Alles auf Anfang

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Der Wecker begann zu klingeln. Es war als wäre dies der Startschuss für Bens neues Leben. Er streckte die Arme aus und begann sich mit halb geöffneten Augen auf die Bettkante zuzuwälzen. Ben verschätzte sich jedoch mit der Breite des neuen Bettes und landete mit viel Schwung und einem lauten Poltern auf dem Parkettboden. Mit einem genervten Stöhnen richtete er sich auf und suchte sich einige im Raum verstreute Sachen zum anziehen zusammen. Er und sein Vater waren erst vor wenigen Tagen am Ende der Schulsommerferien eingezogen und das Haus befand sich noch großteils im Chaos, weshalb Ben auch noch keinen Grund fand seine Sachen einzuräumen. Nachdem Ben ein passendes Shirt und eine Hose angezogen hatte merkte er, wie seine Hände leicht zitterten. Eigentlich war er wegen der neuen Schule nicht sonderlich aufgeregt gewesen aber die tatsächliche Realität des ersten Schultags schien ihn doch ein wenig zu stressen. Er ging hinüber zu einem Spiegel an der Wand und sah an seinem gut gebauten aber keinesfalls dicken Körper hinauf. Das zottige blonde Haar mit einigen dunklen Strähnen fiel ihm zeitweise um die Augen und Ben musste es sich immer wieder beiseite schieben. Seine grünen Augen stachen unter der hellen Haut, den markanten Wangenknochen und der spitzen Nase deutlich hervor und hatten etwas glänzendes an sich. Er blickte sein Spiegelbild einige Sekunden an und kam dann mit verzogener Miene zu dem Schluss sich wie üblich kein Wachs in die Haare zu schmieren; Es war ihm schlichtweg zu viel Arbeit für die Uhrzeit. Ben ging zur Tür und betrat den langen Flur des Hauses, von dem links und rechts weitere Türen abzweigten. Nachdem er dann seine Morgenroutine im Bad beendet hatte ging er in die Küche, merkte aber, dass er noch nicht wirklich hungrig war. Auf dem Tisch erblickte er dann jedoch einen Zettel auf dem stand:

Viel Spaß am ersten Schultag! Ich musste leider schon zur Arbeit, aber wir sehen uns heute Abend zum Essen! -Dad

Die Arbeit stand für Bens Dad uneingeschränkt an erster Stelle und fiel dort etwas an, so war er wie jetzt auch sofort vor Ort. Aus diesem Grund hatte sich Bens Mom auch von seinem Dad getrennt, als Ben gerade einmal vier Jahre alt war. Nun war Ben siebzehn und die Beziehung zwischen ihm und seinem Dad bestand nun nur noch aus einer mehr oder weniger unpädagogischen Koexistenz, die mehr Chaos als Ordnung beinhaltete. Sie waren aus New York auch in die Kleinstadt Wingstown gezogen, da Bens Dad von dort aus besser arbeiten konnte. Ben selber hatte sich natürlich wieder einmal anpassen müssen. Er nahm den Zettel, zerknüllte ihn und warf ihn in den Mülleimer. Anschließend nahm er seine Schultasche und einen Haustürschlüssel um sich auf den Weg zur Bushaltestelle zu machen. Im Bus sah Ben viele Teenager, die ungefähr seines Alters waren und alle die gleichen ausdruckslosen Montag-Morgen-Gesichter aufgesetzt hatten. Ben suchte sich einen einzelnen Platz im hinteren Teil des Busses und fuhr stillschweigend zur Schule. Das Schulgebäude war ein alter Komplex, dem man jedoch einige Renovierungen ansah, sodass der schöne altertümliche Stil erhalten blieb. Auch das Innere des Gebäudes war sehr alt und schön, jedoch mit moderner Einrichtung gehalten. Von der großen Eingangshalle zweigten drei Flure ab, die links und rechts mit Spinden und Türen zu Klassenzimmern gesäumt waren. Die Schüler wimmelten sich auf zwei der drei Fluren, der dritte schien der Trakt für die Lehrer zu sein. Ein jeder Schüler schien aber sein ziel zu kennen und bewegte sich Zielstrebig auf einen Raum zu. Ein wenig verloren stand Ben im großen Foyer und sah sich um. Auf einmal bemerkte er eine in eine enge Hose und ein Jackett gekleidete Frau, die auf ihn zukam. Sie hielt direkt vor ihm, sah auf eine Liste in ihrer Hand und dann wieder zu Ben. Nach einigen Sekunden des Musterns brach sie die Stille und fragte: „Du müsstest Ben Hamilton sein, liege ich mit meiner Annahme richtig?“ Ben nickte erleichtert, dass sich jemand seiner annahm. Die Frau setzte ein leichtes Lächeln auf und fuhr fort: „Ich habe hier ein Exemplar deines neuen Stundenplans für die elfte Klasse. Deine erste Stunde wird Geschichte in Raum 19b sein, den du im linken Gang auf der rechten Seite findest. Viel Glück! Bei Fragen wende dich bitte an mich, ich bin Ms. Franklin!“
Mit diesen Worten ließ sie ihn einfach stehen und Ben war auf sich alleine gestellt.

Phoenix - Alles auf AnfangWhere stories live. Discover now