat. Als nächstes rutschte auch der andere Fuß ab und Ben konnte sich nicht länger auf dem Balken halten. Von unten hörte er noch wie Roy rief: "Pass auf!" Dann fiehl er. Er streckte noch die Hand aus und versuchte in einem letzten verzweifelten Anlauf sich an der Kante festzuhalten...

Phoenix - Alles auf AnfangWhere stories live. Discover now